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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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Vorrede.
der seltsame Donquixote fertig, den wir im
Räuber Moor verabscheuen und lieben, be-
wundern und bedauern. Jch werde es hof-
fentlich nicht erst anmerken dörfen, daß ich
dieses Gemählde so wenig nur allein Räu-
bern vorhalte, als die Satyre des Spaniers
nur allein Ritter geisselt.

Auch ist izo der grosse Geschmak, seinen
Wiz auf Kosten der Religion spielen zu las-
sen, daß man beinahe für kein Genie mehr
paßirt, wenn man nicht seinen gottlosen Sa-
tyr auf ihren heiligsten Wahrheiten sich her-
umtummeln läßt. Die edle Einfalt der
Schrift muß sich in alltäglichen Assembleen
von den sogenannten wizigen Köpfen mißhan-
deln, und ins Lächerliche verzerren lassen;
denn was ist so heilig und ernsthaft, das,
wenn man es falsch verdreht, nicht belacht
werden kann? -- Jch kann hoffen, daß ich

der

Vorrede.
der ſeltſame Donquixote fertig, den wir im
Raͤuber Moor verabſcheuen und lieben, be-
wundern und bedauern. Jch werde es hof-
fentlich nicht erſt anmerken doͤrfen, daß ich
dieſes Gemaͤhlde ſo wenig nur allein Raͤu-
bern vorhalte, als die Satyre des Spaniers
nur allein Ritter geiſſelt.

Auch iſt izo der groſſe Geſchmak, ſeinen
Wiz auf Koſten der Religion ſpielen zu laſ-
ſen, daß man beinahe fuͤr kein Genie mehr
paßirt, wenn man nicht ſeinen gottloſen Sa-
tyr auf ihren heiligſten Wahrheiten ſich her-
umtummeln laͤßt. Die edle Einfalt der
Schrift muß ſich in alltaͤglichen Aſſembleen
von den ſogenannten wizigen Koͤpfen mißhan-
deln, und ins Laͤcherliche verzerren laſſen;
denn was iſt ſo heilig und ernſthaft, das,
wenn man es falſch verdreht, nicht belacht
werden kann? — Jch kann hoffen, daß ich

der
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[0016] Vorrede. der ſeltſame Donquixote fertig, den wir im Raͤuber Moor verabſcheuen und lieben, be- wundern und bedauern. Jch werde es hof- fentlich nicht erſt anmerken doͤrfen, daß ich dieſes Gemaͤhlde ſo wenig nur allein Raͤu- bern vorhalte, als die Satyre des Spaniers nur allein Ritter geiſſelt. Auch iſt izo der groſſe Geſchmak, ſeinen Wiz auf Koſten der Religion ſpielen zu laſ- ſen, daß man beinahe fuͤr kein Genie mehr paßirt, wenn man nicht ſeinen gottloſen Sa- tyr auf ihren heiligſten Wahrheiten ſich her- umtummeln laͤßt. Die edle Einfalt der Schrift muß ſich in alltaͤglichen Aſſembleen von den ſogenannten wizigen Koͤpfen mißhan- deln, und ins Laͤcherliche verzerren laſſen; denn was iſt ſo heilig und ernſthaft, das, wenn man es falſch verdreht, nicht belacht werden kann? — Jch kann hoffen, daß ich der

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/16>, abgerufen am 22.11.2024.