Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Gewalt seyen alle Schritte der Kezer gerichtet, stufenweise seyen sie von Troz zu Troz bis zu diesem lezten Angriff hinauf gestiegen; in kurzem würden sie auch an die noch einzig übrige Person des Kaisers greifen. Alles was man bis hieher von ihnen erlitten, sey eine gerechte göttliche Züchtigung für die Schonung, die man gegen seine schlimmsten Feinde bewiesen; ihr neuester Aufruhr ein ganz unverkennbares Werk des Himmels, um das Maß ihrer Vergehungen voll zu machen, und die Geduld der Regierung zu erschöpfen. In den Waffen allein sey Hülfe gegen einen solchen Feind - Ruhe und Unterwerfung nur über den Trümmern ihrer gefährlichen Privilegien - nur in dem völligen Untergange dieser Sekte Sicherheit für den katholischen Glauben. Ungewiß zwar sey der Ausgang des Krieges, aber gewiß das Verderben bey Unterlassung desselben. Die eingezogenen Güter der Rebellen würden die Unkosten reichlich erstatten, und der Schrecken der Hinrichtungen die übrigen Landstände künftig einen schnellern Gehorsam lehren." - War es den Böhmischen Protestanten zu verdenken, wenn sie sich gegen die Wirkungen solcher Grundsätze in Zeiten verwahrten? - Und auch nur gegen den Thronfolger des Kaisers, nicht gegen ihn selbst, der nichts gethan hatte, die Besorgnisse der Protestanten zu rechtfertigen, war der Böhmische Aufstand gerichtet. Jenem den Weg zu dem Böhmischen Throne zu verschließen, ergriff man die Waffen schon unter Matthias; aber, so lange dieser Kaiser lebte, wollte man sich in den Schranken einer scheinbaren Unterwürfigkeit halten.

Aber die Böhmen hatten zu den Waffen gegriffen, und unbewaffnet durfte ihnen der Kaiser nicht einmal den Frieden anbiethen. Spanien schoß Geld zu der Rüstung her, und versprach Truppen von Italien und den Niederlanden aus zu schicken. Zum Generalissimus ernannte man den Grafen von Boucquoi, einen Niederländer, weil keinem Eingebornen

Gewalt seyen alle Schritte der Kezer gerichtet, stufenweise seyen sie von Troz zu Troz bis zu diesem lezten Angriff hinauf gestiegen; in kurzem würden sie auch an die noch einzig übrige Person des Kaisers greifen. Alles was man bis hieher von ihnen erlitten, sey eine gerechte göttliche Züchtigung für die Schonung, die man gegen seine schlimmsten Feinde bewiesen; ihr neuester Aufruhr ein ganz unverkennbares Werk des Himmels, um das Maß ihrer Vergehungen voll zu machen, und die Geduld der Regierung zu erschöpfen. In den Waffen allein sey Hülfe gegen einen solchen Feind – Ruhe und Unterwerfung nur über den Trümmern ihrer gefährlichen Privilegien – nur in dem völligen Untergange dieser Sekte Sicherheit für den katholischen Glauben. Ungewiß zwar sey der Ausgang des Krieges, aber gewiß das Verderben bey Unterlassung desselben. Die eingezogenen Güter der Rebellen würden die Unkosten reichlich erstatten, und der Schrecken der Hinrichtungen die übrigen Landstände künftig einen schnellern Gehorsam lehren.“ – War es den Böhmischen Protestanten zu verdenken, wenn sie sich gegen die Wirkungen solcher Grundsätze in Zeiten verwahrten? – Und auch nur gegen den Thronfolger des Kaisers, nicht gegen ihn selbst, der nichts gethan hatte, die Besorgnisse der Protestanten zu rechtfertigen, war der Böhmische Aufstand gerichtet. Jenem den Weg zu dem Böhmischen Throne zu verschließen, ergriff man die Waffen schon unter Matthias; aber, so lange dieser Kaiser lebte, wollte man sich in den Schranken einer scheinbaren Unterwürfigkeit halten.

Aber die Böhmen hatten zu den Waffen gegriffen, und unbewaffnet durfte ihnen der Kaiser nicht einmal den Frieden anbiethen. Spanien schoß Geld zu der Rüstung her, und versprach Truppen von Italien und den Niederlanden aus zu schicken. Zum Generalissimus ernannte man den Grafen von Boucquoi, einen Niederländer, weil keinem Eingebornen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="79"/>
Gewalt seyen alle Schritte der Kezer gerichtet, stufenweise seyen sie von Troz           zu Troz bis zu diesem lezten Angriff hinauf gestiegen; in kurzem würden sie auch an die           noch einzig übrige Person des Kaisers greifen. Alles was man bis hieher von ihnen           erlitten, sey eine gerechte göttliche Züchtigung für die Schonung, die man gegen seine           schlimmsten Feinde bewiesen; ihr neuester Aufruhr ein ganz unverkennbares Werk des           Himmels, um das Maß ihrer Vergehungen voll zu machen, und die Geduld der Regierung zu           erschöpfen. In den Waffen allein sey Hülfe gegen einen solchen Feind &#x2013; Ruhe und           Unterwerfung nur über den Trümmern ihrer gefährlichen Privilegien &#x2013; nur in dem völligen           Untergange dieser Sekte Sicherheit für den katholischen Glauben. Ungewiß zwar sey der           Ausgang des Krieges, aber <hi rendition="#fr">gewiß</hi> das Verderben bey Unterlassung           desselben. Die eingezogenen Güter der Rebellen würden die Unkosten reichlich erstatten,           und der Schrecken der Hinrichtungen die übrigen Landstände künftig einen schnellern           Gehorsam lehren.&#x201C; &#x2013; War es den Böhmischen Protestanten zu verdenken, wenn sie sich gegen           die Wirkungen solcher Grundsätze in Zeiten verwahrten? &#x2013; Und auch nur gegen den           Thronfolger des Kaisers, nicht gegen ihn selbst, der nichts gethan hatte, die Besorgnisse           der Protestanten zu rechtfertigen, war der Böhmische Aufstand gerichtet. Jenem den Weg zu           dem Böhmischen Throne zu verschließen, ergriff man die Waffen schon unter Matthias; aber,           so lange dieser Kaiser lebte, wollte man sich in den Schranken einer scheinbaren           Unterwürfigkeit halten.</p>
        <p>Aber die Böhmen hatten zu den Waffen gegriffen, und unbewaffnet durfte ihnen der Kaiser           nicht einmal den Frieden anbiethen. Spanien schoß Geld zu der Rüstung her, und versprach           Truppen von Italien und den Niederlanden aus zu schicken. Zum Generalissimus ernannte man           den Grafen von Boucquoi, einen Niederländer, weil keinem Eingebornen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0087] Gewalt seyen alle Schritte der Kezer gerichtet, stufenweise seyen sie von Troz zu Troz bis zu diesem lezten Angriff hinauf gestiegen; in kurzem würden sie auch an die noch einzig übrige Person des Kaisers greifen. Alles was man bis hieher von ihnen erlitten, sey eine gerechte göttliche Züchtigung für die Schonung, die man gegen seine schlimmsten Feinde bewiesen; ihr neuester Aufruhr ein ganz unverkennbares Werk des Himmels, um das Maß ihrer Vergehungen voll zu machen, und die Geduld der Regierung zu erschöpfen. In den Waffen allein sey Hülfe gegen einen solchen Feind – Ruhe und Unterwerfung nur über den Trümmern ihrer gefährlichen Privilegien – nur in dem völligen Untergange dieser Sekte Sicherheit für den katholischen Glauben. Ungewiß zwar sey der Ausgang des Krieges, aber gewiß das Verderben bey Unterlassung desselben. Die eingezogenen Güter der Rebellen würden die Unkosten reichlich erstatten, und der Schrecken der Hinrichtungen die übrigen Landstände künftig einen schnellern Gehorsam lehren.“ – War es den Böhmischen Protestanten zu verdenken, wenn sie sich gegen die Wirkungen solcher Grundsätze in Zeiten verwahrten? – Und auch nur gegen den Thronfolger des Kaisers, nicht gegen ihn selbst, der nichts gethan hatte, die Besorgnisse der Protestanten zu rechtfertigen, war der Böhmische Aufstand gerichtet. Jenem den Weg zu dem Böhmischen Throne zu verschließen, ergriff man die Waffen schon unter Matthias; aber, so lange dieser Kaiser lebte, wollte man sich in den Schranken einer scheinbaren Unterwürfigkeit halten. Aber die Böhmen hatten zu den Waffen gegriffen, und unbewaffnet durfte ihnen der Kaiser nicht einmal den Frieden anbiethen. Spanien schoß Geld zu der Rüstung her, und versprach Truppen von Italien und den Niederlanden aus zu schicken. Zum Generalissimus ernannte man den Grafen von Boucquoi, einen Niederländer, weil keinem Eingebornen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/87
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/87>, abgerufen am 27.11.2024.