Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Entwürfen hingerissen, hatte er nicht bedacht, daß auch den Ständen dadurch der Weg war geöffnet worden, ihrem Herrn Geseze vorzuschreiben. Diese Entdeckung riß ihn frühzeitig aus der Trunkenheit seines Glücks. Kaum zeigte er sich triumphirend nach dem Böhmischen Zuge seinen Oesterreichischen Unterthanen wieder, so wartete schon ein gehorsamstes Anbringen auf ihn, welches hinreichend war, ihm seinen ganzen Triumph zu verleiden. Man forderte, ehe zur Huldigung geschritten würde, eine uneingeschränkte Religionsfreyheit in Städten und Märkten, eine vollkommene Gleichheit aller Rechte zwischen Katholiken und Protestanten, und einen völlig gleichen Zutritt der Leztern zu allen Bedienungen. An mehreren Orten nahm man sich diese Freyheit von selbst, und stellte, voll Zuversicht auf die veränderte Regierung, den evangelischen Gottesdienst eigenmächtig wieder her, wo ihn der Kaiser aufgehoben hatte. Matthias hatte zwar nicht verschmäht, die Beschwerden der Protestanten gegen den Kaiser zu benuzen, aber es konnte ihm nie eingefallen seyn, sie zu heben. Durch einen festen und entschlossenen Ton hoffte er diese Anmaßungen gleich am Anfange niederzuschlagen. Er sprach von seinen erblichen Ansprüchen auf das Land, und wollte von keinen Bedingungen vor der Huldigung hören. Eine solche unbedingte Huldigung hatten ihre Nachbarn, die Stände von Steyermark, dem Erzherzog Ferdinand geleistet, aber sie hatten bald Ursache gehabt, es zu bereuen. Von diesem Beyspiel gewarnt, beharrten die Oesterreichischen Stände auf ihrer Weigerung; ja, um nicht gewaltsam zur Huldigung gezwungen zu werden, verließen sie sogar die Hauptstadt, bothen ihre katholischen Mitstände zu einer ähnlichen Widersezung auf, und fingen an, Truppen zu werben. Sie thaten Schritte, ihr altes Bündniß mit den Ungarn zu erneuern, sie zogen die protestantischen Reichsfürsten in ihr Interesse, und schickten sich in vollem Ernste an, ihr Gesuch mit den Waffen durchzusezen. Entwürfen hingerissen, hatte er nicht bedacht, daß auch den Ständen dadurch der Weg war geöffnet worden, ihrem Herrn Geseze vorzuschreiben. Diese Entdeckung riß ihn frühzeitig aus der Trunkenheit seines Glücks. Kaum zeigte er sich triumphirend nach dem Böhmischen Zuge seinen Oesterreichischen Unterthanen wieder, so wartete schon ein gehorsamstes Anbringen auf ihn, welches hinreichend war, ihm seinen ganzen Triumph zu verleiden. Man forderte, ehe zur Huldigung geschritten würde, eine uneingeschränkte Religionsfreyheit in Städten und Märkten, eine vollkommene Gleichheit aller Rechte zwischen Katholiken und Protestanten, und einen völlig gleichen Zutritt der Leztern zu allen Bedienungen. An mehreren Orten nahm man sich diese Freyheit von selbst, und stellte, voll Zuversicht auf die veränderte Regierung, den evangelischen Gottesdienst eigenmächtig wieder her, wo ihn der Kaiser aufgehoben hatte. Matthias hatte zwar nicht verschmäht, die Beschwerden der Protestanten gegen den Kaiser zu benuzen, aber es konnte ihm nie eingefallen seyn, sie zu heben. Durch einen festen und entschlossenen Ton hoffte er diese Anmaßungen gleich am Anfange niederzuschlagen. Er sprach von seinen erblichen Ansprüchen auf das Land, und wollte von keinen Bedingungen vor der Huldigung hören. Eine solche unbedingte Huldigung hatten ihre Nachbarn, die Stände von Steyermark, dem Erzherzog Ferdinand geleistet, aber sie hatten bald Ursache gehabt, es zu bereuen. Von diesem Beyspiel gewarnt, beharrten die Oesterreichischen Stände auf ihrer Weigerung; ja, um nicht gewaltsam zur Huldigung gezwungen zu werden, verließen sie sogar die Hauptstadt, bothen ihre katholischen Mitstände zu einer ähnlichen Widersezung auf, und fingen an, Truppen zu werben. Sie thaten Schritte, ihr altes Bündniß mit den Ungarn zu erneuern, sie zogen die protestantischen Reichsfürsten in ihr Interesse, und schickten sich in vollem Ernste an, ihr Gesuch mit den Waffen durchzusezen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="66"/> Entwürfen hingerissen, hatte er nicht bedacht, daß auch den Ständen dadurch der Weg war geöffnet worden, ihrem Herrn Geseze vorzuschreiben. Diese Entdeckung riß ihn frühzeitig aus der Trunkenheit seines Glücks. Kaum zeigte er sich triumphirend nach dem Böhmischen Zuge seinen Oesterreichischen Unterthanen wieder, so wartete schon ein <hi rendition="#fr">gehorsamstes Anbringen</hi> auf ihn, welches hinreichend war, ihm seinen ganzen Triumph zu verleiden. Man forderte, ehe zur Huldigung geschritten würde, eine uneingeschränkte Religionsfreyheit in Städten und Märkten, eine vollkommene Gleichheit aller Rechte zwischen Katholiken und Protestanten, und einen völlig gleichen Zutritt der Leztern zu allen Bedienungen. An mehreren Orten nahm man sich diese Freyheit von selbst, und stellte, voll Zuversicht auf die veränderte Regierung, den evangelischen Gottesdienst eigenmächtig wieder her, wo ihn der Kaiser aufgehoben hatte. Matthias hatte zwar nicht verschmäht, die Beschwerden der Protestanten gegen den Kaiser zu benuzen, aber es konnte ihm nie eingefallen seyn, sie zu heben. Durch einen festen und entschlossenen Ton hoffte er diese Anmaßungen gleich am Anfange niederzuschlagen. Er sprach von seinen erblichen Ansprüchen auf das Land, und wollte von keinen Bedingungen vor der Huldigung hören. Eine solche unbedingte Huldigung hatten ihre Nachbarn, die Stände von Steyermark, dem Erzherzog Ferdinand geleistet, aber sie hatten bald Ursache gehabt, es zu bereuen. Von diesem Beyspiel gewarnt, beharrten die Oesterreichischen Stände auf ihrer Weigerung; ja, um nicht gewaltsam zur Huldigung gezwungen zu werden, verließen sie sogar die Hauptstadt, bothen ihre katholischen Mitstände zu einer ähnlichen Widersezung auf, und fingen an, Truppen zu werben. Sie thaten Schritte, ihr altes Bündniß mit den Ungarn zu erneuern, sie zogen die protestantischen Reichsfürsten in ihr Interesse, und schickten sich in vollem Ernste an, ihr Gesuch mit den Waffen durchzusezen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0074]
Entwürfen hingerissen, hatte er nicht bedacht, daß auch den Ständen dadurch der Weg war geöffnet worden, ihrem Herrn Geseze vorzuschreiben. Diese Entdeckung riß ihn frühzeitig aus der Trunkenheit seines Glücks. Kaum zeigte er sich triumphirend nach dem Böhmischen Zuge seinen Oesterreichischen Unterthanen wieder, so wartete schon ein gehorsamstes Anbringen auf ihn, welches hinreichend war, ihm seinen ganzen Triumph zu verleiden. Man forderte, ehe zur Huldigung geschritten würde, eine uneingeschränkte Religionsfreyheit in Städten und Märkten, eine vollkommene Gleichheit aller Rechte zwischen Katholiken und Protestanten, und einen völlig gleichen Zutritt der Leztern zu allen Bedienungen. An mehreren Orten nahm man sich diese Freyheit von selbst, und stellte, voll Zuversicht auf die veränderte Regierung, den evangelischen Gottesdienst eigenmächtig wieder her, wo ihn der Kaiser aufgehoben hatte. Matthias hatte zwar nicht verschmäht, die Beschwerden der Protestanten gegen den Kaiser zu benuzen, aber es konnte ihm nie eingefallen seyn, sie zu heben. Durch einen festen und entschlossenen Ton hoffte er diese Anmaßungen gleich am Anfange niederzuschlagen. Er sprach von seinen erblichen Ansprüchen auf das Land, und wollte von keinen Bedingungen vor der Huldigung hören. Eine solche unbedingte Huldigung hatten ihre Nachbarn, die Stände von Steyermark, dem Erzherzog Ferdinand geleistet, aber sie hatten bald Ursache gehabt, es zu bereuen. Von diesem Beyspiel gewarnt, beharrten die Oesterreichischen Stände auf ihrer Weigerung; ja, um nicht gewaltsam zur Huldigung gezwungen zu werden, verließen sie sogar die Hauptstadt, bothen ihre katholischen Mitstände zu einer ähnlichen Widersezung auf, und fingen an, Truppen zu werben. Sie thaten Schritte, ihr altes Bündniß mit den Ungarn zu erneuern, sie zogen die protestantischen Reichsfürsten in ihr Interesse, und schickten sich in vollem Ernste an, ihr Gesuch mit den Waffen durchzusezen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |