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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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sich schnell mit dem ältern Feinde, dem Erzherzog Leopold, und beyde Theile kamen überein, ihre Truppen aus dem Elsaß zu führen, die Gefangenen los zu geben, und das Geschehene in Vergessenheit zu begraben. In ein solches Nichts zerrann diese viel versprechende Rüstung.

Eben die gebietherische Sprache, womit sich die Union, im Vertrauen auf ihre Kräfte, dem katholischen Deutschland angekündigt hatte, wurde jezt von der Ligue gegen die Union und ihre Truppen geführt. Man zeigte ihnen die Fußtapfen ihres Zugs, und brandmarkte sie rund heraus mit den härtesten Namen, die sie verdienten. Die Stifter von Würzburg, Bamberg, Straßburg, Mainz, Trier, Cölln, und viele andre hatten ihre verwüstende Gegenwart empfunden. Allen diesen sollte der zugefügte Schaden vergütet, der Paß zu Wasser und zu Lande (denn auch der Rheinischen Schifffahrt hatten sie sich bemächtigt,) wieder frey gegeben, alles in seinen vorigen Stand gestellt werden. Vor allem aber verlangte man von den Unionsverwandten eine runde und feste Erklärung, wessen man sich zu ihrem Bunde zu versehen habe? Die Reihe war jezt an den Unioten, der Stärke nachzugeben. Auf einen so wohl gerüsteten Feind waren sie nicht gefaßt, aber sie selbst hatten den Katholischen das Geheimniß ihrer Stärke verrathen. Zwar beleidigte es ihren Stolz, um den Frieden zu betteln, aber sie durften sich glücklich preisen, ihn zu erhalten. Der eine Theil versprach Ersaz, der andre Vergebung. Man legte die Waffen nieder. Das Kriegsgewitter verzog sich noch einmal, und eine augenblickliche Stille erfolgte. Der Aufstand in Böhmen brach jezt aus, der dem Kaiser das lezte seiner Erbländer kostete; aber weder die Union noch die Ligue mischten sich in diesen Böhmischen Streit.

Endlich starb der Kaiser (1612) eben so wenig vermißt im Sarge, als wahrgenommen auf dem Thron.

sich schnell mit dem ältern Feinde, dem Erzherzog Leopold, und beyde Theile kamen überein, ihre Truppen aus dem Elsaß zu führen, die Gefangenen los zu geben, und das Geschehene in Vergessenheit zu begraben. In ein solches Nichts zerrann diese viel versprechende Rüstung.

Eben die gebietherische Sprache, womit sich die Union, im Vertrauen auf ihre Kräfte, dem katholischen Deutschland angekündigt hatte, wurde jezt von der Ligue gegen die Union und ihre Truppen geführt. Man zeigte ihnen die Fußtapfen ihres Zugs, und brandmarkte sie rund heraus mit den härtesten Namen, die sie verdienten. Die Stifter von Würzburg, Bamberg, Straßburg, Mainz, Trier, Cölln, und viele andre hatten ihre verwüstende Gegenwart empfunden. Allen diesen sollte der zugefügte Schaden vergütet, der Paß zu Wasser und zu Lande (denn auch der Rheinischen Schifffahrt hatten sie sich bemächtigt,) wieder frey gegeben, alles in seinen vorigen Stand gestellt werden. Vor allem aber verlangte man von den Unionsverwandten eine runde und feste Erklärung, wessen man sich zu ihrem Bunde zu versehen habe? Die Reihe war jezt an den Unioten, der Stärke nachzugeben. Auf einen so wohl gerüsteten Feind waren sie nicht gefaßt, aber sie selbst hatten den Katholischen das Geheimniß ihrer Stärke verrathen. Zwar beleidigte es ihren Stolz, um den Frieden zu betteln, aber sie durften sich glücklich preisen, ihn zu erhalten. Der eine Theil versprach Ersaz, der andre Vergebung. Man legte die Waffen nieder. Das Kriegsgewitter verzog sich noch einmal, und eine augenblickliche Stille erfolgte. Der Aufstand in Böhmen brach jezt aus, der dem Kaiser das lezte seiner Erbländer kostete; aber weder die Union noch die Ligue mischten sich in diesen Böhmischen Streit.

Endlich starb der Kaiser (1612) eben so wenig vermißt im Sarge, als wahrgenommen auf dem Thron.

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[64/0072] sich schnell mit dem ältern Feinde, dem Erzherzog Leopold, und beyde Theile kamen überein, ihre Truppen aus dem Elsaß zu führen, die Gefangenen los zu geben, und das Geschehene in Vergessenheit zu begraben. In ein solches Nichts zerrann diese viel versprechende Rüstung. Eben die gebietherische Sprache, womit sich die Union, im Vertrauen auf ihre Kräfte, dem katholischen Deutschland angekündigt hatte, wurde jezt von der Ligue gegen die Union und ihre Truppen geführt. Man zeigte ihnen die Fußtapfen ihres Zugs, und brandmarkte sie rund heraus mit den härtesten Namen, die sie verdienten. Die Stifter von Würzburg, Bamberg, Straßburg, Mainz, Trier, Cölln, und viele andre hatten ihre verwüstende Gegenwart empfunden. Allen diesen sollte der zugefügte Schaden vergütet, der Paß zu Wasser und zu Lande (denn auch der Rheinischen Schifffahrt hatten sie sich bemächtigt,) wieder frey gegeben, alles in seinen vorigen Stand gestellt werden. Vor allem aber verlangte man von den Unionsverwandten eine runde und feste Erklärung, wessen man sich zu ihrem Bunde zu versehen habe? Die Reihe war jezt an den Unioten, der Stärke nachzugeben. Auf einen so wohl gerüsteten Feind waren sie nicht gefaßt, aber sie selbst hatten den Katholischen das Geheimniß ihrer Stärke verrathen. Zwar beleidigte es ihren Stolz, um den Frieden zu betteln, aber sie durften sich glücklich preisen, ihn zu erhalten. Der eine Theil versprach Ersaz, der andre Vergebung. Man legte die Waffen nieder. Das Kriegsgewitter verzog sich noch einmal, und eine augenblickliche Stille erfolgte. Der Aufstand in Böhmen brach jezt aus, der dem Kaiser das lezte seiner Erbländer kostete; aber weder die Union noch die Ligue mischten sich in diesen Böhmischen Streit. Endlich starb der Kaiser (1612) eben so wenig vermißt im Sarge, als wahrgenommen auf dem Thron.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/72>, abgerufen am 28.11.2024.