Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Vergleich, um die gemeinschaftliche Gefahr abzuwenden. Man kam überein, das Herzogthum in Gemeinschaft zu regieren. Umsonst, daß der Kaiser die Landstände auffordern ließ, ihren neuen Herren die Huldigung zu verweigern - umsonst, daß er seinen eignen Anverwandten, den Erzherzog Leopold, Bischof von Passau und Straßburg, ins Jülichische schickte, um dort durch seine persönliche Gegenwart der kaiserlichen Parthey aufzuhelfen. Das ganze Land, ausser Jülich, hatte sich den protestantischen Prinzen unterworfen, und die kaiserliche Parthey wurde in dieser Hauptstadt belagert. Die Jülichische Streitigkeit war dem ganzen Deutschen Reiche wichtig, und erregte sogar die Aufmerksamkeit mehrerer Europäischer Höfe. Es war nicht sowohl die Frage, wer das Jülichische Herzogthum besizen, und wer es nicht besizen sollte - Die Frage war, welche von beyden Partheyen in Deutschland, die katholische oder die protestantische, sich um eine so ansehnliche Besizung vergrössern, für welche von beyden Religionen dieser Landstrich gewonnen oder verloren werden sollte? Die Frage war, ob Oesterreich abermals in seinen Anmassungen durchdringen, und seine Ländersucht mit einem neuen Raube vergnügen, oder ob Deutschlands Freyheit, und das Gleichgewicht seiner Macht gegen die Anmassungen Oesterreichs behauptet werden sollte? Der Jülichische Erbfolgestreit war also eine Angelegenheit für alle Mächte, welche Freyheit begünstigten und Oesterreich anfeindeten. Die evangelische Union, Holland, England, und vorzüglich Heinrich IV. von Frankreich, wurden darein gezogen. Dieser Monarch, der die schönste Hälfte seines Lebens an das Haus Oesterreich verloren, der nur mit ausdauernder Heldenkraft endlich alle Berge erstiegen, welche dieses Haus zwischen ihn und den Französischen Thron gewälzt hatte, war bis hieher kein müßiger Zuschauer Vergleich, um die gemeinschaftliche Gefahr abzuwenden. Man kam überein, das Herzogthum in Gemeinschaft zu regieren. Umsonst, daß der Kaiser die Landstände auffordern ließ, ihren neuen Herren die Huldigung zu verweigern – umsonst, daß er seinen eignen Anverwandten, den Erzherzog Leopold, Bischof von Passau und Straßburg, ins Jülichische schickte, um dort durch seine persönliche Gegenwart der kaiserlichen Parthey aufzuhelfen. Das ganze Land, ausser Jülich, hatte sich den protestantischen Prinzen unterworfen, und die kaiserliche Parthey wurde in dieser Hauptstadt belagert. Die Jülichische Streitigkeit war dem ganzen Deutschen Reiche wichtig, und erregte sogar die Aufmerksamkeit mehrerer Europäischer Höfe. Es war nicht sowohl die Frage, wer das Jülichische Herzogthum besizen, und wer es nicht besizen sollte – Die Frage war, welche von beyden Partheyen in Deutschland, die katholische oder die protestantische, sich um eine so ansehnliche Besizung vergrössern, für welche von beyden Religionen dieser Landstrich gewonnen oder verloren werden sollte? Die Frage war, ob Oesterreich abermals in seinen Anmassungen durchdringen, und seine Ländersucht mit einem neuen Raube vergnügen, oder ob Deutschlands Freyheit, und das Gleichgewicht seiner Macht gegen die Anmassungen Oesterreichs behauptet werden sollte? Der Jülichische Erbfolgestreit war also eine Angelegenheit für alle Mächte, welche Freyheit begünstigten und Oesterreich anfeindeten. Die evangelische Union, Holland, England, und vorzüglich Heinrich IV. von Frankreich, wurden darein gezogen. Dieser Monarch, der die schönste Hälfte seines Lebens an das Haus Oesterreich verloren, der nur mit ausdauernder Heldenkraft endlich alle Berge erstiegen, welche dieses Haus zwischen ihn und den Französischen Thron gewälzt hatte, war bis hieher kein müßiger Zuschauer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="56"/> Vergleich, um die gemeinschaftliche Gefahr abzuwenden. Man kam überein, das Herzogthum in Gemeinschaft zu regieren. Umsonst, daß der Kaiser die Landstände auffordern ließ, ihren neuen Herren die Huldigung zu verweigern – umsonst, daß er seinen eignen Anverwandten, den Erzherzog Leopold, Bischof von Passau und Straßburg, ins Jülichische schickte, um dort durch seine persönliche Gegenwart der kaiserlichen Parthey aufzuhelfen. Das ganze Land, ausser Jülich, hatte sich den protestantischen Prinzen unterworfen, und die kaiserliche Parthey wurde in dieser Hauptstadt belagert.</p> <p>Die Jülichische Streitigkeit war dem ganzen Deutschen Reiche wichtig, und erregte sogar die Aufmerksamkeit mehrerer Europäischer Höfe. Es war nicht sowohl die Frage, wer das Jülichische Herzogthum besizen, und wer es nicht besizen sollte – Die Frage war, welche von beyden Partheyen in <placeName>Deutschland</placeName>, die katholische oder die protestantische, sich um eine so ansehnliche Besizung vergrössern, für welche von beyden Religionen dieser Landstrich gewonnen oder verloren werden sollte? Die Frage war, ob Oesterreich abermals in seinen Anmassungen durchdringen, und seine Ländersucht mit einem neuen Raube vergnügen, oder ob Deutschlands Freyheit, und das Gleichgewicht seiner Macht gegen die Anmassungen Oesterreichs behauptet werden sollte? 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Vergleich, um die gemeinschaftliche Gefahr abzuwenden. Man kam überein, das Herzogthum in Gemeinschaft zu regieren. Umsonst, daß der Kaiser die Landstände auffordern ließ, ihren neuen Herren die Huldigung zu verweigern – umsonst, daß er seinen eignen Anverwandten, den Erzherzog Leopold, Bischof von Passau und Straßburg, ins Jülichische schickte, um dort durch seine persönliche Gegenwart der kaiserlichen Parthey aufzuhelfen. Das ganze Land, ausser Jülich, hatte sich den protestantischen Prinzen unterworfen, und die kaiserliche Parthey wurde in dieser Hauptstadt belagert.
Die Jülichische Streitigkeit war dem ganzen Deutschen Reiche wichtig, und erregte sogar die Aufmerksamkeit mehrerer Europäischer Höfe. Es war nicht sowohl die Frage, wer das Jülichische Herzogthum besizen, und wer es nicht besizen sollte – Die Frage war, welche von beyden Partheyen in Deutschland, die katholische oder die protestantische, sich um eine so ansehnliche Besizung vergrössern, für welche von beyden Religionen dieser Landstrich gewonnen oder verloren werden sollte? Die Frage war, ob Oesterreich abermals in seinen Anmassungen durchdringen, und seine Ländersucht mit einem neuen Raube vergnügen, oder ob Deutschlands Freyheit, und das Gleichgewicht seiner Macht gegen die Anmassungen Oesterreichs behauptet werden sollte? Der Jülichische Erbfolgestreit war also eine Angelegenheit für alle Mächte, welche Freyheit begünstigten und Oesterreich anfeindeten. Die evangelische Union, Holland, England, und vorzüglich Heinrich IV. von Frankreich, wurden darein gezogen.
Dieser Monarch, der die schönste Hälfte seines Lebens an das Haus Oesterreich verloren, der nur mit ausdauernder Heldenkraft endlich alle Berge erstiegen, welche dieses Haus zwischen ihn und den Französischen Thron gewälzt hatte, war bis hieher kein müßiger Zuschauer
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