Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

versammelte. Der eintretende Winter nöthigte endlich die Belagerer in die Winterquartiere, und in diesen erreichte sie die Bothschaft des zu Osnabrück und Münster am vier und zwanzigsten Oktober unterzeichneten Friedens.

Was für ein Riesenwerk es war, diesen, unter dem Namen des Westphälischen berühmten, unverletzlichen und heiligen Frieden zu schließen, welche unendlich scheinende Hindernisse zu bekämpfen, welche streitende Interessen zu vereinigen waren, welche Reihe von Zufällen zusammen wirken mußte, dieses mühsame, theure und dauernde Werk der Staatskunst zu Stande zu bringen, was es kostete, die Unterhandlungen auch nur zu eröffnen, was es kostete, die schon eröffneten unter den wechselnden Spielen des immer fortgesetzten Krieges im Gange zu erhalten, was es kostete, dem wirklich vollendeten das Siegel aufzudrücken, und den feyerlich abgekündigten zur wirklichen Vollziehung zu bringen - was endlich der Inhalt dieses Friedens war, was durch dreyßigjährige Anstrengungen und Leiden von jedem einzelnen Kämpfer gewonnen oder verloren worden ist, und welchen Vortheil oder Nachtheil die Europäische Gesellschaft im Großen und im Ganzen dabey mag geärntet haben - muß einer andern Feder und einem schicklichern Platze vorbehalten bleiben. Schon sind die Grenzen überschritten, die dem Verfasser dieser Skitze gesetzt waren, und so ein großes Ganze die Kriegsgeschichte war, so ein großes und eignes Ganze ist auch die Geschichte des Westphälischen Friedens. Ein Abriß davon kann mit der hier nöthigen Kürze nicht gegeben werden, ohne das intereßanteste und charaktervolleste Werk der menschlichen Weisheit und Leidenschaft zum Skelet zu entstellen, und ihr gerade dasjenige zu rauben, wodurch sie die Aufmerksamkeit desjenigen Publikums fesseln könnte, für das ich schrieb, und von dem ich hier Abschied nehme.



versammelte. Der eintretende Winter nöthigte endlich die Belagerer in die Winterquartiere, und in diesen erreichte sie die Bothschaft des zu Osnabrück und Münster am vier und zwanzigsten Oktober unterzeichneten Friedens.

Was für ein Riesenwerk es war, diesen, unter dem Namen des Westphälischen berühmten, unverletzlichen und heiligen Frieden zu schließen, welche unendlich scheinende Hindernisse zu bekämpfen, welche streitende Interessen zu vereinigen waren, welche Reihe von Zufällen zusammen wirken mußte, dieses mühsame, theure und dauernde Werk der Staatskunst zu Stande zu bringen, was es kostete, die Unterhandlungen auch nur zu eröffnen, was es kostete, die schon eröffneten unter den wechselnden Spielen des immer fortgesetzten Krieges im Gange zu erhalten, was es kostete, dem wirklich vollendeten das Siegel aufzudrücken, und den feyerlich abgekündigten zur wirklichen Vollziehung zu bringen – was endlich der Inhalt dieses Friedens war, was durch dreyßigjährige Anstrengungen und Leiden von jedem einzelnen Kämpfer gewonnen oder verloren worden ist, und welchen Vortheil oder Nachtheil die Europäische Gesellschaft im Großen und im Ganzen dabey mag geärntet haben – muß einer andern Feder und einem schicklichern Platze vorbehalten bleiben. Schon sind die Grenzen überschritten, die dem Verfasser dieser Skitze gesetzt waren, und so ein großes Ganze die Kriegsgeschichte war, so ein großes und eignes Ganze ist auch die Geschichte des Westphälischen Friedens. Ein Abriß davon kann mit der hier nöthigen Kürze nicht gegeben werden, ohne das intereßanteste und charaktervolleste Werk der menschlichen Weisheit und Leidenschaft zum Skelet zu entstellen, und ihr gerade dasjenige zu rauben, wodurch sie die Aufmerksamkeit desjenigen Publikums fesseln könnte, für das ich schrieb, und von dem ich hier Abschied nehme.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0494" n="486"/>
versammelte. Der eintretende Winter nöthigte endlich           die Belagerer in die Winterquartiere, und in diesen erreichte sie die Bothschaft des zu           Osnabrück und Münster am vier und zwanzigsten Oktober unterzeichneten Friedens.</p>
        <p>Was für ein Riesenwerk es war, diesen, unter dem Namen des Westphälischen berühmten,           unverletzlichen und heiligen Frieden zu schließen, welche unendlich scheinende Hindernisse           zu bekämpfen, welche streitende Interessen zu vereinigen waren, welche Reihe von Zufällen           zusammen wirken mußte, dieses mühsame, theure und dauernde Werk der Staatskunst zu Stande           zu bringen, was es kostete, die Unterhandlungen auch nur zu eröffnen, was es kostete, die           schon eröffneten unter den wechselnden Spielen des immer fortgesetzten Krieges im Gange zu           erhalten, was es kostete, dem wirklich vollendeten das Siegel aufzudrücken, und den           feyerlich abgekündigten zur wirklichen Vollziehung zu bringen &#x2013; was endlich der Inhalt           dieses Friedens war, was durch dreyßigjährige Anstrengungen und Leiden von jedem einzelnen           Kämpfer gewonnen oder verloren worden ist, und welchen Vortheil oder Nachtheil die           Europäische Gesellschaft im Großen und im Ganzen dabey mag geärntet haben &#x2013; muß einer           andern Feder und einem schicklichern Platze vorbehalten bleiben. Schon sind die Grenzen           überschritten, die dem Verfasser dieser Skitze gesetzt waren, und so ein großes Ganze die           Kriegsgeschichte war, so ein großes und eignes Ganze ist auch die Geschichte des           Westphälischen Friedens. Ein Abriß davon kann mit der hier nöthigen Kürze nicht gegeben           werden, ohne das intereßanteste und charaktervolleste Werk der menschlichen Weisheit und           Leidenschaft zum Skelet zu entstellen, und ihr gerade dasjenige zu rauben, wodurch sie die           Aufmerksamkeit desjenigen Publikums fesseln könnte, für das ich schrieb, und von dem ich           hier Abschied nehme.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
    <back>
</back>
  </text>
</TEI>
[486/0494] versammelte. Der eintretende Winter nöthigte endlich die Belagerer in die Winterquartiere, und in diesen erreichte sie die Bothschaft des zu Osnabrück und Münster am vier und zwanzigsten Oktober unterzeichneten Friedens. Was für ein Riesenwerk es war, diesen, unter dem Namen des Westphälischen berühmten, unverletzlichen und heiligen Frieden zu schließen, welche unendlich scheinende Hindernisse zu bekämpfen, welche streitende Interessen zu vereinigen waren, welche Reihe von Zufällen zusammen wirken mußte, dieses mühsame, theure und dauernde Werk der Staatskunst zu Stande zu bringen, was es kostete, die Unterhandlungen auch nur zu eröffnen, was es kostete, die schon eröffneten unter den wechselnden Spielen des immer fortgesetzten Krieges im Gange zu erhalten, was es kostete, dem wirklich vollendeten das Siegel aufzudrücken, und den feyerlich abgekündigten zur wirklichen Vollziehung zu bringen – was endlich der Inhalt dieses Friedens war, was durch dreyßigjährige Anstrengungen und Leiden von jedem einzelnen Kämpfer gewonnen oder verloren worden ist, und welchen Vortheil oder Nachtheil die Europäische Gesellschaft im Großen und im Ganzen dabey mag geärntet haben – muß einer andern Feder und einem schicklichern Platze vorbehalten bleiben. Schon sind die Grenzen überschritten, die dem Verfasser dieser Skitze gesetzt waren, und so ein großes Ganze die Kriegsgeschichte war, so ein großes und eignes Ganze ist auch die Geschichte des Westphälischen Friedens. Ein Abriß davon kann mit der hier nöthigen Kürze nicht gegeben werden, ohne das intereßanteste und charaktervolleste Werk der menschlichen Weisheit und Leidenschaft zum Skelet zu entstellen, und ihr gerade dasjenige zu rauben, wodurch sie die Aufmerksamkeit desjenigen Publikums fesseln könnte, für das ich schrieb, und von dem ich hier Abschied nehme.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/494
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/494>, abgerufen am 27.11.2024.