Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Lande, worin er sich sehen ließ, als der rechtmäßige Regent, der oft dahin gebracht war, sich vor ihm in seinen Schlössern zu verkriechen. Ganz Deutschland wimmelte von solchen kleinen Tyrannen, und die Länder litten gleich hart von dem Feinde und von ihren Vertheidigern. Alle diese Wunden schmerzten um so mehr, wenn man sich erinnerte, daß es fremde Mächte waren, welche Deutschland ihrer Habsucht aufopferten, und die Drangsale des Krieges vorsetzlich verlängerten, um ihre eigennützigen Zwecke zu erreichen. Damit Schweden sich bereichern und Eroberungen machen konnte, mußte Deutschland unter der Geißel des Krieges bluten; damit Richelieu in Frankreich nothwendig blieb, durfte die Fackel der Zwietracht im Deutschen Reiche nicht erlöschen.

Aber es waren nicht lauter eigennützige Stimmen, die sich gegen den Frieden erklärten, und wenn sowohl Schweden als Deutsche Reichsstände die Fortdauer des Kriegs aus unreiner Absicht wünschten, so sprach eine gesunde Staatskunst für sie. Konnte man nach der Nördlinger Niederlage einen billigen Frieden von dem Kaiser erwarten? Und wenn man dieß nicht konnte, sollte man siebzehn Jahre lang alles Ungemach des Krieges erduldet, alle seine Kräfte verschwendet haben, um am Ende nichts gewonnen, oder gar noch verloren zu haben? Wofür so viel Blut vergossen, wenn alles blieb, wie es gewesen, wenn man in seinen Rechten und Ansprüchen um gar nichts gebessert war? wenn man alles, was so sauer errungen worden, in einem Frieden wieder herausgeben mußte? War es nicht wünschenswerther, die lange getragene Last noch zwey oder drey Jahre länger zu tragen, um für zwanzigjährige Leiden endlich doch einen Ersatz einzuärnten? Und an einem vortheilhaften Frieden war nicht zu zweifeln, sobald nur Schweden und Deutsche Protestanten, im Felde wie im Kabinet, standhaft zusammen hielten,

dem Lande, worin er sich sehen ließ, als der rechtmäßige Regent, der oft dahin gebracht war, sich vor ihm in seinen Schlössern zu verkriechen. Ganz Deutschland wimmelte von solchen kleinen Tyrannen, und die Länder litten gleich hart von dem Feinde und von ihren Vertheidigern. Alle diese Wunden schmerzten um so mehr, wenn man sich erinnerte, daß es fremde Mächte waren, welche Deutschland ihrer Habsucht aufopferten, und die Drangsale des Krieges vorsetzlich verlängerten, um ihre eigennützigen Zwecke zu erreichen. Damit Schweden sich bereichern und Eroberungen machen konnte, mußte Deutschland unter der Geißel des Krieges bluten; damit Richelieu in Frankreich nothwendig blieb, durfte die Fackel der Zwietracht im Deutschen Reiche nicht erlöschen.

Aber es waren nicht lauter eigennützige Stimmen, die sich gegen den Frieden erklärten, und wenn sowohl Schweden als Deutsche Reichsstände die Fortdauer des Kriegs aus unreiner Absicht wünschten, so sprach eine gesunde Staatskunst für sie. Konnte man nach der Nördlinger Niederlage einen billigen Frieden von dem Kaiser erwarten? Und wenn man dieß nicht konnte, sollte man siebzehn Jahre lang alles Ungemach des Krieges erduldet, alle seine Kräfte verschwendet haben, um am Ende nichts gewonnen, oder gar noch verloren zu haben? Wofür so viel Blut vergossen, wenn alles blieb, wie es gewesen, wenn man in seinen Rechten und Ansprüchen um gar nichts gebessert war? wenn man alles, was so sauer errungen worden, in einem Frieden wieder herausgeben mußte? War es nicht wünschenswerther, die lange getragene Last noch zwey oder drey Jahre länger zu tragen, um für zwanzigjährige Leiden endlich doch einen Ersatz einzuärnten? Und an einem vortheilhaften Frieden war nicht zu zweifeln, sobald nur Schweden und Deutsche Protestanten, im Felde wie im Kabinet, standhaft zusammen hielten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0432" n="424"/>
dem Lande, worin er sich sehen ließ, als der rechtmäßige           Regent, der oft dahin gebracht war, sich vor ihm in seinen Schlössern zu verkriechen. Ganz           Deutschland wimmelte von solchen kleinen Tyrannen, und die Länder litten gleich hart von           dem Feinde und von ihren Vertheidigern. Alle diese Wunden schmerzten um so mehr, wenn man           sich erinnerte, daß es <hi rendition="#g">fremde</hi> Mächte waren, welche Deutschland           ihrer Habsucht aufopferten, und die Drangsale des Krieges vorsetzlich verlängerten, um           ihre eigennützigen Zwecke zu erreichen. Damit Schweden sich bereichern und Eroberungen           machen konnte, mußte Deutschland unter der Geißel des Krieges bluten; damit Richelieu in           Frankreich nothwendig blieb, durfte die Fackel der Zwietracht im Deutschen Reiche nicht           erlöschen.</p>
        <p>Aber es waren nicht lauter eigennützige Stimmen, die sich gegen den Frieden erklärten,           und wenn sowohl Schweden als Deutsche Reichsstände die Fortdauer des Kriegs aus unreiner           Absicht wünschten, so sprach eine gesunde Staatskunst für sie. Konnte man nach der           Nördlinger Niederlage einen billigen Frieden von dem Kaiser erwarten? Und wenn man dieß           nicht konnte, sollte man siebzehn Jahre lang alles Ungemach des Krieges erduldet, alle           seine Kräfte verschwendet haben, um am Ende nichts gewonnen, oder gar noch verloren zu           haben? Wofür so viel Blut vergossen, wenn alles blieb, wie es gewesen, wenn man in seinen           Rechten und Ansprüchen um gar nichts gebessert war? wenn man alles, was so sauer errungen           worden, in einem Frieden wieder herausgeben mußte? War es nicht wünschenswerther, die           lange getragene Last noch zwey oder drey Jahre länger zu tragen, um für zwanzigjährige           Leiden endlich doch einen Ersatz einzuärnten? Und an einem vortheilhaften Frieden war           nicht zu zweifeln, sobald nur Schweden und Deutsche Protestanten, im Felde wie im Kabinet,           standhaft zusammen hielten,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0432] dem Lande, worin er sich sehen ließ, als der rechtmäßige Regent, der oft dahin gebracht war, sich vor ihm in seinen Schlössern zu verkriechen. Ganz Deutschland wimmelte von solchen kleinen Tyrannen, und die Länder litten gleich hart von dem Feinde und von ihren Vertheidigern. Alle diese Wunden schmerzten um so mehr, wenn man sich erinnerte, daß es fremde Mächte waren, welche Deutschland ihrer Habsucht aufopferten, und die Drangsale des Krieges vorsetzlich verlängerten, um ihre eigennützigen Zwecke zu erreichen. Damit Schweden sich bereichern und Eroberungen machen konnte, mußte Deutschland unter der Geißel des Krieges bluten; damit Richelieu in Frankreich nothwendig blieb, durfte die Fackel der Zwietracht im Deutschen Reiche nicht erlöschen. Aber es waren nicht lauter eigennützige Stimmen, die sich gegen den Frieden erklärten, und wenn sowohl Schweden als Deutsche Reichsstände die Fortdauer des Kriegs aus unreiner Absicht wünschten, so sprach eine gesunde Staatskunst für sie. Konnte man nach der Nördlinger Niederlage einen billigen Frieden von dem Kaiser erwarten? Und wenn man dieß nicht konnte, sollte man siebzehn Jahre lang alles Ungemach des Krieges erduldet, alle seine Kräfte verschwendet haben, um am Ende nichts gewonnen, oder gar noch verloren zu haben? Wofür so viel Blut vergossen, wenn alles blieb, wie es gewesen, wenn man in seinen Rechten und Ansprüchen um gar nichts gebessert war? wenn man alles, was so sauer errungen worden, in einem Frieden wieder herausgeben mußte? War es nicht wünschenswerther, die lange getragene Last noch zwey oder drey Jahre länger zu tragen, um für zwanzigjährige Leiden endlich doch einen Ersatz einzuärnten? Und an einem vortheilhaften Frieden war nicht zu zweifeln, sobald nur Schweden und Deutsche Protestanten, im Felde wie im Kabinet, standhaft zusammen hielten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/432
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/432>, abgerufen am 17.05.2024.