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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Rudolphs vermuthlicher Erbe, trat hervor, Habsburgs sinkendem Hause sich zur Stüze anzubiethen. In jugendlichen Jahren, und von einer falschen Ruhmbegierde übereilt, hatte dieser Prinz, dem Interesse seines Hauses zuwider, den Einladungen einiger Niederländischen Rebellen Gehör gegeben, welche ihn in ihr Vaterland riefen, um die Freyheiten der Nation gegen seinen eigenen Anverwandten Philipp II. zu vertheidigen. Matthias, der in der Stimme einer einzelnen Faktion die Stimme des ganzen Niederländischen Volks zu vernehmen glaubte, erschien auf diesen Ruf in den Niederlanden. Aber der Erfolg entsprach eben so wenig den Wünschen der Brabanter, als seinen eignen Erwartungen, und ruhmlos zog er sich aus einer unweisen Unternehmung. Desto ehrenvoller war seine zweyte Erscheinung in der politischen Welt.

Nachdem seine wiederholtesten Aufforderungen an den Kaiser ohne Wirkung geblieben, berief er die Erzherzoge, seine Brüder und Vettern, nach Preßburg, und pflog Rath mit ihnen über des Hauses wachsende Gefahr. Einstimmig übertragen die Brüder ihm, als dem Aeltesten, die Vertheidigung ihres Erbtheils, das ein blödsinniger Bruder verwahrloste. Alle ihre Gewalt und Rechte legen sie in die Hand dieses Aeltesten, und bekleiden ihn mit souverainer Vollmacht, über das gemeine Beste nach Einsicht zu verfügen. Alsobald eröffnet Matthias Unterhandlungen mit der Pforte und mit den Ungarischen Rebellen, und seiner Geschicklichkeit gelingt es, den Ueberrest Ungarns durch einen Frieden mit den Türken, und durch einen Vertrag mit den Rebellen Oesterreichs Ansprüche auf die verlohrnen Provinzen zu retten. Aber Rudolph, eben so eifersüchtig auf seine landesherrliche Gewalt, als nachlässig sie zu behaupten, hält mit der Bestätigung dieses Friedens zurück, den er als einen strafbaren Eingriff in seine Hoheit betrachtet. Er beschuldigt den Erzherzog eines Verständnisses mit dem Feinde, und verrätherischer Absichten auf die Ungarische Krone.

Rudolphs vermuthlicher Erbe, trat hervor, Habsburgs sinkendem Hause sich zur Stüze anzubiethen. In jugendlichen Jahren, und von einer falschen Ruhmbegierde übereilt, hatte dieser Prinz, dem Interesse seines Hauses zuwider, den Einladungen einiger Niederländischen Rebellen Gehör gegeben, welche ihn in ihr Vaterland riefen, um die Freyheiten der Nation gegen seinen eigenen Anverwandten Philipp II. zu vertheidigen. Matthias, der in der Stimme einer einzelnen Faktion die Stimme des ganzen Niederländischen Volks zu vernehmen glaubte, erschien auf diesen Ruf in den Niederlanden. Aber der Erfolg entsprach eben so wenig den Wünschen der Brabanter, als seinen eignen Erwartungen, und ruhmlos zog er sich aus einer unweisen Unternehmung. Desto ehrenvoller war seine zweyte Erscheinung in der politischen Welt.

Nachdem seine wiederholtesten Aufforderungen an den Kaiser ohne Wirkung geblieben, berief er die Erzherzoge, seine Brüder und Vettern, nach Preßburg, und pflog Rath mit ihnen über des Hauses wachsende Gefahr. Einstimmig übertragen die Brüder ihm, als dem Aeltesten, die Vertheidigung ihres Erbtheils, das ein blödsinniger Bruder verwahrloste. Alle ihre Gewalt und Rechte legen sie in die Hand dieses Aeltesten, und bekleiden ihn mit souverainer Vollmacht, über das gemeine Beste nach Einsicht zu verfügen. Alsobald eröffnet Matthias Unterhandlungen mit der Pforte und mit den Ungarischen Rebellen, und seiner Geschicklichkeit gelingt es, den Ueberrest Ungarns durch einen Frieden mit den Türken, und durch einen Vertrag mit den Rebellen Oesterreichs Ansprüche auf die verlohrnen Provinzen zu retten. Aber Rudolph, eben so eifersüchtig auf seine landesherrliche Gewalt, als nachlässig sie zu behaupten, hält mit der Bestätigung dieses Friedens zurück, den er als einen strafbaren Eingriff in seine Hoheit betrachtet. Er beschuldigt den Erzherzog eines Verständnisses mit dem Feinde, und verrätherischer Absichten auf die Ungarische Krone.

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Rudolphs vermuthlicher Erbe, trat hervor, Habsburgs sinkendem Hause sich zur           Stüze anzubiethen. In jugendlichen Jahren, und von einer falschen Ruhmbegierde übereilt,           hatte dieser Prinz, dem Interesse seines Hauses zuwider, den Einladungen einiger           Niederländischen Rebellen Gehör gegeben, welche ihn in ihr Vaterland riefen, um die           Freyheiten der Nation gegen seinen eigenen Anverwandten <persName>Philipp II.</persName> zu vertheidigen.           Matthias, der in der Stimme einer einzelnen Faktion die Stimme des ganzen Niederländischen           Volks zu vernehmen glaubte, erschien auf diesen Ruf in den Niederlanden. Aber der Erfolg           entsprach eben so wenig den Wünschen der Brabanter, als seinen eignen Erwartungen, und           ruhmlos zog er sich aus einer unweisen Unternehmung. Desto ehrenvoller war seine zweyte           Erscheinung in der politischen Welt.</p>
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[33/0041] Rudolphs vermuthlicher Erbe, trat hervor, Habsburgs sinkendem Hause sich zur Stüze anzubiethen. In jugendlichen Jahren, und von einer falschen Ruhmbegierde übereilt, hatte dieser Prinz, dem Interesse seines Hauses zuwider, den Einladungen einiger Niederländischen Rebellen Gehör gegeben, welche ihn in ihr Vaterland riefen, um die Freyheiten der Nation gegen seinen eigenen Anverwandten Philipp II. zu vertheidigen. Matthias, der in der Stimme einer einzelnen Faktion die Stimme des ganzen Niederländischen Volks zu vernehmen glaubte, erschien auf diesen Ruf in den Niederlanden. Aber der Erfolg entsprach eben so wenig den Wünschen der Brabanter, als seinen eignen Erwartungen, und ruhmlos zog er sich aus einer unweisen Unternehmung. Desto ehrenvoller war seine zweyte Erscheinung in der politischen Welt. Nachdem seine wiederholtesten Aufforderungen an den Kaiser ohne Wirkung geblieben, berief er die Erzherzoge, seine Brüder und Vettern, nach Preßburg, und pflog Rath mit ihnen über des Hauses wachsende Gefahr. Einstimmig übertragen die Brüder ihm, als dem Aeltesten, die Vertheidigung ihres Erbtheils, das ein blödsinniger Bruder verwahrloste. Alle ihre Gewalt und Rechte legen sie in die Hand dieses Aeltesten, und bekleiden ihn mit souverainer Vollmacht, über das gemeine Beste nach Einsicht zu verfügen. Alsobald eröffnet Matthias Unterhandlungen mit der Pforte und mit den Ungarischen Rebellen, und seiner Geschicklichkeit gelingt es, den Ueberrest Ungarns durch einen Frieden mit den Türken, und durch einen Vertrag mit den Rebellen Oesterreichs Ansprüche auf die verlohrnen Provinzen zu retten. Aber Rudolph, eben so eifersüchtig auf seine landesherrliche Gewalt, als nachlässig sie zu behaupten, hält mit der Bestätigung dieses Friedens zurück, den er als einen strafbaren Eingriff in seine Hoheit betrachtet. Er beschuldigt den Erzherzog eines Verständnisses mit dem Feinde, und verrätherischer Absichten auf die Ungarische Krone.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/41>, abgerufen am 22.11.2024.