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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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menschlichen Natur durch keine moralische Beschuldigung zu entehren.

Aber durch welche Hand er auch mag gefallen seyn, so muß uns dieses außerordentliche Schicksal als eine That der großen Natur erscheinen. Die Geschichte, so oft nur auf das freudenlose Geschäft eingeschränkt, das einförmige Spiel der menschlichen Leidenschaft aus einander zu legen, sieht sich zuweilen durch Erscheinungen belohnt, die gleich einem kühnen Griff aus den Wolken in das berechnete Uhrwerk der menschlichen Unternehmungen fallen, und den nachdenkenden Geist auf eine höhere Ordnung der Dinge verweisen. Ungern zwar sieht sich der Mensch in seinem beschränkten Maschinengang durch die ungestüme Dazwischenkunft dieser Macht unterbrochen, die ohne Einstimmigkeit mit ihm, ohne Schonung für seine dürftige Schöpfung, ihre eignen Zwecke mit kühner Freyheit verfolgt, und oft mit Einem gigantischen Schritt die mühsame Pflanzung eines Menschenalters unerbittlich verwüstet. Aber indem seine überraschten Sinne unter der Macht eines so unerwarteten Zufalls erliegen, schwingt sich die Vernunft, ihre Würde fühlend, zu den übersinnlichen Quellen desselben auf, und ein anderes System von Gesetzen, worin sich die kleinliche Schätzung der Dinge verliert, erscheint vor ihrem erweiterten Blicke. So ergreift uns Gustav Adolphs schnelle Verschwindung vom Schauplatz, die das ganze Spiel des politischen Uhrwerks mit Einemmal hemmt, und alle Berechnungen der menschlichen Klugheit vereitelt. Gestern noch der belebende Geist, der große und einzige Beweger seiner Schöpfung - heute in seinem Adlerfluge unerbittlich dahingestürzt, herausgerissen aus einer Welt von Entwürfen, von der reifenden Saat seiner Hoffnungen ungestüm abgerufen, läßt er seine verwaiste Partey trostlos hinter sich, und in Trümmern fällt der stolze Bau seiner vergänglichen Größe. Schwer entwöhnt sich die protestantische Welt von den

menschlichen Natur durch keine moralische Beschuldigung zu entehren.

Aber durch welche Hand er auch mag gefallen seyn, so muß uns dieses außerordentliche Schicksal als eine That der großen Natur erscheinen. Die Geschichte, so oft nur auf das freudenlose Geschäft eingeschränkt, das einförmige Spiel der menschlichen Leidenschaft aus einander zu legen, sieht sich zuweilen durch Erscheinungen belohnt, die gleich einem kühnen Griff aus den Wolken in das berechnete Uhrwerk der menschlichen Unternehmungen fallen, und den nachdenkenden Geist auf eine höhere Ordnung der Dinge verweisen. Ungern zwar sieht sich der Mensch in seinem beschränkten Maschinengang durch die ungestüme Dazwischenkunft dieser Macht unterbrochen, die ohne Einstimmigkeit mit ihm, ohne Schonung für seine dürftige Schöpfung, ihre eignen Zwecke mit kühner Freyheit verfolgt, und oft mit Einem gigantischen Schritt die mühsame Pflanzung eines Menschenalters unerbittlich verwüstet. Aber indem seine überraschten Sinne unter der Macht eines so unerwarteten Zufalls erliegen, schwingt sich die Vernunft, ihre Würde fühlend, zu den übersinnlichen Quellen desselben auf, und ein anderes System von Gesetzen, worin sich die kleinliche Schätzung der Dinge verliert, erscheint vor ihrem erweiterten Blicke. So ergreift uns Gustav Adolphs schnelle Verschwindung vom Schauplatz, die das ganze Spiel des politischen Uhrwerks mit Einemmal hemmt, und alle Berechnungen der menschlichen Klugheit vereitelt. Gestern noch der belebende Geist, der große und einzige Beweger seiner Schöpfung – heute in seinem Adlerfluge unerbittlich dahingestürzt, herausgerissen aus einer Welt von Entwürfen, von der reifenden Saat seiner Hoffnungen ungestüm abgerufen, läßt er seine verwaiste Partey trostlos hinter sich, und in Trümmern fällt der stolze Bau seiner vergänglichen Größe. Schwer entwöhnt sich die protestantische Welt von den

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[349/0357] menschlichen Natur durch keine moralische Beschuldigung zu entehren. Aber durch welche Hand er auch mag gefallen seyn, so muß uns dieses außerordentliche Schicksal als eine That der großen Natur erscheinen. Die Geschichte, so oft nur auf das freudenlose Geschäft eingeschränkt, das einförmige Spiel der menschlichen Leidenschaft aus einander zu legen, sieht sich zuweilen durch Erscheinungen belohnt, die gleich einem kühnen Griff aus den Wolken in das berechnete Uhrwerk der menschlichen Unternehmungen fallen, und den nachdenkenden Geist auf eine höhere Ordnung der Dinge verweisen. Ungern zwar sieht sich der Mensch in seinem beschränkten Maschinengang durch die ungestüme Dazwischenkunft dieser Macht unterbrochen, die ohne Einstimmigkeit mit ihm, ohne Schonung für seine dürftige Schöpfung, ihre eignen Zwecke mit kühner Freyheit verfolgt, und oft mit Einem gigantischen Schritt die mühsame Pflanzung eines Menschenalters unerbittlich verwüstet. Aber indem seine überraschten Sinne unter der Macht eines so unerwarteten Zufalls erliegen, schwingt sich die Vernunft, ihre Würde fühlend, zu den übersinnlichen Quellen desselben auf, und ein anderes System von Gesetzen, worin sich die kleinliche Schätzung der Dinge verliert, erscheint vor ihrem erweiterten Blicke. So ergreift uns Gustav Adolphs schnelle Verschwindung vom Schauplatz, die das ganze Spiel des politischen Uhrwerks mit Einemmal hemmt, und alle Berechnungen der menschlichen Klugheit vereitelt. Gestern noch der belebende Geist, der große und einzige Beweger seiner Schöpfung – heute in seinem Adlerfluge unerbittlich dahingestürzt, herausgerissen aus einer Welt von Entwürfen, von der reifenden Saat seiner Hoffnungen ungestüm abgerufen, läßt er seine verwaiste Partey trostlos hinter sich, und in Trümmern fällt der stolze Bau seiner vergänglichen Größe. Schwer entwöhnt sich die protestantische Welt von den

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/357>, abgerufen am 27.11.2024.