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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Zu Znaim in Mähren fand er ihn, von den Truppen, nach deren Besitz er den Kaiser lüstern machte, prahlerisch umgeben. Wie einen Flehenden empfing der stolze Unterthan den Abgesandten seines Gebieters. "Nimmermehr," gab er zur Antwort, "könne er einer Wiederherstellung trauen, die er einzig nur der Extremität nicht der Gerechtigkeit des Kaisers verdanke. Jetzt zwar suche man ihn auf, da die Noth aufs höchste gestiegen und von seinem Arme allein noch Rettung zu hoffen sey; aber der geleistete Dienst werde seinen Urheber bald in Vergessenheit bringen, und die vorige Sicherheit den vorigen Undank zurückführen. Sein ganzer Ruhm stehe auf dem Spiele, wenn er die von ihm geschöpften Erwartungen täusche; sein Glück und seine Ruhe, wenn es ihm gelänge, sie zu befriedigen. Bald würde der alte Neid gegen ihn aufwachen, und der abhängige Monarch kein Bedenken tragen, einen entbehrlichen Diener zum zweytenmale der Konvenienz aufzuopfern. Besser für ihn, er verlasse gleich jetzt und aus freyer Wahl einen Posten, von welchem früher oder später die Kabalen seiner Gegner ihn doch herabstürzen würden. Sicherheit und Zufriedenheit erwarte er nur im Schooße des Privatlebens, und bloß um den Kaiser zu verbinden, habe er sich auf eine Zeit lang, ungern genug, seiner glücklichen Stille entzogen."

Des langen Gaukelspiels müde, nahm der Minister jetzt einen ernsthaftern Ton an, und bedrohte den Halsstarrigen mit dem ganzen Zorne des Monarchen, wenn er auf seiner Widersetzung beharren würde. "Tief genug," erklärte er, "habe sich die Majestät des Kaisers erniedrigt, und, anstatt durch ihre Herablassung seine Großmuth zu rühren, nur seinen Stolz gekitzelt, nur seinen Starrsinn vermehrt. Sollte sie dieses große Opfer vergeblich gebracht haben, so stehe er nicht dafür, daß sich der Flehende nicht in den Herrn verwandle, und

Zu Znaim in Mähren fand er ihn, von den Truppen, nach deren Besitz er den Kaiser lüstern machte, prahlerisch umgeben. Wie einen Flehenden empfing der stolze Unterthan den Abgesandten seines Gebieters. „Nimmermehr,“ gab er zur Antwort, „könne er einer Wiederherstellung trauen, die er einzig nur der Extremität nicht der Gerechtigkeit des Kaisers verdanke. Jetzt zwar suche man ihn auf, da die Noth aufs höchste gestiegen und von seinem Arme allein noch Rettung zu hoffen sey; aber der geleistete Dienst werde seinen Urheber bald in Vergessenheit bringen, und die vorige Sicherheit den vorigen Undank zurückführen. Sein ganzer Ruhm stehe auf dem Spiele, wenn er die von ihm geschöpften Erwartungen täusche; sein Glück und seine Ruhe, wenn es ihm gelänge, sie zu befriedigen. Bald würde der alte Neid gegen ihn aufwachen, und der abhängige Monarch kein Bedenken tragen, einen entbehrlichen Diener zum zweytenmale der Konvenienz aufzuopfern. Besser für ihn, er verlasse gleich jetzt und aus freyer Wahl einen Posten, von welchem früher oder später die Kabalen seiner Gegner ihn doch herabstürzen würden. Sicherheit und Zufriedenheit erwarte er nur im Schooße des Privatlebens, und bloß um den Kaiser zu verbinden, habe er sich auf eine Zeit lang, ungern genug, seiner glücklichen Stille entzogen.“

Des langen Gaukelspiels müde, nahm der Minister jetzt einen ernsthaftern Ton an, und bedrohte den Halsstarrigen mit dem ganzen Zorne des Monarchen, wenn er auf seiner Widersetzung beharren würde. „Tief genug,“ erklärte er, „habe sich die Majestät des Kaisers erniedrigt, und, anstatt durch ihre Herablassung seine Großmuth zu rühren, nur seinen Stolz gekitzelt, nur seinen Starrsinn vermehrt. Sollte sie dieses große Opfer vergeblich gebracht haben, so stehe er nicht dafür, daß sich der Flehende nicht in den Herrn verwandle, und

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[303/0311] Zu Znaim in Mähren fand er ihn, von den Truppen, nach deren Besitz er den Kaiser lüstern machte, prahlerisch umgeben. Wie einen Flehenden empfing der stolze Unterthan den Abgesandten seines Gebieters. „Nimmermehr,“ gab er zur Antwort, „könne er einer Wiederherstellung trauen, die er einzig nur der Extremität nicht der Gerechtigkeit des Kaisers verdanke. Jetzt zwar suche man ihn auf, da die Noth aufs höchste gestiegen und von seinem Arme allein noch Rettung zu hoffen sey; aber der geleistete Dienst werde seinen Urheber bald in Vergessenheit bringen, und die vorige Sicherheit den vorigen Undank zurückführen. Sein ganzer Ruhm stehe auf dem Spiele, wenn er die von ihm geschöpften Erwartungen täusche; sein Glück und seine Ruhe, wenn es ihm gelänge, sie zu befriedigen. Bald würde der alte Neid gegen ihn aufwachen, und der abhängige Monarch kein Bedenken tragen, einen entbehrlichen Diener zum zweytenmale der Konvenienz aufzuopfern. Besser für ihn, er verlasse gleich jetzt und aus freyer Wahl einen Posten, von welchem früher oder später die Kabalen seiner Gegner ihn doch herabstürzen würden. Sicherheit und Zufriedenheit erwarte er nur im Schooße des Privatlebens, und bloß um den Kaiser zu verbinden, habe er sich auf eine Zeit lang, ungern genug, seiner glücklichen Stille entzogen.“ Des langen Gaukelspiels müde, nahm der Minister jetzt einen ernsthaftern Ton an, und bedrohte den Halsstarrigen mit dem ganzen Zorne des Monarchen, wenn er auf seiner Widersetzung beharren würde. „Tief genug,“ erklärte er, „habe sich die Majestät des Kaisers erniedrigt, und, anstatt durch ihre Herablassung seine Großmuth zu rühren, nur seinen Stolz gekitzelt, nur seinen Starrsinn vermehrt. Sollte sie dieses große Opfer vergeblich gebracht haben, so stehe er nicht dafür, daß sich der Flehende nicht in den Herrn verwandle, und

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/311>, abgerufen am 22.11.2024.