Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

bestürzte Churfürst in sein Lager schickte. Euer Herr hat sie in seine Staaten aufgenommen, mit allen Bedürfnissen versorgt, ihnen alle Pläze, welche sie nur wollten, übergeben, und durch alle diese Gefälligkeiten nicht erhalten können, daß sie menschlicher mit seinem Volke verfahren wären. Alles was ich von ihm verlange, ist Sicherheit, eine mäßige Geldsumme, und Brod für meine Truppen; dagegen verspreche ich ihm, seine Staaten zu beschüzen, und den Krieg von ihm zu entfernen. Auf diesen Punkten aber muß ich bestehen, und mein Bruder, der Churfürst, entschließe sich eilends, ob er mich zum Freunde haben, oder seine Hauptstadt geplündert sehen will." Dieser entschlossene Ton machte Eindruck, und die Richtung der Kanonen gegen die Stadt besiegte alle Zweifel Georg Wilhelms. In wenigen Tagen ward eine Allianz unterzeichnet, in welcher sich der Churfürst zu einer monatlichen Zahlung von 30,000 Thalern verstand, Spandau in den Händen des Königs ließ, und sich anheischig machte, auch Küstrin seinen Truppen zu allen Zeiten zu öffnen. Diese nunmehr entschiedene Verbindung des Churfürsten von Brandenburg mit den Schweden fand in Wien keine bessere Aufnahme, als der ähnliche Entschluß des Herzogs von Pommern vormals gefunden hatte; aber der ungünstige Wechsel des Glücks, den seine Waffen bald nachher erfuhren, erlaubte dem Kaiser nicht, seine Empfindlichkeit anders als durch Worte zu zeigen.

Das Vergnügen des Königs über diese glückliche Begebenheit wurde bald durch die angenehme Botschaft vergrößert, daß Greifswalde, der einzige feste Plaz, den die Kaiserlichen noch in Pommern besassen, übergegangen, und nunmehr das ganze Land von diesen schlimmen Feinden gereinigt sey. Er erschien selbst wieder in diesem Herzogthum, und genoß das entzückende Schauspiel der allgemeinen Volksfreude, deren Schöpfer er war. Ein Jahr

bestürzte Churfürst in sein Lager schickte. Euer Herr hat sie in seine Staaten aufgenommen, mit allen Bedürfnissen versorgt, ihnen alle Pläze, welche sie nur wollten, übergeben, und durch alle diese Gefälligkeiten nicht erhalten können, daß sie menschlicher mit seinem Volke verfahren wären. Alles was ich von ihm verlange, ist Sicherheit, eine mäßige Geldsumme, und Brod für meine Truppen; dagegen verspreche ich ihm, seine Staaten zu beschüzen, und den Krieg von ihm zu entfernen. Auf diesen Punkten aber muß ich bestehen, und mein Bruder, der Churfürst, entschließe sich eilends, ob er mich zum Freunde haben, oder seine Hauptstadt geplündert sehen will.“ Dieser entschlossene Ton machte Eindruck, und die Richtung der Kanonen gegen die Stadt besiegte alle Zweifel Georg Wilhelms. In wenigen Tagen ward eine Allianz unterzeichnet, in welcher sich der Churfürst zu einer monatlichen Zahlung von 30,000 Thalern verstand, Spandau in den Händen des Königs ließ, und sich anheischig machte, auch Küstrin seinen Truppen zu allen Zeiten zu öffnen. Diese nunmehr entschiedene Verbindung des Churfürsten von Brandenburg mit den Schweden fand in Wien keine bessere Aufnahme, als der ähnliche Entschluß des Herzogs von Pommern vormals gefunden hatte; aber der ungünstige Wechsel des Glücks, den seine Waffen bald nachher erfuhren, erlaubte dem Kaiser nicht, seine Empfindlichkeit anders als durch Worte zu zeigen.

Das Vergnügen des Königs über diese glückliche Begebenheit wurde bald durch die angenehme Botschaft vergrößert, daß Greifswalde, der einzige feste Plaz, den die Kaiserlichen noch in Pommern besassen, übergegangen, und nunmehr das ganze Land von diesen schlimmen Feinden gereinigt sey. Er erschien selbst wieder in diesem Herzogthum, und genoß das entzückende Schauspiel der allgemeinen Volksfreude, deren Schöpfer er war. Ein Jahr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="208"/>
bestürzte Churfürst in sein Lager           schickte. Euer Herr hat sie in seine Staaten aufgenommen, mit allen Bedürfnissen versorgt,           ihnen alle Pläze, welche sie nur wollten, übergeben, und durch alle diese Gefälligkeiten           nicht erhalten können, daß sie menschlicher mit seinem Volke verfahren wären. Alles was           ich von ihm verlange, ist Sicherheit, eine mäßige Geldsumme, und Brod für meine Truppen;           dagegen verspreche ich ihm, seine Staaten zu beschüzen, und den Krieg von ihm zu           entfernen. Auf diesen Punkten aber <hi rendition="#fr">muß</hi> ich bestehen, und mein           Bruder, der Churfürst, entschließe sich eilends, ob er mich zum Freunde haben, oder seine           Hauptstadt geplündert sehen will.&#x201C; Dieser entschlossene Ton machte Eindruck, und die           Richtung der Kanonen gegen die Stadt besiegte alle Zweifel <persName>Georg Wilhelms</persName>. In wenigen           Tagen ward eine <hi rendition="#fr">Allianz</hi> unterzeichnet, in welcher sich der           Churfürst zu einer monatlichen Zahlung von 30,000 Thalern verstand, Spandau in den Händen           des Königs ließ, und sich anheischig machte, auch Küstrin seinen Truppen zu allen Zeiten           zu öffnen. Diese nunmehr entschiedene Verbindung des Churfürsten von Brandenburg mit den           Schweden fand in Wien keine bessere Aufnahme, als der ähnliche Entschluß des Herzogs von           Pommern vormals gefunden hatte; aber der ungünstige Wechsel des Glücks, den seine Waffen           bald nachher erfuhren, erlaubte dem Kaiser nicht, seine Empfindlichkeit anders als durch           Worte zu zeigen.</p>
        <p>Das Vergnügen des Königs über diese glückliche Begebenheit wurde bald durch die angenehme           Botschaft vergrößert, daß <hi rendition="#fr"><placeName>Greifswalde</placeName></hi>, der einzige feste Plaz,           den die Kaiserlichen noch in Pommern besassen, übergegangen, und nunmehr das ganze Land           von diesen schlimmen Feinden gereinigt sey. Er erschien selbst wieder in diesem           Herzogthum, und genoß das entzückende Schauspiel der allgemeinen Volksfreude, deren           Schöpfer er war. Ein Jahr
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0216] bestürzte Churfürst in sein Lager schickte. Euer Herr hat sie in seine Staaten aufgenommen, mit allen Bedürfnissen versorgt, ihnen alle Pläze, welche sie nur wollten, übergeben, und durch alle diese Gefälligkeiten nicht erhalten können, daß sie menschlicher mit seinem Volke verfahren wären. Alles was ich von ihm verlange, ist Sicherheit, eine mäßige Geldsumme, und Brod für meine Truppen; dagegen verspreche ich ihm, seine Staaten zu beschüzen, und den Krieg von ihm zu entfernen. Auf diesen Punkten aber muß ich bestehen, und mein Bruder, der Churfürst, entschließe sich eilends, ob er mich zum Freunde haben, oder seine Hauptstadt geplündert sehen will.“ Dieser entschlossene Ton machte Eindruck, und die Richtung der Kanonen gegen die Stadt besiegte alle Zweifel Georg Wilhelms. In wenigen Tagen ward eine Allianz unterzeichnet, in welcher sich der Churfürst zu einer monatlichen Zahlung von 30,000 Thalern verstand, Spandau in den Händen des Königs ließ, und sich anheischig machte, auch Küstrin seinen Truppen zu allen Zeiten zu öffnen. Diese nunmehr entschiedene Verbindung des Churfürsten von Brandenburg mit den Schweden fand in Wien keine bessere Aufnahme, als der ähnliche Entschluß des Herzogs von Pommern vormals gefunden hatte; aber der ungünstige Wechsel des Glücks, den seine Waffen bald nachher erfuhren, erlaubte dem Kaiser nicht, seine Empfindlichkeit anders als durch Worte zu zeigen. Das Vergnügen des Königs über diese glückliche Begebenheit wurde bald durch die angenehme Botschaft vergrößert, daß Greifswalde, der einzige feste Plaz, den die Kaiserlichen noch in Pommern besassen, übergegangen, und nunmehr das ganze Land von diesen schlimmen Feinden gereinigt sey. Er erschien selbst wieder in diesem Herzogthum, und genoß das entzückende Schauspiel der allgemeinen Volksfreude, deren Schöpfer er war. Ein Jahr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/216
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/216>, abgerufen am 02.05.2024.