Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Privatstandes herunter stürzen. Eine solche Sentenz gegen einen solchen Verbrecher zu vollstrecken, schien nicht viel weniger Kunst zu kosten, als es gekostet hatte, sie dem Richter zu entreißen. Auch hatte man deswegen die Vorsicht gebraucht, zwey von Wallensteins genauesten Freunden zu Ueberbringern dieser schlimmen Bothschaft zu wählen, welche durch die schmeichelhaftesten Zusicherungen der fortdauernden kaiserlichen Gnade so sehr als möglich gemildert werden sollte. Wallenstein wußte längst den ganzen Inhalt ihrer Sendung, als die Abgesandten des Kaisers ihm vor die Augen traten. Er hatte Zeit gehabt, sich zu sammeln, und sein Gesicht zeigte Heiterkeit, während daß Schmerz und Wuth in seinem Busen stürmten. Aber er hatte beschlossen zu gehorchen. Dieser Urtheilsspruch überraschte ihn, ehe zu einem kühnen Schritte die Umstände reif, und die Anstalten fertig waren. Seine weitläuftigen Güter waren in Böhmen und Mähren zerstreut; durch Einziehung derselben konnte der Kaiser ihm den Nerven seiner Macht zerschneiden. Von der Zukunft erwartete er Genugthuung, und in dieser Hoffnung bestärkten ihn die Prophezeihungen eines Italienischen Astrologen, der diesen ungebändigten Geist, gleich einem Knaben, am Gängelbande führte. Seni, so hieß er, hatte es in den Sternen gelesen, daß die glänzende Laufbahn seines Herrn noch lange nicht geendigt sey, daß ihm die Zukunft noch ein schimmerndes Glück aufbewahre. Man brauchte die Sterne nicht zu bemühen, um mit Wahrscheinlichkeit vorher zu sagen, daß ein Feind wie Gustav Adolph, einen General wie Wallenstein nicht lange entbehrlich lassen würde. "Der Kaiser ist verrathen, antwortete Wallenstein den Gesandten, ich bedaure ihn, aber ich vergeb' ihm. Es ist klar, daß ihn der hochfahrende Sinn des Bayern dominirt. Zwar thut mirs Privatstandes herunter stürzen. Eine solche Sentenz gegen einen solchen Verbrecher zu vollstrecken, schien nicht viel weniger Kunst zu kosten, als es gekostet hatte, sie dem Richter zu entreißen. Auch hatte man deswegen die Vorsicht gebraucht, zwey von Wallensteins genauesten Freunden zu Ueberbringern dieser schlimmen Bothschaft zu wählen, welche durch die schmeichelhaftesten Zusicherungen der fortdauernden kaiserlichen Gnade so sehr als möglich gemildert werden sollte. Wallenstein wußte längst den ganzen Inhalt ihrer Sendung, als die Abgesandten des Kaisers ihm vor die Augen traten. Er hatte Zeit gehabt, sich zu sammeln, und sein Gesicht zeigte Heiterkeit, während daß Schmerz und Wuth in seinem Busen stürmten. Aber er hatte beschlossen zu gehorchen. Dieser Urtheilsspruch überraschte ihn, ehe zu einem kühnen Schritte die Umstände reif, und die Anstalten fertig waren. Seine weitläuftigen Güter waren in Böhmen und Mähren zerstreut; durch Einziehung derselben konnte der Kaiser ihm den Nerven seiner Macht zerschneiden. Von der Zukunft erwartete er Genugthuung, und in dieser Hoffnung bestärkten ihn die Prophezeihungen eines Italienischen Astrologen, der diesen ungebändigten Geist, gleich einem Knaben, am Gängelbande führte. Seni, so hieß er, hatte es in den Sternen gelesen, daß die glänzende Laufbahn seines Herrn noch lange nicht geendigt sey, daß ihm die Zukunft noch ein schimmerndes Glück aufbewahre. Man brauchte die Sterne nicht zu bemühen, um mit Wahrscheinlichkeit vorher zu sagen, daß ein Feind wie Gustav Adolph, einen General wie Wallenstein nicht lange entbehrlich lassen würde. „Der Kaiser ist verrathen, antwortete Wallenstein den Gesandten, ich bedaure ihn, aber ich vergeb’ ihm. Es ist klar, daß ihn der hochfahrende Sinn des Bayern dominirt. Zwar thut mirs <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0170" n="162"/> Privatstandes herunter stürzen. Eine solche Sentenz gegen einen solchen Verbrecher zu vollstrecken, schien nicht viel weniger Kunst zu kosten, als es gekostet hatte, sie dem Richter zu entreißen. Auch hatte man deswegen die Vorsicht gebraucht, zwey von Wallensteins genauesten Freunden zu Ueberbringern dieser schlimmen Bothschaft zu wählen, welche durch die schmeichelhaftesten Zusicherungen der fortdauernden kaiserlichen Gnade so sehr als möglich gemildert werden sollte.</p> <p>Wallenstein wußte längst den ganzen Inhalt ihrer Sendung, als die Abgesandten des Kaisers ihm vor die Augen traten. Er hatte Zeit gehabt, sich zu sammeln, und sein Gesicht zeigte Heiterkeit, während daß Schmerz und Wuth in seinem Busen stürmten. Aber er hatte beschlossen zu gehorchen. Dieser Urtheilsspruch überraschte ihn, ehe zu einem kühnen Schritte die Umstände reif, und die Anstalten fertig waren. Seine weitläuftigen Güter waren in Böhmen und Mähren zerstreut; durch Einziehung derselben konnte der Kaiser ihm den Nerven seiner Macht zerschneiden. Von der Zukunft erwartete er Genugthuung, und in dieser Hoffnung bestärkten ihn die Prophezeihungen eines Italienischen Astrologen, der diesen ungebändigten Geist, gleich einem Knaben, am Gängelbande führte. Seni, so hieß er, hatte es in den Sternen gelesen, daß die glänzende Laufbahn seines Herrn noch lange nicht geendigt sey, daß ihm die Zukunft noch ein schimmerndes Glück aufbewahre. Man brauchte die Sterne nicht zu bemühen, um mit Wahrscheinlichkeit vorher zu sagen, daß ein Feind wie <persName>Gustav Adolph</persName>, einen General wie Wallenstein nicht lange entbehrlich lassen würde.</p> <p>„Der Kaiser ist verrathen, antwortete Wallenstein den Gesandten, ich bedaure ihn, aber ich vergeb’ ihm. Es ist klar, daß ihn der hochfahrende Sinn des Bayern dominirt. Zwar thut mirs </p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0170]
Privatstandes herunter stürzen. Eine solche Sentenz gegen einen solchen Verbrecher zu vollstrecken, schien nicht viel weniger Kunst zu kosten, als es gekostet hatte, sie dem Richter zu entreißen. Auch hatte man deswegen die Vorsicht gebraucht, zwey von Wallensteins genauesten Freunden zu Ueberbringern dieser schlimmen Bothschaft zu wählen, welche durch die schmeichelhaftesten Zusicherungen der fortdauernden kaiserlichen Gnade so sehr als möglich gemildert werden sollte.
Wallenstein wußte längst den ganzen Inhalt ihrer Sendung, als die Abgesandten des Kaisers ihm vor die Augen traten. Er hatte Zeit gehabt, sich zu sammeln, und sein Gesicht zeigte Heiterkeit, während daß Schmerz und Wuth in seinem Busen stürmten. Aber er hatte beschlossen zu gehorchen. Dieser Urtheilsspruch überraschte ihn, ehe zu einem kühnen Schritte die Umstände reif, und die Anstalten fertig waren. Seine weitläuftigen Güter waren in Böhmen und Mähren zerstreut; durch Einziehung derselben konnte der Kaiser ihm den Nerven seiner Macht zerschneiden. Von der Zukunft erwartete er Genugthuung, und in dieser Hoffnung bestärkten ihn die Prophezeihungen eines Italienischen Astrologen, der diesen ungebändigten Geist, gleich einem Knaben, am Gängelbande führte. Seni, so hieß er, hatte es in den Sternen gelesen, daß die glänzende Laufbahn seines Herrn noch lange nicht geendigt sey, daß ihm die Zukunft noch ein schimmerndes Glück aufbewahre. Man brauchte die Sterne nicht zu bemühen, um mit Wahrscheinlichkeit vorher zu sagen, daß ein Feind wie Gustav Adolph, einen General wie Wallenstein nicht lange entbehrlich lassen würde.
„Der Kaiser ist verrathen, antwortete Wallenstein den Gesandten, ich bedaure ihn, aber ich vergeb’ ihm. Es ist klar, daß ihn der hochfahrende Sinn des Bayern dominirt. Zwar thut mirs
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |