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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Bißthümer standen auf der Liste; ausser diesen eine unübersehliche Anzahl von Klöstern, welche die Protestanten sich zugeeignet hatten. Dieses Edikt war ein Donnerschlag für das ganze protestantische Deutschland; schrecklich schon an sich selbst durch das, was es wirklich nahm; schrecklicher noch durch das, was er für die Zukunft befürchten ließ, und wovon man es nur als einen Vorläufer betrachtete. Jezt sahen es die Protestanten als ausgemacht an, daß der Untergang ihrer Religion von dem Kaiser und der katholischen Ligue beschlossen sey, und daß der Untergang Deutscher Freyheit ihr bald nachfolgen werde. Auf keine Gegenvorstellung ward geachtet, die Kommissarien wurden ernannt, und eine Armee zusammen gezogen, ihnen Gehorsam zu verschaffen. Mit Augsburg, wo der Friede geschlossen worden, machte man den Anfang; die Stadt mußte unter die Gerichtsbarkeit ihres Bischofs zurück treten, und sechs protestantische Kirchen wurden darin geschlossen. Eben so mußte der Herzog von Wirtemberg seine Klöster heraus geben. Dieser Ernst schreckte alle evangelische Reichsstände auf, aber ohne sie zu einem thätigen Widerstand begeistern zu können. Die Furcht vor des Kaisers Macht wirkte zu mächtig: schon fing ein grosser Theil an, sich zur Nachgiebigkeit zu neigen. Die Hoffnung, auf einem friedlichen Wege zu Erfüllung ihres Wunsches zu gelangen, bewog deswegen die Katholischen, mit Vollstreckung des Edikts noch ein Jahr lang zu zögern, und dieß rettete die Protestanten. Ehe diese Frist um war, hatte das Glück der Schwedischen Waffen die ganze Gestalt der Dinge verändert.

Auf einer Churfürstenversammlung zu Regensburg, welcher Ferdinand in Person beywohnte, (1630) sollte nun mit allem Ernst an der gänzlichen Beruhigung Deutschlands und an Hebung aller Beschwerden gearbeitet werden. Diese waren von Seiten der Katholischen nicht viel geringer, als

Bißthümer standen auf der Liste; ausser diesen eine unübersehliche Anzahl von Klöstern, welche die Protestanten sich zugeeignet hatten. Dieses Edikt war ein Donnerschlag für das ganze protestantische Deutschland; schrecklich schon an sich selbst durch das, was es wirklich nahm; schrecklicher noch durch das, was er für die Zukunft befürchten ließ, und wovon man es nur als einen Vorläufer betrachtete. Jezt sahen es die Protestanten als ausgemacht an, daß der Untergang ihrer Religion von dem Kaiser und der katholischen Ligue beschlossen sey, und daß der Untergang Deutscher Freyheit ihr bald nachfolgen werde. Auf keine Gegenvorstellung ward geachtet, die Kommissarien wurden ernannt, und eine Armee zusammen gezogen, ihnen Gehorsam zu verschaffen. Mit Augsburg, wo der Friede geschlossen worden, machte man den Anfang; die Stadt mußte unter die Gerichtsbarkeit ihres Bischofs zurück treten, und sechs protestantische Kirchen wurden darin geschlossen. Eben so mußte der Herzog von Wirtemberg seine Klöster heraus geben. Dieser Ernst schreckte alle evangelische Reichsstände auf, aber ohne sie zu einem thätigen Widerstand begeistern zu können. Die Furcht vor des Kaisers Macht wirkte zu mächtig: schon fing ein grosser Theil an, sich zur Nachgiebigkeit zu neigen. Die Hoffnung, auf einem friedlichen Wege zu Erfüllung ihres Wunsches zu gelangen, bewog deswegen die Katholischen, mit Vollstreckung des Edikts noch ein Jahr lang zu zögern, und dieß rettete die Protestanten. Ehe diese Frist um war, hatte das Glück der Schwedischen Waffen die ganze Gestalt der Dinge verändert.

Auf einer Churfürstenversammlung zu Regensburg, welcher Ferdinand in Person beywohnte, (1630) sollte nun mit allem Ernst an der gänzlichen Beruhigung Deutschlands und an Hebung aller Beschwerden gearbeitet werden. Diese waren von Seiten der Katholischen nicht viel geringer, als

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[155/0163] Bißthümer standen auf der Liste; ausser diesen eine unübersehliche Anzahl von Klöstern, welche die Protestanten sich zugeeignet hatten. Dieses Edikt war ein Donnerschlag für das ganze protestantische Deutschland; schrecklich schon an sich selbst durch das, was es wirklich nahm; schrecklicher noch durch das, was er für die Zukunft befürchten ließ, und wovon man es nur als einen Vorläufer betrachtete. Jezt sahen es die Protestanten als ausgemacht an, daß der Untergang ihrer Religion von dem Kaiser und der katholischen Ligue beschlossen sey, und daß der Untergang Deutscher Freyheit ihr bald nachfolgen werde. Auf keine Gegenvorstellung ward geachtet, die Kommissarien wurden ernannt, und eine Armee zusammen gezogen, ihnen Gehorsam zu verschaffen. Mit Augsburg, wo der Friede geschlossen worden, machte man den Anfang; die Stadt mußte unter die Gerichtsbarkeit ihres Bischofs zurück treten, und sechs protestantische Kirchen wurden darin geschlossen. Eben so mußte der Herzog von Wirtemberg seine Klöster heraus geben. Dieser Ernst schreckte alle evangelische Reichsstände auf, aber ohne sie zu einem thätigen Widerstand begeistern zu können. Die Furcht vor des Kaisers Macht wirkte zu mächtig: schon fing ein grosser Theil an, sich zur Nachgiebigkeit zu neigen. Die Hoffnung, auf einem friedlichen Wege zu Erfüllung ihres Wunsches zu gelangen, bewog deswegen die Katholischen, mit Vollstreckung des Edikts noch ein Jahr lang zu zögern, und dieß rettete die Protestanten. Ehe diese Frist um war, hatte das Glück der Schwedischen Waffen die ganze Gestalt der Dinge verändert. Auf einer Churfürstenversammlung zu Regensburg, welcher Ferdinand in Person beywohnte, (1630) sollte nun mit allem Ernst an der gänzlichen Beruhigung Deutschlands und an Hebung aller Beschwerden gearbeitet werden. Diese waren von Seiten der Katholischen nicht viel geringer, als

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/163>, abgerufen am 23.11.2024.