Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

aber zu verhindern der König mit seiner ganzen Armee herbey eilte. Nachdem er diesen Ort mit allem nöthigen versehen, um eine lange Belagerung auszuhalten, suchte er sich durch das Eichsfeld und Thüringen einen neuen Weg in die ligistischen Länder zu eröffnen. Schon war er Duderstadt vorbey - aber durch schnelle Märsche hatte ihm Graf Tilly den Vorsprung abgewonnen. Da die Armee des lezten, durch einige Wallensteinische Regimenter verstärkt, der seinigen an Zahl weit überlegen war, so wendete sich der König in das Braunschweigische zurück, um eine Schlacht zu vermeiden. Aber auf eben diesem Rückzuge verfolgte ihn Tilly ohne Unterlaß, und nach einem dreytägigen Scharmüzel mußte er endlich bey dem Dorfe Lutter am Barenberg dem Feinde stehen. Die Dänen thaten den Angriff mit vieler Tapferkeit, und dreymal führte sie der muthvolle König gegen den Feind; endlich aber mußte der schwächere Theil der überlegenen Anzahl und bessern Kriegsübung des Feindes weichen, und ein vollkommener Sieg wurde von dem ligistischen Feldherrn erfochten. Sechzig Fahnen und die ganze Artillerie, Bagage und Munition ging verloren; viele edle Offiziere blieben todt auf dem Plaze, gegen 4000 von den Gemeinen; dreyßig Compagnien Fußvolk, die sich auf der Flucht in das Amthaus zu Lutter geworfen, streckten das Gewehr, und ergaben sich dem Sieger.

Der König entfloh mit seiner Reiterey, und sammelte sich nach diesem empfindlichen Schlage bald wieder. Tilly verfolgte seinen Sieg, bemächtigte sich der Weser und der Braunschweigischen Lande, und trieb den König bis in das Bremische zurück. Durch seine Niederlage schüchtern gemacht, wollte dieser nur vertheidigungsweise verfahren, besonders aber dem Feinde den Uebergang über die Elbe verwehren. Aber indem er in alle haltbaren Pläze Besazungen warf, blieb er unthätig mit einer getheilten Macht; die zerstreuten Corps wurden nach einander von dem

aber zu verhindern der König mit seiner ganzen Armee herbey eilte. Nachdem er diesen Ort mit allem nöthigen versehen, um eine lange Belagerung auszuhalten, suchte er sich durch das Eichsfeld und Thüringen einen neuen Weg in die ligistischen Länder zu eröffnen. Schon war er Duderstadt vorbey – aber durch schnelle Märsche hatte ihm Graf Tilly den Vorsprung abgewonnen. Da die Armee des lezten, durch einige Wallensteinische Regimenter verstärkt, der seinigen an Zahl weit überlegen war, so wendete sich der König in das Braunschweigische zurück, um eine Schlacht zu vermeiden. Aber auf eben diesem Rückzuge verfolgte ihn Tilly ohne Unterlaß, und nach einem dreytägigen Scharmüzel mußte er endlich bey dem Dorfe Lutter am Barenberg dem Feinde stehen. Die Dänen thaten den Angriff mit vieler Tapferkeit, und dreymal führte sie der muthvolle König gegen den Feind; endlich aber mußte der schwächere Theil der überlegenen Anzahl und bessern Kriegsübung des Feindes weichen, und ein vollkommener Sieg wurde von dem ligistischen Feldherrn erfochten. Sechzig Fahnen und die ganze Artillerie, Bagage und Munition ging verloren; viele edle Offiziere blieben todt auf dem Plaze, gegen 4000 von den Gemeinen; dreyßig Compagnien Fußvolk, die sich auf der Flucht in das Amthaus zu Lutter geworfen, streckten das Gewehr, und ergaben sich dem Sieger.

Der König entfloh mit seiner Reiterey, und sammelte sich nach diesem empfindlichen Schlage bald wieder. Tilly verfolgte seinen Sieg, bemächtigte sich der Weser und der Braunschweigischen Lande, und trieb den König bis in das Bremische zurück. Durch seine Niederlage schüchtern gemacht, wollte dieser nur vertheidigungsweise verfahren, besonders aber dem Feinde den Uebergang über die Elbe verwehren. Aber indem er in alle haltbaren Pläze Besazungen warf, blieb er unthätig mit einer getheilten Macht; die zerstreuten Corps wurden nach einander von dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="139"/>
aber zu verhindern der König mit seiner ganzen Armee herbey           eilte. Nachdem er diesen Ort mit allem nöthigen versehen, um eine lange Belagerung           auszuhalten, suchte er sich durch das <placeName>Eichsfeld</placeName> und <placeName>Thüringen</placeName> einen neuen Weg in die           ligistischen Länder zu eröffnen. Schon war er Duderstadt vorbey &#x2013; aber durch schnelle           Märsche hatte ihm Graf Tilly den Vorsprung abgewonnen. Da die Armee des lezten, durch           einige Wallensteinische Regimenter verstärkt, der seinigen an Zahl weit überlegen war, so           wendete sich der König in das Braunschweigische zurück, um eine Schlacht zu vermeiden.           Aber auf eben diesem Rückzuge verfolgte ihn Tilly ohne Unterlaß, und nach einem           dreytägigen Scharmüzel mußte er endlich bey <hi rendition="#fr">dem Dorfe Lutter am             Barenberg</hi> dem Feinde stehen. Die Dänen thaten den Angriff mit vieler Tapferkeit,           und dreymal führte sie der muthvolle König gegen den Feind; endlich aber mußte der           schwächere Theil der überlegenen Anzahl und bessern Kriegsübung des Feindes weichen, und           ein vollkommener Sieg wurde von dem ligistischen Feldherrn erfochten. Sechzig Fahnen und           die ganze Artillerie, Bagage und Munition ging verloren; viele edle Offiziere blieben todt           auf dem Plaze, gegen 4000 von den Gemeinen; dreyßig Compagnien Fußvolk, die sich auf der           Flucht in das Amthaus zu Lutter geworfen, streckten das Gewehr, und ergaben sich dem           Sieger.</p>
        <p>Der König entfloh mit seiner Reiterey, und sammelte sich nach diesem empfindlichen           Schlage bald wieder. Tilly verfolgte seinen Sieg, bemächtigte sich der Weser und der           Braunschweigischen Lande, und trieb den König bis in das Bremische zurück. Durch seine           Niederlage schüchtern gemacht, wollte dieser nur vertheidigungsweise verfahren, besonders           aber dem Feinde den Uebergang über die Elbe verwehren. Aber indem er in alle haltbaren           Pläze Besazungen warf, blieb er unthätig mit einer getheilten Macht; die zerstreuten Corps           wurden nach einander von dem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0147] aber zu verhindern der König mit seiner ganzen Armee herbey eilte. Nachdem er diesen Ort mit allem nöthigen versehen, um eine lange Belagerung auszuhalten, suchte er sich durch das Eichsfeld und Thüringen einen neuen Weg in die ligistischen Länder zu eröffnen. Schon war er Duderstadt vorbey – aber durch schnelle Märsche hatte ihm Graf Tilly den Vorsprung abgewonnen. Da die Armee des lezten, durch einige Wallensteinische Regimenter verstärkt, der seinigen an Zahl weit überlegen war, so wendete sich der König in das Braunschweigische zurück, um eine Schlacht zu vermeiden. Aber auf eben diesem Rückzuge verfolgte ihn Tilly ohne Unterlaß, und nach einem dreytägigen Scharmüzel mußte er endlich bey dem Dorfe Lutter am Barenberg dem Feinde stehen. Die Dänen thaten den Angriff mit vieler Tapferkeit, und dreymal führte sie der muthvolle König gegen den Feind; endlich aber mußte der schwächere Theil der überlegenen Anzahl und bessern Kriegsübung des Feindes weichen, und ein vollkommener Sieg wurde von dem ligistischen Feldherrn erfochten. Sechzig Fahnen und die ganze Artillerie, Bagage und Munition ging verloren; viele edle Offiziere blieben todt auf dem Plaze, gegen 4000 von den Gemeinen; dreyßig Compagnien Fußvolk, die sich auf der Flucht in das Amthaus zu Lutter geworfen, streckten das Gewehr, und ergaben sich dem Sieger. Der König entfloh mit seiner Reiterey, und sammelte sich nach diesem empfindlichen Schlage bald wieder. Tilly verfolgte seinen Sieg, bemächtigte sich der Weser und der Braunschweigischen Lande, und trieb den König bis in das Bremische zurück. Durch seine Niederlage schüchtern gemacht, wollte dieser nur vertheidigungsweise verfahren, besonders aber dem Feinde den Uebergang über die Elbe verwehren. Aber indem er in alle haltbaren Pläze Besazungen warf, blieb er unthätig mit einer getheilten Macht; die zerstreuten Corps wurden nach einander von dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/147
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/147>, abgerufen am 01.05.2024.