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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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Die eine sind Sie mir schuldig, und es wird Ihr
Schade nicht seyn, wenn Sie mich über den andern
befriedigen."

"Meine Rolle ist ausgespielt," versezte der Si¬
cilianer. "Mein Schicksal steht in Ihren
Händen."

"Ihre Aufrichtigkeit allein ist es, die es erleich¬
tern kann."

"Fragen Sie, gnädigster Herr. Ich bin be¬
reit zu antworten, denn ich habe nichts mehr zu
verlieren."

"Sie haben mich das Gesicht des Armeniers
in Ihrem Spiegel sehen lassen. Wodurch bewirk¬
ten Sie dieses?"

"Es war kein Spiegel, was Sie gesehen ha¬
ben. Ein bloßes Pastellgemählde hinter einem Glas,
das einen Mann in armenischer Kleidung vorstellte,
hat Sie getäuscht. Meine Geschwindigkeit, die
Dämmerung, Ihr Erstaunen unterstützten diesen
Betrug. Das Bild selbst wird sich unter den übri¬
gen Sachen finden, die man in dem Gasthof in
Beschlag genommen hat."

"Aber wie konnten Sie meine Gedanken so gut
wissen, und gerade auf den Armenier rathen?"

"Dieses war gar nicht schwer, gnädigster
Herr. Ohne Zweifel haben Sie sich bey Tische in
Gegenwart Ihrer Bedienten über die Begebenheit
öfters herausgelassen, die sich zwischen Ihnen und
diesem Armenier ereignet hat. Einer von meinen
Leuten machte mit einem Jäger zufälliger Weise in
der Giudecca Bekanntschaft, aus welchem er nach

und
C 5

Die eine ſind Sie mir ſchuldig, und es wird Ihr
Schade nicht ſeyn, wenn Sie mich über den andern
befriedigen.“

„Meine Rolle iſt ausgeſpielt,“ verſezte der Si¬
cilianer. „Mein Schickſal ſteht in Ihren
Händen.“

„Ihre Aufrichtigkeit allein iſt es, die es erleich¬
tern kann.“

„Fragen Sie, gnädigſter Herr. Ich bin be¬
reit zu antworten, denn ich habe nichts mehr zu
verlieren.“

„Sie haben mich das Geſicht des Armeniers
in Ihrem Spiegel ſehen laſſen. Wodurch bewirk¬
ten Sie dieſes?“

„Es war kein Spiegel, was Sie geſehen ha¬
ben. Ein bloßes Paſtellgemählde hinter einem Glas,
das einen Mann in armeniſcher Kleidung vorſtellte,
hat Sie getäuſcht. Meine Geſchwindigkeit, die
Dämmerung, Ihr Erſtaunen unterſtützten dieſen
Betrug. Das Bild ſelbſt wird ſich unter den übri¬
gen Sachen finden, die man in dem Gaſthof in
Beſchlag genommen hat.“

„Aber wie konnten Sie meine Gedanken ſo gut
wiſſen, und gerade auf den Armenier rathen?“

„Dieſes war gar nicht ſchwer, gnädigſter
Herr. Ohne Zweifel haben Sie ſich bey Tiſche in
Gegenwart Ihrer Bedienten über die Begebenheit
öfters herausgelaſſen, die ſich zwiſchen Ihnen und
dieſem Armenier ereignet hat. Einer von meinen
Leuten machte mit einem Jäger zufälliger Weiſe in
der Giudecca Bekanntſchaft, aus welchem er nach

und
C 5
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[41/0049] Die eine ſind Sie mir ſchuldig, und es wird Ihr Schade nicht ſeyn, wenn Sie mich über den andern befriedigen.“ „Meine Rolle iſt ausgeſpielt,“ verſezte der Si¬ cilianer. „Mein Schickſal ſteht in Ihren Händen.“ „Ihre Aufrichtigkeit allein iſt es, die es erleich¬ tern kann.“ „Fragen Sie, gnädigſter Herr. Ich bin be¬ reit zu antworten, denn ich habe nichts mehr zu verlieren.“ „Sie haben mich das Geſicht des Armeniers in Ihrem Spiegel ſehen laſſen. Wodurch bewirk¬ ten Sie dieſes?“ „Es war kein Spiegel, was Sie geſehen ha¬ ben. Ein bloßes Paſtellgemählde hinter einem Glas, das einen Mann in armeniſcher Kleidung vorſtellte, hat Sie getäuſcht. Meine Geſchwindigkeit, die Dämmerung, Ihr Erſtaunen unterſtützten dieſen Betrug. Das Bild ſelbſt wird ſich unter den übri¬ gen Sachen finden, die man in dem Gaſthof in Beſchlag genommen hat.“ „Aber wie konnten Sie meine Gedanken ſo gut wiſſen, und gerade auf den Armenier rathen?“ „Dieſes war gar nicht ſchwer, gnädigſter Herr. Ohne Zweifel haben Sie ſich bey Tiſche in Gegenwart Ihrer Bedienten über die Begebenheit öfters herausgelaſſen, die ſich zwiſchen Ihnen und dieſem Armenier ereignet hat. Einer von meinen Leuten machte mit einem Jäger zufälliger Weiſe in der Giudecca Bekanntſchaft, aus welchem er nach und C 5

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/49>, abgerufen am 24.11.2024.