Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.Ein unsichtbares Wesen, dem ich nicht entfliehen Die Sonne neigte sich zum Untergang, als wir gangen
Ein unſichtbares Weſen, dem ich nicht entfliehen Die Sonne neigte ſich zum Untergang, als wir gangen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0026" n="18"/> Ein unſichtbares Weſen, dem ich nicht entfliehen<lb/> kann, bewacht alle meine Schritte. Ich muß den<lb/> Armenier aufſuchen und muß Licht von ihm haben.“</p><lb/> <p>Die Sonne neigte ſich zum Untergang, als wir<lb/> vor dem Luſthauſe ankamen, wo das Abendeſſen<lb/> ſervirt war. Der Name des Prinzen hatte unſere<lb/> Geſellſchaft bis zu ſechzehn Perſonen vergrößert.<lb/> Auſſer den oben erwähnten war noch ein Virtuoſe<lb/> aus Rom, einige Schweizer und ein Avanturier<lb/> aus Palermo, der Uniform trug und ſich für einen<lb/> Kapitain ausgab, zu uns geſtoßen. Es ward be¬<lb/> ſchloſſen, den ganzen Abend hier zuzubringen, und<lb/> mit Fackeln nach Hauſe zu fahren. Die Unterhal¬<lb/> tung bey Tiſche war ſehr lebhaft, und der Prinz<lb/> konnte nicht umhin, die Begebenheit mit dem<lb/> Schlüſſel zu erzählen, welche eine allgemeine Ver¬<lb/> wunderung erregte. Es wurde heftig über dieſe<lb/> Materie geſtritten. Die meiſten aus der Geſellſchaft<lb/> behaupteten dreiſt weg, daß alle dieſe geheimen Künſte<lb/> auf eine Taſchenſpielerey hinausliefen; der Abbe',<lb/> der ſchon viel Wein bey ſich hatte, foderte das<lb/> ganze Geiſterreich in die Schranken heraus; der<lb/> Engländer ſagte Blaſphemien; der Muſikus mach¬<lb/> te das Kreuz vor dem Teufel. Wenige, worunter<lb/> der Prinz war, hielten dafür, daß man ſein Urtheil<lb/> über dieſe Dinge zurückhalten müſſe; während deſ¬<lb/> ſen unterhielt ſich der ruſſiſche Offizier mit den<lb/> Frauenzimmern, und ſchien das ganze Geſpräch<lb/> nicht zu achten. In der Hitze des Streits hatte<lb/> man nicht bemerkt, daß der Sicilianer hinaus ge¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gangen<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0026]
Ein unſichtbares Weſen, dem ich nicht entfliehen
kann, bewacht alle meine Schritte. Ich muß den
Armenier aufſuchen und muß Licht von ihm haben.“
Die Sonne neigte ſich zum Untergang, als wir
vor dem Luſthauſe ankamen, wo das Abendeſſen
ſervirt war. Der Name des Prinzen hatte unſere
Geſellſchaft bis zu ſechzehn Perſonen vergrößert.
Auſſer den oben erwähnten war noch ein Virtuoſe
aus Rom, einige Schweizer und ein Avanturier
aus Palermo, der Uniform trug und ſich für einen
Kapitain ausgab, zu uns geſtoßen. Es ward be¬
ſchloſſen, den ganzen Abend hier zuzubringen, und
mit Fackeln nach Hauſe zu fahren. Die Unterhal¬
tung bey Tiſche war ſehr lebhaft, und der Prinz
konnte nicht umhin, die Begebenheit mit dem
Schlüſſel zu erzählen, welche eine allgemeine Ver¬
wunderung erregte. Es wurde heftig über dieſe
Materie geſtritten. Die meiſten aus der Geſellſchaft
behaupteten dreiſt weg, daß alle dieſe geheimen Künſte
auf eine Taſchenſpielerey hinausliefen; der Abbe',
der ſchon viel Wein bey ſich hatte, foderte das
ganze Geiſterreich in die Schranken heraus; der
Engländer ſagte Blaſphemien; der Muſikus mach¬
te das Kreuz vor dem Teufel. Wenige, worunter
der Prinz war, hielten dafür, daß man ſein Urtheil
über dieſe Dinge zurückhalten müſſe; während deſ¬
ſen unterhielt ſich der ruſſiſche Offizier mit den
Frauenzimmern, und ſchien das ganze Geſpräch
nicht zu achten. In der Hitze des Streits hatte
man nicht bemerkt, daß der Sicilianer hinaus ge¬
gangen
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