Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789."Wir sehen sie also in der moralischen Welt "Aber wir haben gehört, daß dieses Wesen nur Das J 3
„Wir ſehen ſie alſo in der moraliſchen Welt „Aber wir haben gehört, daß dieſes Weſen nur Das J 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0141" n="133"/> <p>„Wir ſehen ſie alſo in der moraliſchen Welt<lb/> ihre bisherige Ordnung verlaſſen, ja ſogar mit<lb/> ſich ſelbſt in einen anſcheinenden Streit gerathen.<lb/> In jedem moraliſchen Weſen legt ſie ein neues Cen¬<lb/> trum an, einen Staat im Staate, gleichſam als<lb/> hätte ſie ihren allgemeinen Zweck ganz aus den Au¬<lb/> gen verloren. Gegen dieſes Centrum müſſen ſich<lb/> alle Thätigkeiten dieſes Weſens mit einem Zwange<lb/> neigen, wie ſie ihn in der phyſiſchen Welt durch<lb/> die Schwerkraft ausübt. Dieſes Weſen iſt auf die<lb/> Art in ſich ſelbſt gegründet, ein wahres und wirk¬<lb/> liches Ganze, durch dieſen Fall zu ſeinem Centrum<lb/> dazu gebildet, eben ſo wie der Planet der Erde<lb/> durch die Schwerkraft zur Kugel ward, und als<lb/> Kugel fortdauert. Bis hieher ſcheint ſie ſich ſelbſt<lb/> ganz vergeſſen zu haben.“</p><lb/> <p>„Aber wir haben gehört, daß dieſes Weſen nur<lb/> vorhanden iſt, um die moraliſchen Erſcheinungen<lb/> hervor zu bringen, deren ſie bedurfte; die Frey¬<lb/> heit dieſes Weſens, oder ſein Vermögen ſich ſelbſt<lb/> zu bewegen, mußte alſo dem Zweck unterworfen<lb/> werden, zu welchem ſie es beſtimmte. Wollte ſie<lb/> alſo über die Wirkungen Meiſter bleiben, die es<lb/> leiſtete, ſo mußte ſie ſich des Principiums bemäch¬<lb/> tigen, wornach ſich das moraliſche Weſen beweget.<lb/> Was konnte ſie daher anders thun, als <hi rendition="#g">ihren</hi><lb/> Zweck mit dieſem Weſen an das Principium an¬<lb/> ſchließen, wodurch es regiert wird, oder mit andern<lb/> Worten, ſeine zweckmäßige Thätigkeit zur noth¬<lb/> wendigen Bedingung ſeiner Glückſeligkeit ma¬<lb/> chen?“</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 3<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">Das<lb/></fw> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0141]
„Wir ſehen ſie alſo in der moraliſchen Welt
ihre bisherige Ordnung verlaſſen, ja ſogar mit
ſich ſelbſt in einen anſcheinenden Streit gerathen.
In jedem moraliſchen Weſen legt ſie ein neues Cen¬
trum an, einen Staat im Staate, gleichſam als
hätte ſie ihren allgemeinen Zweck ganz aus den Au¬
gen verloren. Gegen dieſes Centrum müſſen ſich
alle Thätigkeiten dieſes Weſens mit einem Zwange
neigen, wie ſie ihn in der phyſiſchen Welt durch
die Schwerkraft ausübt. Dieſes Weſen iſt auf die
Art in ſich ſelbſt gegründet, ein wahres und wirk¬
liches Ganze, durch dieſen Fall zu ſeinem Centrum
dazu gebildet, eben ſo wie der Planet der Erde
durch die Schwerkraft zur Kugel ward, und als
Kugel fortdauert. Bis hieher ſcheint ſie ſich ſelbſt
ganz vergeſſen zu haben.“
„Aber wir haben gehört, daß dieſes Weſen nur
vorhanden iſt, um die moraliſchen Erſcheinungen
hervor zu bringen, deren ſie bedurfte; die Frey¬
heit dieſes Weſens, oder ſein Vermögen ſich ſelbſt
zu bewegen, mußte alſo dem Zweck unterworfen
werden, zu welchem ſie es beſtimmte. Wollte ſie
alſo über die Wirkungen Meiſter bleiben, die es
leiſtete, ſo mußte ſie ſich des Principiums bemäch¬
tigen, wornach ſich das moraliſche Weſen beweget.
Was konnte ſie daher anders thun, als ihren
Zweck mit dieſem Weſen an das Principium an¬
ſchließen, wodurch es regiert wird, oder mit andern
Worten, ſeine zweckmäßige Thätigkeit zur noth¬
wendigen Bedingung ſeiner Glückſeligkeit ma¬
chen?“
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