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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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und nach so viel zu ziehen wußte, als mir zu wis¬
sen nöthig war."

"Wo ist dieser Jäger?" fragte der Prinz.
"Ich vermisse ihn, und ganz gewiß wissen Sie um
seine Entweichung."

"Ich schwöre Ihnen, daß ich nicht das gering¬
ste davon weiß, gnädigster Herr. Ich selbst hab'
ihn nie gesehen, und nie eine andre Absicht mit
ihm gehabt, als die eben gemeldete."
"Fahren Sie fort," sagte der Prinz.

"Auf diesem Wege nun erhielt ich überhaupt
auch die erste Nachricht von Ihrem Aufenthalt und
Ihren Begebenheiten in Venedig, und sogleich ent¬
schloß ich mich, sie zu nützen. Sie sehen, gnä¬
digster Herr, daß ich aufrichtig bin. Ich wußte
von Ihrer vorhabenden Spazierfahrt auf der
Brenta; ich hatte mich darauf versehen, und ein
Schlüssel, der Ihnen von ungefähr entfiel, gab
mir die erste Gelegenheit, meine Kunst an Ihnen
zu versuchen."

"Wie? So hätte ich mich also geirret? Das
Stückchen mit dem Schlüssel war Ihr Werk, und
nicht des Armeniers? Der Schlüssel, sagen Sie,
wäre mir entfallen?"

"Als Sie die Börse zogen -- und ich nahm
den Augenblick wahr, da mich niemand beobachte¬
te, ihn schnell mit dem Fuße zu verdecken. Die
Person, bey der Sie die Lotterieloose nahmen,
war im Verständniß mit mir. Sie ließ Sie aus
einem Gefäße ziehen, wo keine Niete zu holen war,

und

und nach ſo viel zu ziehen wußte, als mir zu wiſ¬
ſen nöthig war.“

„Wo iſt dieſer Jäger?“ fragte der Prinz.
„Ich vermiſſe ihn, und ganz gewiß wiſſen Sie um
ſeine Entweichung.“

„Ich ſchwöre Ihnen, daß ich nicht das gering¬
ſte davon weiß, gnädigſter Herr. Ich ſelbſt hab'
ihn nie geſehen, und nie eine andre Abſicht mit
ihm gehabt, als die eben gemeldete.“
„Fahren Sie fort,“ ſagte der Prinz.

„Auf dieſem Wege nun erhielt ich überhaupt
auch die erſte Nachricht von Ihrem Aufenthalt und
Ihren Begebenheiten in Venedig, und ſogleich ent¬
ſchloß ich mich, ſie zu nützen. Sie ſehen, gnä¬
digſter Herr, daß ich aufrichtig bin. Ich wußte
von Ihrer vorhabenden Spazierfahrt auf der
Brenta; ich hatte mich darauf verſehen, und ein
Schlüſſel, der Ihnen von ungefähr entfiel, gab
mir die erſte Gelegenheit, meine Kunſt an Ihnen
zu verſuchen.“

„Wie? So hätte ich mich alſo geirret? Das
Stückchen mit dem Schlüſſel war Ihr Werk, und
nicht des Armeniers? Der Schlüſſel, ſagen Sie,
wäre mir entfallen?“

„Als Sie die Börſe zogen — und ich nahm
den Augenblick wahr, da mich niemand beobachte¬
te, ihn ſchnell mit dem Fuße zu verdecken. Die
Perſon, bey der Sie die Lotterielooſe nahmen,
war im Verſtändniß mit mir. Sie ließ Sie aus
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[42/0050] und nach ſo viel zu ziehen wußte, als mir zu wiſ¬ ſen nöthig war.“ „Wo iſt dieſer Jäger?“ fragte der Prinz. „Ich vermiſſe ihn, und ganz gewiß wiſſen Sie um ſeine Entweichung.“ „Ich ſchwöre Ihnen, daß ich nicht das gering¬ ſte davon weiß, gnädigſter Herr. Ich ſelbſt hab' ihn nie geſehen, und nie eine andre Abſicht mit ihm gehabt, als die eben gemeldete.“ „Fahren Sie fort,“ ſagte der Prinz. „Auf dieſem Wege nun erhielt ich überhaupt auch die erſte Nachricht von Ihrem Aufenthalt und Ihren Begebenheiten in Venedig, und ſogleich ent¬ ſchloß ich mich, ſie zu nützen. Sie ſehen, gnä¬ digſter Herr, daß ich aufrichtig bin. Ich wußte von Ihrer vorhabenden Spazierfahrt auf der Brenta; ich hatte mich darauf verſehen, und ein Schlüſſel, der Ihnen von ungefähr entfiel, gab mir die erſte Gelegenheit, meine Kunſt an Ihnen zu verſuchen.“ „Wie? So hätte ich mich alſo geirret? Das Stückchen mit dem Schlüſſel war Ihr Werk, und nicht des Armeniers? Der Schlüſſel, ſagen Sie, wäre mir entfallen?“ „Als Sie die Börſe zogen — und ich nahm den Augenblick wahr, da mich niemand beobachte¬ te, ihn ſchnell mit dem Fuße zu verdecken. Die Perſon, bey der Sie die Lotterielooſe nahmen, war im Verſtändniß mit mir. Sie ließ Sie aus einem Gefäße ziehen, wo keine Niete zu holen war, und

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/50>, abgerufen am 30.11.2024.