Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Warum denn nicht? Warum nicht? -- Omein König, wie viele Wunden meiner Seele fangen zu bluten an mit der Erinnerung! Warum von Ihrem Herzen mich so lange verstoßen, Vater? Was hab' ich gethan? Unsel'ger Argwohn, ew'ger Busenwurm der Könige, der auch die feste Schlinge des heiligen Instinkts zernagt! -- Ist's mög- lich? Schon drei und zwanzig Jahre nennt die Welt mich Philipps Sohn -- nur Er hat's nie erfahren. Philipp. Infant, Dein Herz weiß nichts von diesen Künsten. Erspare sie, ich mag sie nicht. Karlos aufstehend. Das war es! da hör' ich Ihre Höflinge -- Mein Vater, es ist nicht gut, bei Gott! nicht alles gut, nicht alles, was ein Priester sagt, nicht alles, was eines Priesters Kreaturen sagen. Ich bin nicht schlimm, mein Vater -- heißes Blut Dom Karlos. Warum denn nicht? Warum nicht? — Omein König, wie viele Wunden meiner Seele fangen zu bluten an mit der Erinnerung! Warum von Ihrem Herzen mich ſo lange verſtoßen, Vater? Was hab’ ich gethan? Unſel’ger Argwohn, ew’ger Buſenwurm der Könige, der auch die feſte Schlinge des heiligen Inſtinkts zernagt! — Iſt’s mög- lich? Schon drei und zwanzig Jahre nennt die Welt mich Philipps Sohn — nur Er hat’s nie erfahren. Philipp. Infant, Dein Herz weiß nichts von dieſen Künſten. Erſpare ſie, ich mag ſie nicht. Karlos aufſtehend. Das war es! da hör’ ich Ihre Höflinge — Mein Vater, es iſt nicht gut, bei Gott! nicht alles gut, nicht alles, was ein Prieſter ſagt, nicht alles, was eines Prieſters Kreaturen ſagen. Ich bin nicht ſchlimm, mein Vater — heißes Blut <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KAR"> <pb facs="#f0094" n="84"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> <p>Warum denn nicht? Warum nicht? — O<lb/> mein König,<lb/> wie viele Wunden meiner Seele fangen<lb/> zu bluten an mit <hi rendition="#g">der</hi> Erinnerung!<lb/> Warum von Ihrem Herzen mich ſo lange<lb/> verſtoßen, Vater? Was hab’ ich gethan?<lb/> Unſel’ger Argwohn, ew’ger Buſenwurm<lb/> der Könige, der auch die feſte Schlinge<lb/> des heiligen Inſtinkts zernagt! — Iſt’s mög-<lb/> lich?</p><lb/> <p>Schon drei und zwanzig Jahre nennt die Welt<lb/> mich Philipps Sohn — nur Er hat’s nie<lb/> erfahren.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Philipp</hi>.</speaker><lb/> <p>Infant, Dein Herz weiß nichts von dieſen<lb/> Künſten.</p><lb/> <p>Erſpare ſie, ich mag ſie nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Karlos</hi> </speaker> <stage>aufſtehend.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Das war es!</hi><lb/> da hör’ ich Ihre Höflinge — Mein Vater,<lb/> es iſt nicht gut, bei Gott! nicht alles gut,<lb/> nicht alles, was ein Prieſter ſagt, nicht alles,<lb/> was eines Prieſters Kreaturen ſagen.<lb/> Ich bin nicht ſchlimm, mein Vater — heißes<lb/> Blut<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0094]
Dom Karlos.
Warum denn nicht? Warum nicht? — O
mein König,
wie viele Wunden meiner Seele fangen
zu bluten an mit der Erinnerung!
Warum von Ihrem Herzen mich ſo lange
verſtoßen, Vater? Was hab’ ich gethan?
Unſel’ger Argwohn, ew’ger Buſenwurm
der Könige, der auch die feſte Schlinge
des heiligen Inſtinkts zernagt! — Iſt’s mög-
lich?
Schon drei und zwanzig Jahre nennt die Welt
mich Philipps Sohn — nur Er hat’s nie
erfahren.
Philipp.
Infant, Dein Herz weiß nichts von dieſen
Künſten.
Erſpare ſie, ich mag ſie nicht.
Karlos aufſtehend.
Das war es!
da hör’ ich Ihre Höflinge — Mein Vater,
es iſt nicht gut, bei Gott! nicht alles gut,
nicht alles, was ein Prieſter ſagt, nicht alles,
was eines Prieſters Kreaturen ſagen.
Ich bin nicht ſchlimm, mein Vater — heißes
Blut
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