Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. heraufzuführen über diese Reiche.Der König schenkte mir sein Herz. Er nannte mich seinen Sohn -- Ich führe seine Siegel, und seine Alba sind nicht mehr. Er hält inne und sieht einige Augenblicke stillschweigend auf die Königinn. Sie weinen -- O diese Thränen kenn' ich, schöne Seele; die Freude macht sie fließen. Doch vorbei, es ist vorbei. Karl oder ich. Die Wahl war schnell und schrecklich. Einer war ver- loren; und ich will dieser Eine sein -- ich lieber -- Verlangen Sie nicht mehr zu wissen. Königinn. Jetzt, jetzt endlich fang' ich an, Sie zu begreifen -- Unglücklicher, was haben Sie gethan? Marquis. Zwo kurze Abendstunden hingegeben, um einen hellen Sommertag zu retten. Den König geb' ich auf. Was kann ich auch dem König sein? -- In diesem starren Bo- den blüht keine meiner Rosen mehr -- Das waren Dom Karlos. heraufzuführen über dieſe Reiche.Der König ſchenkte mir ſein Herz. Er nannte mich ſeinen Sohn — Ich führe ſeine Siegel, und ſeine Alba ſind nicht mehr. Er hält inne und ſieht einige Augenblicke ſtillſchweigend auf die Königinn. Sie weinen — O dieſe Thränen kenn’ ich, ſchöne Seele; die Freude macht ſie fließen. Doch vorbei, es iſt vorbei. Karl oder ich. Die Wahl war ſchnell und ſchrecklich. Einer war ver- loren; und ich will dieſer Eine ſein — ich lieber — Verlangen Sie nicht mehr zu wiſſen. Königinn. Jetzt, jetzt endlich fang’ ich an, Sie zu begreifen — Unglücklicher, was haben Sie gethan? Marquis. Zwo kurze Abendſtunden hingegeben, um einen hellen Sommertag zu retten. Den König geb’ ich auf. Was kann ich auch dem König ſein? — In dieſem ſtarren Bo- den blüht keine meiner Roſen mehr — Das waren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#MAR"> <p><pb facs="#f0408" n="396"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> heraufzuführen über dieſe Reiche.<lb/> Der König ſchenkte mir ſein Herz. Er nannte<lb/> mich ſeinen Sohn — Ich führe ſeine Siegel,<lb/> und ſeine Alba ſind nicht mehr.</p><lb/> <stage>Er hält inne und ſieht einige Augenblicke ſtillſchweigend<lb/> auf die Königinn.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Sie weinen —</hi><lb/> O dieſe Thränen kenn’ ich, ſchöne Seele;<lb/> die Freude macht ſie fließen. Doch vorbei,<lb/> es iſt vorbei. Karl oder ich. Die Wahl<lb/> war ſchnell und ſchrecklich. Einer war ver-<lb/> loren;<lb/> und <hi rendition="#g">ich</hi> will dieſer Eine ſein — ich lieber —<lb/> Verlangen Sie nicht mehr zu wiſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGI"> <speaker><hi rendition="#g">Königinn</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Jetzt,</hi><lb/> jetzt endlich fang’ ich an, Sie zu begreifen —<lb/> Unglücklicher, was haben Sie gethan?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/> <p>Zwo kurze Abendſtunden hingegeben,<lb/> um einen hellen Sommertag zu retten.<lb/> Den König geb’ ich auf. Was kann ich auch<lb/> dem König ſein? — In dieſem ſtarren Bo-<lb/> den<lb/> blüht keine meiner Roſen mehr — Das waren<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [396/0408]
Dom Karlos.
heraufzuführen über dieſe Reiche.
Der König ſchenkte mir ſein Herz. Er nannte
mich ſeinen Sohn — Ich führe ſeine Siegel,
und ſeine Alba ſind nicht mehr.
Er hält inne und ſieht einige Augenblicke ſtillſchweigend
auf die Königinn.
Sie weinen —
O dieſe Thränen kenn’ ich, ſchöne Seele;
die Freude macht ſie fließen. Doch vorbei,
es iſt vorbei. Karl oder ich. Die Wahl
war ſchnell und ſchrecklich. Einer war ver-
loren;
und ich will dieſer Eine ſein — ich lieber —
Verlangen Sie nicht mehr zu wiſſen.
Königinn.
Jetzt,
jetzt endlich fang’ ich an, Sie zu begreifen —
Unglücklicher, was haben Sie gethan?
Marquis.
Zwo kurze Abendſtunden hingegeben,
um einen hellen Sommertag zu retten.
Den König geb’ ich auf. Was kann ich auch
dem König ſein? — In dieſem ſtarren Bo-
den
blüht keine meiner Roſen mehr — Das waren
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