Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Eboli. Und warum -- warum er stirbt! -- O hätt' ich wissen kön- nen, daß es bis dahin kommen würde! Königinn nimmt sie gütig bei der Hand. Fürstinn, noch sind Sie außer Fassung. Sammeln Sie erst Ihre Geister, daß Sie ruhiger, nicht in so grauenvollen Bildern, die mein Innerstes durchschauern, mir erzählen. Was wissen Sie? Was ist geschehen? Eboli. O! nicht diese himmlische Herablassung, nicht diese Güte, Königinn! Wie Flammen der Hölle schlägt sie brennend mein Gewissen. Ich bin nicht würdig, den entweihten Blick zu Ihrer Glorie empor zu richten. Zertreten Sie die Elende, die sich, zerknirscht von Reue, Scham und Selbst- verachtung, zu Ihren Füßen krümmt. Dom Karlos. Eboli. Und warum — warum er ſtirbt! — O hätt’ ich wiſſen kön- nen, daß es bis dahin kommen würde! Königinn nimmt ſie gütig bei der Hand. Fürſtinn, noch ſind Sie außer Faſſung. Sammeln Sie erſt Ihre Geiſter, daß Sie ruhiger, nicht in ſo grauenvollen Bildern, die mein Innerſtes durchſchauern, mir erzählen. Was wiſſen Sie? Was iſt geſchehen? Eboli. O! nicht dieſe himmliſche Herablaſſung, nicht dieſe Güte, Königinn! Wie Flammen der Hölle ſchlägt ſie brennend mein Gewiſſen. Ich bin nicht würdig, den entweihten Blick zu Ihrer Glorie empor zu richten. Zertreten Sie die Elende, die ſich, zerknirſcht von Reue, Scham und Selbſt- verachtung, zu Ihren Füßen krümmt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0388" n="376"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> <sp who="#EBO"> <speaker><hi rendition="#g">Eboli</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Und warum —</hi><lb/> warum er ſtirbt! — O hätt’ ich wiſſen kön-<lb/> nen,<lb/> daß es bis dahin kommen würde!</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGI"> <speaker> <hi rendition="#g">Königinn</hi> </speaker><lb/> <stage>nimmt ſie gütig bei der Hand.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Fürſtinn,</hi><lb/> noch ſind Sie außer Faſſung. Sammeln<lb/> Sie<lb/> erſt Ihre Geiſter, daß Sie ruhiger,<lb/> nicht in ſo grauenvollen Bildern, die<lb/> mein Innerſtes durchſchauern, mir erzählen.<lb/> Was wiſſen Sie? Was iſt geſchehen?</p> </sp><lb/> <sp who="#EBO"> <speaker><hi rendition="#g">Eboli</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">O!</hi><lb/> nicht dieſe himmliſche Herablaſſung,<lb/> nicht dieſe Güte, Königinn! Wie Flammen<lb/> der Hölle ſchlägt ſie brennend mein Gewiſſen.<lb/> Ich bin nicht würdig, den entweihten Blick<lb/> zu Ihrer Glorie empor zu richten.<lb/> Zertreten Sie die Elende, die ſich,<lb/> zerknirſcht von Reue, Scham und Selbſt-<lb/> verachtung,<lb/> zu Ihren Füßen krümmt.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [376/0388]
Dom Karlos.
Eboli.
Und warum —
warum er ſtirbt! — O hätt’ ich wiſſen kön-
nen,
daß es bis dahin kommen würde!
Königinn
nimmt ſie gütig bei der Hand.
Fürſtinn,
noch ſind Sie außer Faſſung. Sammeln
Sie
erſt Ihre Geiſter, daß Sie ruhiger,
nicht in ſo grauenvollen Bildern, die
mein Innerſtes durchſchauern, mir erzählen.
Was wiſſen Sie? Was iſt geſchehen?
Eboli.
O!
nicht dieſe himmliſche Herablaſſung,
nicht dieſe Güte, Königinn! Wie Flammen
der Hölle ſchlägt ſie brennend mein Gewiſſen.
Ich bin nicht würdig, den entweihten Blick
zu Ihrer Glorie empor zu richten.
Zertreten Sie die Elende, die ſich,
zerknirſcht von Reue, Scham und Selbſt-
verachtung,
zu Ihren Füßen krümmt.
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