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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Theresiade
105Mich hielte diese Tracht befremdet und entzückt;
Die Falten waren auch mit Augen ausgeschmückt,
Die Bliz-geschwind den Blick nach allen Seiten schossen,
Als hätte sie der Streit und das Getöß verdrossen.
So fieng ihr Vortrag an: "Seit dem ich angehört,
110"Was jeder Freundinn Herz vor Ehrbegierde nährt,
"Hab ich mir Frieß und Rang, und Ehr und Ruhm versprochen.
"Dann wer hat mehr als ich am Feinde sich gerochen?
Hierauf fiel jemand ein, (die schimmerte von Gold)
"Was ", sprach sie, bist du dann nur deinen Sinnen hold?
115"Jsts möglich, daß dein Herz dem Mund nicht wiederspreche?
"Es kommt mir vor, daß es dir an Beweis gebreche.
"Schreckst du vielleicht nur die, die leicht zu schrecken seynd?
"Erklär uns deine Rach! wie strittst du mit dem Feind?
Die Staats-Kunst wandt nichts ein; fuhr fort: "Nur ich kann
wissen,
120"Wo man sich zu dem Kampf, zum Angriff soll entschliessen?
"Und diese Kunst hab ich die Königinn gelehrt;
"Durch diese blieb ihr Thron und Zepter unversehrt.
Die Gegnerinn erhohlt: "Dein Augen-volles Reden
"Mag übersichtige, Wiz-lose Sinnen blöden,
125"Nicht aber mein Gemüth. Mein Herz vermag so viel,
"Als deiner Wissenschaft Verwicklung-volles Spiel. "
Sie wieß ein Herz und sprach: "Hier kannst du es betrachten,
"Jch weiß, man pflegt es mehr, als deine Kunst zu achten.
"Was
Thereſiade
105Mich hielte dieſe Tracht befremdet und entzuͤckt;
Die Falten waren auch mit Augen ausgeſchmuͤckt,
Die Bliz-geſchwind den Blick nach allen Seiten ſchoſſen,
Als haͤtte ſie der Streit und das Getoͤß verdroſſen.
So fieng ihr Vortrag an: „Seit dem ich angehoͤrt,
110„Was jeder Freundinn Herz vor Ehrbegierde naͤhrt,
„Hab ich mir Frieß und Rang, und Ehr und Ruhm verſprochen.
„Dann wer hat mehr als ich am Feinde ſich gerochen?
Hierauf fiel jemand ein, (die ſchimmerte von Gold)
„Was „, ſprach ſie, biſt du dann nur deinen Sinnen hold?
115„Jſts moͤglich, daß dein Herz dem Mund nicht wiederſpreche?
„Es kommt mir vor, daß es dir an Beweis gebreche.
„Schreckſt du vielleicht nur die, die leicht zu ſchrecken ſeynd?
„Erklaͤr uns deine Rach! wie ſtrittſt du mit dem Feind?
Die Staats-Kunſt wandt nichts ein; fuhr fort: „Nur ich kann
wiſſen,
120„Wo man ſich zu dem Kampf, zum Angriff ſoll entſchlieſſen?
„Und dieſe Kunſt hab ich die Koͤniginn gelehrt;
„Durch dieſe blieb ihr Thron und Zepter unverſehrt.
Die Gegnerinn erhohlt: „Dein Augen-volles Reden
„Mag uͤberſichtige, Wiz-loſe Sinnen bloͤden,
125„Nicht aber mein Gemuͤth. Mein Herz vermag ſo viel,
„Als deiner Wiſſenſchaft Verwicklung-volles Spiel. „
Sie wieß ein Herz und ſprach: „Hier kannſt du es betrachten,
„Jch weiß, man pflegt es mehr, als deine Kunſt zu achten.
„Was
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[0008] Thereſiade Mich hielte dieſe Tracht befremdet und entzuͤckt; Die Falten waren auch mit Augen ausgeſchmuͤckt, Die Bliz-geſchwind den Blick nach allen Seiten ſchoſſen, Als haͤtte ſie der Streit und das Getoͤß verdroſſen. So fieng ihr Vortrag an: „Seit dem ich angehoͤrt, „Was jeder Freundinn Herz vor Ehrbegierde naͤhrt, „Hab ich mir Frieß und Rang, und Ehr und Ruhm verſprochen. „Dann wer hat mehr als ich am Feinde ſich gerochen? Hierauf fiel jemand ein, (die ſchimmerte von Gold) „Was „, ſprach ſie, biſt du dann nur deinen Sinnen hold? „Jſts moͤglich, daß dein Herz dem Mund nicht wiederſpreche? „Es kommt mir vor, daß es dir an Beweis gebreche. „Schreckſt du vielleicht nur die, die leicht zu ſchrecken ſeynd? „Erklaͤr uns deine Rach! wie ſtrittſt du mit dem Feind? Die Staats-Kunſt wandt nichts ein; fuhr fort: „Nur ich kann wiſſen, „Wo man ſich zu dem Kampf, zum Angriff ſoll entſchlieſſen? „Und dieſe Kunſt hab ich die Koͤniginn gelehrt; „Durch dieſe blieb ihr Thron und Zepter unverſehrt. Die Gegnerinn erhohlt: „Dein Augen-volles Reden „Mag uͤberſichtige, Wiz-loſe Sinnen bloͤden, „Nicht aber mein Gemuͤth. Mein Herz vermag ſo viel, „Als deiner Wiſſenſchaft Verwicklung-volles Spiel. „ Sie wieß ein Herz und ſprach: „Hier kannſt du es betrachten, „Jch weiß, man pflegt es mehr, als deine Kunſt zu achten. „Was

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/8>, abgerufen am 27.04.2024.