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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Zehndes Buch.
"Oft mitten in der Flucht siegt eine schwache Schaar,
"Und macht das zweifelhaft, was schon erfochten war.
555"So will ich, Tugenden! die Vorsicht euch empfehlen,
"Die Eintracht euers Amts; die kann den Feind entseelen.
"Betrachtet nur den Tag des Einfalls und die Zeit,
"Jn welcher ihr den Feind zum ersten Mahl zerstreut;
"Bedencket, daß ihr ihm den Vorsaz abgezwungen,
560"Worauf Jahr-hundert her desselben Väter drungen.
"Ergreifft, vereiniget von neuen euern Muth,
"Auf dem das Heil des Throns und dieser Völcker ruht!
"Jhr könnt der Herrsch-Begier so vieler Feinde wehren,
"Und Glück und Ruhm des Throns auf lange Zeit vermehren.
565
"Und du Theresia! nun kennst du, was das ist,
"Wann deiner Kinder Zahl dich in die Reihe schließt;
"Ein Kinder-Kreiß, in dem der Länder Heil verborgen;
"Ein Schaz, um welchen sich so viele Völcker sorgen.
"Dein Königliches Herz springt in der zarten Lust;
570"Du fühlest dich erquickt; du spührst in deiner Brust
"Der Liebe Wirckungen, wann sie dein Aug erblicket;
"Du nennst dich Seegen-reich und deinen Thron beglücket.
"So wirst du leicht verstehn, was meine Seele rührt,
"Wann sie dich, Tochter! sieht, wie GOtt durch dich regiert.
575"Jch sage ferner nichts, dich, Königinn! zu loben;
"Du bist schon hoch genug vom Himmel selbst erhoben.
"Du
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Zehndes Buch.
„Oft mitten in der Flucht ſiegt eine ſchwache Schaar,
„Und macht das zweifelhaft, was ſchon erfochten war.
555„So will ich, Tugenden! die Vorſicht euch empfehlen,
„Die Eintracht euers Amts; die kann den Feind entſeelen.
„Betrachtet nur den Tag des Einfalls und die Zeit,
„Jn welcher ihr den Feind zum erſten Mahl zerſtreut;
„Bedencket, daß ihr ihm den Vorſaz abgezwungen,
560„Worauf Jahr-hundert her deſſelben Vaͤter drungen.
„Ergreifft, vereiniget von neuen euern Muth,
„Auf dem das Heil des Throns und dieſer Voͤlcker ruht!
„Jhr koͤnnt der Herꝛſch-Begier ſo vieler Feinde wehren,
„Und Gluͤck und Ruhm des Throns auf lange Zeit vermehren.
565
„Und du Thereſia! nun kennſt du, was das iſt,
„Wann deiner Kinder Zahl dich in die Reihe ſchließt;
„Ein Kinder-Kreiß, in dem der Laͤnder Heil verborgen;
„Ein Schaz, um welchen ſich ſo viele Voͤlcker ſorgen.
„Dein Koͤnigliches Herz ſpringt in der zarten Luſt;
570„Du fuͤhleſt dich erquickt; du ſpuͤhrſt in deiner Bruſt
„Der Liebe Wirckungen, wann ſie dein Aug erblicket;
„Du nennſt dich Seegen-reich und deinen Thron begluͤcket.
„So wirſt du leicht verſtehn, was meine Seele ruͤhrt,
„Wann ſie dich, Tochter! ſieht, wie GOtt durch dich regiert.
575„Jch ſage ferner nichts, dich, Koͤniginn! zu loben;
„Du biſt ſchon hoch genug vom Himmel ſelbſt erhoben.
„Du
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[0115] Zehndes Buch. „Oft mitten in der Flucht ſiegt eine ſchwache Schaar, „Und macht das zweifelhaft, was ſchon erfochten war. „So will ich, Tugenden! die Vorſicht euch empfehlen, „Die Eintracht euers Amts; die kann den Feind entſeelen. „Betrachtet nur den Tag des Einfalls und die Zeit, „Jn welcher ihr den Feind zum erſten Mahl zerſtreut; „Bedencket, daß ihr ihm den Vorſaz abgezwungen, „Worauf Jahr-hundert her deſſelben Vaͤter drungen. „Ergreifft, vereiniget von neuen euern Muth, „Auf dem das Heil des Throns und dieſer Voͤlcker ruht! „Jhr koͤnnt der Herꝛſch-Begier ſo vieler Feinde wehren, „Und Gluͤck und Ruhm des Throns auf lange Zeit vermehren. „Und du Thereſia! nun kennſt du, was das iſt, „Wann deiner Kinder Zahl dich in die Reihe ſchließt; „Ein Kinder-Kreiß, in dem der Laͤnder Heil verborgen; „Ein Schaz, um welchen ſich ſo viele Voͤlcker ſorgen. „Dein Koͤnigliches Herz ſpringt in der zarten Luſt; „Du fuͤhleſt dich erquickt; du ſpuͤhrſt in deiner Bruſt „Der Liebe Wirckungen, wann ſie dein Aug erblicket; „Du nennſt dich Seegen-reich und deinen Thron begluͤcket. „So wirſt du leicht verſtehn, was meine Seele ruͤhrt, „Wann ſie dich, Tochter! ſieht, wie GOtt durch dich regiert. „Jch ſage ferner nichts, dich, Koͤniginn! zu loben; „Du biſt ſchon hoch genug vom Himmel ſelbſt erhoben. „Du Q q

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/115>, abgerufen am 28.04.2024.