Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch.
485"Errettung, Ruh und Glück, des Friedens Früchte bringt,
"Den Feind aus unserm Reich in seine Grenzen zwingt.
"Das Heer nimmt es zum Ziel und Beyspiel, und erkennet
"Warum ein Mann ein Mann, ein Wort ein Wort genennet.

"Das ist der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach
490"Der schimmernd, hell und still, sanft, schlänglicht und gemach

"Durch Wiesen, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet,
"Sich Bäche, Ströhme, Flüß und Flutten beygesellet,
"Den Bort erweiteret, den höchsten Ruhm gewinnt,
"Und biß zum Ocean mit stolzen Flutten rinnt.
495"So sammlet sich durch mich das Volck bey unsern Fahnen,

"Und so pfleg' ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen.
"Auf einem breiten Berg zerschmelzet sich der Schnee,
"Er schlürft, verschleichet sich, zerfließt in eine See;
"Der ungewohnte Damm wird von der Last gedrücket,
500"Geschwächet, durchgespühlt, auch endlich gar verrücket;

"Die Wässer dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft;
"Da wälzt und gurgelt sich die See in eine Kluft,
"Dort spaltet sich der Wall, hier wird der Strand zerrissen,
"Daß endlich statt der See fast truckne Bäche fliessen.
505"So fangt der Feinde Strohm sich auszubreiten an,

"Er wächst, daß er die Welt fast überschwemmen kann.
"Weil aber Glaub und Treu von seinen Flutten weichet,
"So sieht man wie die Macht desselben sich verschleichet.
"Das

Sechſtes Buch.
485„Errettung, Ruh und Gluͤck, des Friedens Fruͤchte bringt,
„Den Feind aus unſerm Reich in ſeine Grenzen zwingt.
„Das Heer nimmt es zum Ziel und Beyſpiel, und erkennet
„Warum ein Mann ein Mann, ein Wort ein Wort genennet.

„Das iſt der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach
490„Der ſchim̃ernd, hell und ſtill, ſanft, ſchlaͤnglicht und gemach

„Durch Wieſen, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet,
„Sich Baͤche, Stroͤhme, Fluͤß und Flutten beygeſellet,
„Den Bort erweiteret, den hoͤchſten Ruhm gewinnt,
„Und biß zum Ocean mit ſtolzen Flutten rinnt.
495„So ſammlet ſich durch mich das Volck bey unſern Fahnen,

„Und ſo pfleg’ ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen.
„Auf einem breiten Berg zerſchmelzet ſich der Schnee,
„Er ſchluͤrft, verſchleichet ſich, zerfließt in eine See;
„Der ungewohnte Damm wird von der Laſt gedruͤcket,
500„Geſchwaͤchet, durchgeſpuͤhlt, auch endlich gar verruͤcket;

„Die Waͤſſer dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft;
„Da waͤlzt und gurgelt ſich die See in eine Kluft,
„Dort ſpaltet ſich der Wall, hier wird der Strand zerriſſen,
„Daß endlich ſtatt der See faſt truckne Baͤche flieſſen.
505„So fangt der Feinde Strohm ſich auszubreiten an,

„Er waͤchſt, daß er die Welt faſt uͤberſchwemmen kann.
„Weil aber Glaub und Treu von ſeinen Flutten weichet,
„So ſieht man wie die Macht deſſelben ſich verſchleichet.
„Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l><pb facs="#f0197"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/><note place="left">485</note>&#x201E;Errettung, Ruh und Glu&#x0364;ck, des Friedens Fru&#x0364;chte bringt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Den Feind aus un&#x017F;erm Reich in &#x017F;eine Grenzen zwingt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das Heer nimmt es zum Ziel und Bey&#x017F;piel, und erkennet</l><lb/>
              <l>&#x201E;Warum ein Mann ein Mann, ein Wort ein Wort genennet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Das i&#x017F;t der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach<lb/><note place="left">490</note>&#x201E;Der &#x017F;chim&#x0303;ernd, hell und &#x017F;till, &#x017F;anft, &#x017F;chla&#x0364;nglicht und gemach</l><lb/>
              <l>&#x201E;Durch Wie&#x017F;en, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sich Ba&#x0364;che, Stro&#x0364;hme, Flu&#x0364;ß und Flutten beyge&#x017F;ellet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Den Bort erweiteret, den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ruhm gewinnt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und biß zum Ocean mit &#x017F;tolzen Flutten rinnt.<lb/><note place="left">495</note>&#x201E;So &#x017F;ammlet &#x017F;ich durch mich das Volck bey un&#x017F;ern Fahnen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und &#x017F;o pfleg&#x2019; ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Auf einem breiten Berg zer&#x017F;chmelzet &#x017F;ich der Schnee,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er &#x017F;chlu&#x0364;rft, ver&#x017F;chleichet &#x017F;ich, zerfließt in eine See;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der ungewohnte Damm wird von der La&#x017F;t gedru&#x0364;cket,<lb/><note place="left">500</note>&#x201E;Ge&#x017F;chwa&#x0364;chet, durchge&#x017F;pu&#x0364;hlt, auch endlich gar verru&#x0364;cket;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Da wa&#x0364;lzt und gurgelt &#x017F;ich die See in eine Kluft,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Dort &#x017F;paltet &#x017F;ich der Wall, hier wird der Strand zerri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß endlich &#x017F;tatt der See fa&#x017F;t truckne Ba&#x0364;che flie&#x017F;&#x017F;en.<lb/><note place="left">505</note>&#x201E;So fangt der Feinde Strohm &#x017F;ich auszubreiten an,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er wa&#x0364;ch&#x017F;t, daß er die Welt fa&#x017F;t u&#x0364;ber&#x017F;chwemmen kann.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil aber Glaub und Treu von &#x017F;einen Flutten weichet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;So &#x017F;ieht man wie die Macht de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;ich ver&#x017F;chleichet.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Das</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0197] Sechſtes Buch. „Errettung, Ruh und Gluͤck, des Friedens Fruͤchte bringt, „Den Feind aus unſerm Reich in ſeine Grenzen zwingt. „Das Heer nimmt es zum Ziel und Beyſpiel, und erkennet „Warum ein Mann ein Mann, ein Wort ein Wort genennet. „Das iſt der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach „Der ſchim̃ernd, hell und ſtill, ſanft, ſchlaͤnglicht und gemach „Durch Wieſen, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet, „Sich Baͤche, Stroͤhme, Fluͤß und Flutten beygeſellet, „Den Bort erweiteret, den hoͤchſten Ruhm gewinnt, „Und biß zum Ocean mit ſtolzen Flutten rinnt. „So ſammlet ſich durch mich das Volck bey unſern Fahnen, „Und ſo pfleg’ ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen. „Auf einem breiten Berg zerſchmelzet ſich der Schnee, „Er ſchluͤrft, verſchleichet ſich, zerfließt in eine See; „Der ungewohnte Damm wird von der Laſt gedruͤcket, „Geſchwaͤchet, durchgeſpuͤhlt, auch endlich gar verruͤcket; „Die Waͤſſer dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft; „Da waͤlzt und gurgelt ſich die See in eine Kluft, „Dort ſpaltet ſich der Wall, hier wird der Strand zerriſſen, „Daß endlich ſtatt der See faſt truckne Baͤche flieſſen. „So fangt der Feinde Strohm ſich auszubreiten an, „Er waͤchſt, daß er die Welt faſt uͤberſchwemmen kann. „Weil aber Glaub und Treu von ſeinen Flutten weichet, „So ſieht man wie die Macht deſſelben ſich verſchleichet. „Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/197
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/197>, abgerufen am 04.05.2024.