Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch.

"Wir aber blieben stets in Weegen und in Spuren,
"Durch welche wir des Feinds Bewegungen erfuhren.

505
"Ein schlaues Falcken-Aug ist nicht so sehr erboßt,
"Es schärfft sich nicht so sehr, wann es auf Tauben stoßt,
"Als dieser neue Feind nach jenen Mauren strebte,
"Jn welchen sein Gespan mit seinen Völckern bebte.
"Er knirschte mit dem Zahn, er stampft', ergrimmt', entbrannt',
510"Als hätt ihn ein Geschick still auf den Ort verbannt.

"Je mehr er durch den Schnee, durch Berg und Wälder drunge,
"Je mehr er sich in Noth und Hinderniß verschlunge.
"Er scholte Luft und Erd, auch selbst des Himmels Macht,
"Weil nichts ihm weder Hilff noch Rath zum Vorsaz bracht.
515"Er konnte keinen Weeg vorbey zu ziehen finden;

"Kunst, Arbeit, Müh und List mußt ohne Frucht verschwinden.
"Wohin er immer sah, fand er den Weeg verrannt,
"Daß er für Zorn und Wuth das Schwert, die Fahnen wandt.
"Wir ruckten plözlich nach, verfolgten seine Flügel,
520"Die sich durch Berg und Thal, durch Wälder, Klippen, Hügel

"So sehr zerstreueten, daß er nicht wußte, wo
"Der oder dieser Schwarm, wohin er selber floh.


519
"Wir
519 [Spaltenumbruch] Der zum Entsaz der Stadt
Prag angeruckte Feind mußte den 5.
October 1742. unverrichteter Sachen/
[Spaltenumbruch] auch mit grossem Verlust bey Eger
zuruck ziehen.
R 2

Viertes Buch.

„Wir aber blieben ſtets in Weegen und in Spuren,
„Durch welche wir des Feinds Bewegungen erfuhren.

505
„Ein ſchlaues Falcken-Aug iſt nicht ſo ſehr erboßt,
„Es ſchaͤrfft ſich nicht ſo ſehr, wann es auf Tauben ſtoßt,
„Als dieſer neue Feind nach jenen Mauren ſtrebte,
„Jn welchen ſein Geſpan mit ſeinen Voͤlckern bebte.
„Er knirſchte mit dem Zahn, er ſtampft’, ergrimmt’, entbrannt’,
510„Als haͤtt ihn ein Geſchick ſtill auf den Ort verbannt.

„Je mehr er durch den Schnee, durch Berg und Waͤlder drunge,
„Je mehr er ſich in Noth und Hinderniß verſchlunge.
„Er ſcholte Luft und Erd, auch ſelbſt des Himmels Macht,
„Weil nichts ihm weder Hilff noch Rath zum Vorſaz bracht.
515„Er konnte keinen Weeg vorbey zu ziehen finden;

„Kunſt, Arbeit, Muͤh und Liſt mußt ohne Frucht verſchwinden.
„Wohin er immer ſah, fand er den Weeg verrannt,
„Daß er fuͤr Zorn und Wuth das Schwert, die Fahnen wandt.
„Wir ruckten ploͤzlich nach, verfolgten ſeine Fluͤgel,
520„Die ſich durch Berg und Thal, durch Waͤlder, Klippen, Huͤgel

„So ſehr zerſtreueten, daß er nicht wußte, wo
„Der oder dieſer Schwarm, wohin er ſelber floh.


519
„Wir
519 [Spaltenumbruch] Der zum Entſaz der Stadt
Prag angeruckte Feind mußte den 5.
October 1742. unverrichteter Sachen/
[Spaltenumbruch] auch mit groſſem Verluſt bey Eger
zuruck ziehen.
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0138"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>&#x201E;Wir aber blieben &#x017F;tets in Weegen und in Spuren,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Durch welche wir des Feinds Bewegungen erfuhren.</l>
            </lg><lb/>
            <note place="left">505</note>
            <lg>
              <l>&#x201E;Ein &#x017F;chlaues Falcken-Aug i&#x017F;t nicht &#x017F;o &#x017F;ehr erboßt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Es &#x017F;cha&#x0364;rfft &#x017F;ich nicht &#x017F;o &#x017F;ehr, wann es auf Tauben &#x017F;toßt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als die&#x017F;er neue Feind nach jenen Mauren &#x017F;trebte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jn welchen &#x017F;ein Ge&#x017F;pan mit &#x017F;einen Vo&#x0364;lckern bebte.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er knir&#x017F;chte mit dem Zahn, er &#x017F;tampft&#x2019;, ergrimmt&#x2019;, entbrannt&#x2019;,<lb/><note place="left">510</note>&#x201E;Als ha&#x0364;tt ihn ein Ge&#x017F;chick &#x017F;till auf den Ort verbannt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Je mehr er durch den Schnee, durch Berg und Wa&#x0364;lder drunge,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Je mehr er &#x017F;ich in Noth und Hinderniß ver&#x017F;chlunge.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er &#x017F;cholte Luft und Erd, auch &#x017F;elb&#x017F;t des Himmels Macht,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil nichts ihm weder Hilff noch Rath zum Vor&#x017F;az bracht.<lb/><note place="left">515</note>&#x201E;Er konnte keinen Weeg vorbey zu ziehen finden;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Kun&#x017F;t, Arbeit, Mu&#x0364;h und Li&#x017F;t mußt ohne Frucht ver&#x017F;chwinden.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wohin er immer &#x017F;ah, fand er den Weeg verrannt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß er fu&#x0364;r Zorn und Wuth das Schwert, die Fahnen wandt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wir ruckten plo&#x0364;zlich nach, verfolgten &#x017F;eine Flu&#x0364;gel,<lb/><note place="left">520</note>&#x201E;Die &#x017F;ich durch Berg und Thal, durch Wa&#x0364;lder, Klippen, Hu&#x0364;gel</l><lb/>
              <l>&#x201E;So &#x017F;ehr zer&#x017F;treueten, daß er nicht wußte, wo</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der oder die&#x017F;er Schwarm, wohin er &#x017F;elber floh.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Wir</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note place="foot" n="519"><cb/>
Der zum Ent&#x017F;az der Stadt<lb/>
Prag angeruckte Feind mußte den 5.<lb/>
October 1742. unverrichteter Sachen/<lb/><cb/>
auch mit gro&#x017F;&#x017F;em Verlu&#x017F;t bey Eger<lb/>
zuruck ziehen.</note><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0138] Viertes Buch. „Wir aber blieben ſtets in Weegen und in Spuren, „Durch welche wir des Feinds Bewegungen erfuhren. „Ein ſchlaues Falcken-Aug iſt nicht ſo ſehr erboßt, „Es ſchaͤrfft ſich nicht ſo ſehr, wann es auf Tauben ſtoßt, „Als dieſer neue Feind nach jenen Mauren ſtrebte, „Jn welchen ſein Geſpan mit ſeinen Voͤlckern bebte. „Er knirſchte mit dem Zahn, er ſtampft’, ergrimmt’, entbrannt’, „Als haͤtt ihn ein Geſchick ſtill auf den Ort verbannt. „Je mehr er durch den Schnee, durch Berg und Waͤlder drunge, „Je mehr er ſich in Noth und Hinderniß verſchlunge. „Er ſcholte Luft und Erd, auch ſelbſt des Himmels Macht, „Weil nichts ihm weder Hilff noch Rath zum Vorſaz bracht. „Er konnte keinen Weeg vorbey zu ziehen finden; „Kunſt, Arbeit, Muͤh und Liſt mußt ohne Frucht verſchwinden. „Wohin er immer ſah, fand er den Weeg verrannt, „Daß er fuͤr Zorn und Wuth das Schwert, die Fahnen wandt. „Wir ruckten ploͤzlich nach, verfolgten ſeine Fluͤgel, „Die ſich durch Berg und Thal, durch Waͤlder, Klippen, Huͤgel „So ſehr zerſtreueten, daß er nicht wußte, wo „Der oder dieſer Schwarm, wohin er ſelber floh. „Wir 519 519 Der zum Entſaz der Stadt Prag angeruckte Feind mußte den 5. October 1742. unverrichteter Sachen/ auch mit groſſem Verluſt bey Eger zuruck ziehen. R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/138
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/138>, abgerufen am 22.11.2024.