Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch.

"Ein gräßliches Geschwärm, so jenen Kreiß verhüllte,
"Lufft, Erden, Aug und Sinn mit Greul und Blut erfüllte!
"Der allzu grosse Muth des Manns zu Pferd bewies,
270"Daß uns der Himmel nicht vollkommnen Sieg verhieß:

"Wir sahn das Volck zu Fuß entblößt und ohne Flügel,
"Doch liessen wir dem Arm desselben freyen Zügel,
"Der, wie der Winde Macht die Wälder nieder weht,
"Den Feind mit solchem Grimm und Toben hergemäht,
275"Daß dessen Glieder mehr im Sand gestrecket bebten,

"Als gegen unsre Macht sich zu beschüzen strebten.

"Mein Heer-Fürst drange noch durch andre Reihen fort,
"Erfrichte dieses Volck durch Beyspiel, That und Wort;
"Er hatte schon so viel als Feld und Schlacht gewonnen,
280"Jch aber bessern Raths und Vortheils mich besonnen:

"Ein neuer Hinterhalt bedrohte meine Macht,
"Der sezte mein Gemüth in Mißtraun und Verdacht.
"Du Tapferkeit sag an! was hättest du beschlossen?
"Nicht wahr, du wärest fort in die Gefahr geschossen?
285"Da wär der Hinterhalt dir auf den Hals gerückt,

"Und hätte dir den Ruhm des Sieges abgedrückt.
"Jch aber schrie: zurück! es ist genug gesieget!
"Sieh dort den neuen Schwarm, der uns entgegen flieget!
"Dein Heer ist allzu tief in seinem Sieg zerstreut!
290"Die Wallstadt bleibet schon zu deinem Ruhm geweiht!
"Es
Q

Viertes Buch.

„Ein graͤßliches Geſchwaͤrm, ſo jenen Kreiß verhuͤllte,
„Lufft, Erden, Aug und Sinn mit Greul und Blut erfuͤllte!
„Der allzu groſſe Muth des Manns zu Pferd bewies,
270„Daß uns der Himmel nicht vollkommnen Sieg verhieß:

„Wir ſahn das Volck zu Fuß entbloͤßt und ohne Fluͤgel,
„Doch lieſſen wir dem Arm deſſelben freyen Zuͤgel,
„Der, wie der Winde Macht die Waͤlder nieder weht,
„Den Feind mit ſolchem Grimm und Toben hergemaͤht,
275„Daß deſſen Glieder mehr im Sand geſtrecket bebten,

„Als gegen unſre Macht ſich zu beſchuͤzen ſtrebten.

„Mein Heer-Fuͤrſt drange noch durch andre Reihen fort,
„Erfrichte dieſes Volck durch Beyſpiel, That und Wort;
„Er hatte ſchon ſo viel als Feld und Schlacht gewonnen,
280„Jch aber beſſern Raths und Vortheils mich beſonnen:

„Ein neuer Hinterhalt bedrohte meine Macht,
„Der ſezte mein Gemuͤth in Mißtraun und Verdacht.
„Du Tapferkeit ſag an! was haͤtteſt du beſchloſſen?
„Nicht wahr, du waͤreſt fort in die Gefahr geſchoſſen?
285„Da waͤr der Hinterhalt dir auf den Hals geruͤckt,

„Und haͤtte dir den Ruhm des Sieges abgedruͤckt.
„Jch aber ſchrie: zuruͤck! es iſt genug geſieget!
„Sieh dort den neuen Schwarm, der uns entgegen flieget!
„Dein Heer iſt allzu tief in ſeinem Sieg zerſtreut!
290„Die Wallſtadt bleibet ſchon zu deinem Ruhm geweiht!
„Es
Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0128"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>&#x201E;Ein gra&#x0364;ßliches Ge&#x017F;chwa&#x0364;rm, &#x017F;o jenen Kreiß verhu&#x0364;llte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Lufft, Erden, Aug und Sinn mit Greul und Blut erfu&#x0364;llte!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der allzu gro&#x017F;&#x017F;e Muth des Manns zu Pferd bewies,<lb/><note place="left">270</note>&#x201E;Daß uns der Himmel nicht vollkommnen Sieg verhieß:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wir &#x017F;ahn das Volck zu Fuß entblo&#x0364;ßt und ohne Flu&#x0364;gel,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Doch lie&#x017F;&#x017F;en wir dem Arm de&#x017F;&#x017F;elben freyen Zu&#x0364;gel,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der, wie der Winde Macht die Wa&#x0364;lder nieder weht,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Den Feind mit &#x017F;olchem Grimm und Toben hergema&#x0364;ht,<lb/><note place="left">275</note>&#x201E;Daß de&#x017F;&#x017F;en Glieder mehr im Sand ge&#x017F;trecket bebten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als gegen un&#x017F;re Macht &#x017F;ich zu be&#x017F;chu&#x0364;zen &#x017F;trebten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Mein Heer-Fu&#x0364;r&#x017F;t drange noch durch andre Reihen fort,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Erfrichte die&#x017F;es Volck durch Bey&#x017F;piel, That und Wort;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er hatte &#x017F;chon &#x017F;o viel als Feld und Schlacht gewonnen,<lb/><note place="left">280</note>&#x201E;Jch aber be&#x017F;&#x017F;ern Raths und Vortheils mich be&#x017F;onnen:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ein neuer Hinterhalt bedrohte meine Macht,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der &#x017F;ezte mein Gemu&#x0364;th in Mißtraun und Verdacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Du Tapferkeit &#x017F;ag an! was ha&#x0364;tte&#x017F;t du be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nicht wahr, du wa&#x0364;re&#x017F;t fort in die Gefahr ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en?<lb/><note place="left">285</note>&#x201E;Da wa&#x0364;r der Hinterhalt dir auf den Hals geru&#x0364;ckt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und ha&#x0364;tte dir den Ruhm des Sieges abgedru&#x0364;ckt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jch aber &#x017F;chrie: zuru&#x0364;ck! es i&#x017F;t genug ge&#x017F;ieget!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sieh dort den neuen Schwarm, der uns entgegen flieget!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Dein Heer i&#x017F;t allzu tief in &#x017F;einem Sieg zer&#x017F;treut!<lb/><note place="left">290</note>&#x201E;Die Wall&#x017F;tadt bleibet &#x017F;chon zu deinem Ruhm geweiht!<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Es</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0128] Viertes Buch. „Ein graͤßliches Geſchwaͤrm, ſo jenen Kreiß verhuͤllte, „Lufft, Erden, Aug und Sinn mit Greul und Blut erfuͤllte! „Der allzu groſſe Muth des Manns zu Pferd bewies, „Daß uns der Himmel nicht vollkommnen Sieg verhieß: „Wir ſahn das Volck zu Fuß entbloͤßt und ohne Fluͤgel, „Doch lieſſen wir dem Arm deſſelben freyen Zuͤgel, „Der, wie der Winde Macht die Waͤlder nieder weht, „Den Feind mit ſolchem Grimm und Toben hergemaͤht, „Daß deſſen Glieder mehr im Sand geſtrecket bebten, „Als gegen unſre Macht ſich zu beſchuͤzen ſtrebten. „Mein Heer-Fuͤrſt drange noch durch andre Reihen fort, „Erfrichte dieſes Volck durch Beyſpiel, That und Wort; „Er hatte ſchon ſo viel als Feld und Schlacht gewonnen, „Jch aber beſſern Raths und Vortheils mich beſonnen: „Ein neuer Hinterhalt bedrohte meine Macht, „Der ſezte mein Gemuͤth in Mißtraun und Verdacht. „Du Tapferkeit ſag an! was haͤtteſt du beſchloſſen? „Nicht wahr, du waͤreſt fort in die Gefahr geſchoſſen? „Da waͤr der Hinterhalt dir auf den Hals geruͤckt, „Und haͤtte dir den Ruhm des Sieges abgedruͤckt. „Jch aber ſchrie: zuruͤck! es iſt genug geſieget! „Sieh dort den neuen Schwarm, der uns entgegen flieget! „Dein Heer iſt allzu tief in ſeinem Sieg zerſtreut! „Die Wallſtadt bleibet ſchon zu deinem Ruhm geweiht! „Es Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/128
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/128>, abgerufen am 04.05.2024.