Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Theresiade

"Dort sann der Zweifel nach, wo man entschlossen war;
"Hier bracht man den Altar anstatt des Degens dar:
"Entsezten einige sich nicht auch vor dem Schatten,
60"Den Feindes Räncke nur aus List gespielet hatten?

"Die Unerschrockenheit hieß ihren Muth oft groß,
"Wann eine Kugel sich nicht weit von ihr verschoß.
"Und selbst der Majestät, was halff ihr Schmuck und Schimmer,
"Als ihr ein Held entgieng? sie fand ihn dannoch nimmer.

65
"Was nuzt Gerechtigkeit wann ihr die Macht gebricht?
"Die Macht? wann sie zu schwach nur mit der Hoffnung ficht:
"Was habt ihr ins gesammt zu jener Zeit verrichtet,
"Als Hab' und Gut erschöpft, der Krieger Zahl zernichtet?
"Wer bracht uns Rath und Hilff, da fast das ganze Land
70"Jn Feindes Banden lag? wer gieng uns an die Hand,

"Als wir in solcher Noth, in der Bedürfftnis waren?
"O Weisheit! hört' ich schreyn, hilff uns aus den Gefahren
"Wach, komm, sinn, rath und hilff! gleich maß' ich alles aus
"Jm Feld, im Schaz-Gemach, und in dem Waffen-Haus;
75"Jch suchte Tag und Nacht den rechten Weeg zu finden,

"Was uns könnt hilfflich seyn, bey zeiten zu ergründen.
"Jch hatte gleich des Sinns Vereinigung gestifft;
"Das ist, dacht' ich, was Wehr und Waffen übertrifft.


64
"Je
64 [Spaltenumbruch] Der Verlurst eines derer grö-
sten Helden/ wecher den 26. Jenner
[Spaltenumbruch] 1744. erfolgte/ ist noch in frischer Ge-
dächtniß.

Thereſiade

„Dort ſann der Zweifel nach, wo man entſchloſſen war;
„Hier bracht man den Altar anſtatt des Degens dar:
„Entſezten einige ſich nicht auch vor dem Schatten,
60„Den Feindes Raͤncke nur aus Liſt geſpielet hatten?

„Die Unerſchrockenheit hieß ihren Muth oft groß,
„Wann eine Kugel ſich nicht weit von ihr verſchoß.
„Und ſelbſt der Majeſtaͤt, was halff ihr Schmuck und Schim̃er,
„Als ihr ein Held entgieng? ſie fand ihn dannoch nimmer.

65
„Was nuzt Gerechtigkeit wann ihr die Macht gebricht?
„Die Macht? wann ſie zu ſchwach nur mit der Hoffnung ficht:
„Was habt ihr ins geſam̃t zu jener Zeit verrichtet,
„Als Hab’ und Gut erſchoͤpft, der Krieger Zahl zernichtet?
„Wer bracht uns Rath und Hilff, da faſt das ganze Land
70„Jn Feindes Banden lag? wer gieng uns an die Hand,

„Als wir in ſolcher Noth, in der Beduͤrfftnis waren?
„O Weisheit! hoͤrt’ ich ſchreyn, hilff uns aus den Gefahren
„Wach, komm, ſinn, rath und hilff! gleich maß’ ich alles aus
„Jm Feld, im Schaz-Gemach, und in dem Waffen-Haus;
75„Jch ſuchte Tag und Nacht den rechten Weeg zu finden,

„Was uns koͤnnt hilfflich ſeyn, bey zeiten zu ergruͤnden.
„Jch hatte gleich des Sinns Vereinigung geſtifft;
„Das iſt, dacht’ ich, was Wehr und Waffen uͤbertrifft.


64
„Je
64 [Spaltenumbruch] Der Verlurſt eines derer groͤ-
ſten Helden/ wecher den 26. Jenner
[Spaltenumbruch] 1744. erfolgte/ iſt noch in friſcher Ge-
daͤchtniß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0119"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">There&#x017F;iade</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>&#x201E;Dort &#x017F;ann der Zweifel nach, wo man ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Hier bracht man den Altar an&#x017F;tatt des Degens dar:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ent&#x017F;ezten einige &#x017F;ich nicht auch vor dem Schatten,<lb/><note place="left">60</note>&#x201E;Den Feindes Ra&#x0364;ncke nur aus Li&#x017F;t ge&#x017F;pielet hatten?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Uner&#x017F;chrockenheit hieß ihren Muth oft groß,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wann eine Kugel &#x017F;ich nicht weit von ihr ver&#x017F;choß.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und &#x017F;elb&#x017F;t der Maje&#x017F;ta&#x0364;t, was halff ihr Schmuck und Schim&#x0303;er,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als ihr ein Held entgieng? &#x017F;ie fand ihn dannoch nimmer.</l>
            </lg><lb/>
            <note place="left">65</note>
            <lg>
              <l>&#x201E;Was nuzt Gerechtigkeit wann ihr die Macht gebricht?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Macht? wann &#x017F;ie zu &#x017F;chwach nur mit der Hoffnung ficht:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Was habt ihr ins ge&#x017F;am&#x0303;t zu jener Zeit verrichtet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als Hab&#x2019; und Gut er&#x017F;cho&#x0364;pft, der Krieger Zahl zernichtet?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wer bracht uns Rath und Hilff, da fa&#x017F;t das ganze Land<lb/><note place="left">70</note>&#x201E;Jn Feindes Banden lag? wer gieng uns an die Hand,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als wir in &#x017F;olcher Noth, in der Bedu&#x0364;rfftnis waren?</l><lb/>
              <l>&#x201E;O <hi rendition="#fr">Weisheit!</hi> ho&#x0364;rt&#x2019; ich &#x017F;chreyn, hilff uns aus den Gefahren</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wach, komm, &#x017F;inn, rath und hilff! gleich maß&#x2019; ich alles aus</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jm Feld, im Schaz-Gemach, und in dem Waffen-Haus;<lb/><note place="left">75</note>&#x201E;Jch &#x017F;uchte Tag und Nacht den rechten Weeg zu finden,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Was uns ko&#x0364;nnt hilfflich &#x017F;eyn, bey zeiten zu ergru&#x0364;nden.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jch hatte gleich des Sinns Vereinigung ge&#x017F;tifft;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das i&#x017F;t, dacht&#x2019; ich, was Wehr und Waffen u&#x0364;bertrifft.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Je</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note place="foot" n="64"><cb/>
Der Verlur&#x017F;t eines derer gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Helden/ wecher den 26. Jenner<lb/><cb/>
1744. erfolgte/ i&#x017F;t noch in fri&#x017F;cher Ge-<lb/>
da&#x0364;chtniß.</note><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0119] Thereſiade „Dort ſann der Zweifel nach, wo man entſchloſſen war; „Hier bracht man den Altar anſtatt des Degens dar: „Entſezten einige ſich nicht auch vor dem Schatten, „Den Feindes Raͤncke nur aus Liſt geſpielet hatten? „Die Unerſchrockenheit hieß ihren Muth oft groß, „Wann eine Kugel ſich nicht weit von ihr verſchoß. „Und ſelbſt der Majeſtaͤt, was halff ihr Schmuck und Schim̃er, „Als ihr ein Held entgieng? ſie fand ihn dannoch nimmer. „Was nuzt Gerechtigkeit wann ihr die Macht gebricht? „Die Macht? wann ſie zu ſchwach nur mit der Hoffnung ficht: „Was habt ihr ins geſam̃t zu jener Zeit verrichtet, „Als Hab’ und Gut erſchoͤpft, der Krieger Zahl zernichtet? „Wer bracht uns Rath und Hilff, da faſt das ganze Land „Jn Feindes Banden lag? wer gieng uns an die Hand, „Als wir in ſolcher Noth, in der Beduͤrfftnis waren? „O Weisheit! hoͤrt’ ich ſchreyn, hilff uns aus den Gefahren „Wach, komm, ſinn, rath und hilff! gleich maß’ ich alles aus „Jm Feld, im Schaz-Gemach, und in dem Waffen-Haus; „Jch ſuchte Tag und Nacht den rechten Weeg zu finden, „Was uns koͤnnt hilfflich ſeyn, bey zeiten zu ergruͤnden. „Jch hatte gleich des Sinns Vereinigung geſtifft; „Das iſt, dacht’ ich, was Wehr und Waffen uͤbertrifft. „Je 64 64 Der Verlurſt eines derer groͤ- ſten Helden/ wecher den 26. Jenner 1744. erfolgte/ iſt noch in friſcher Ge- daͤchtniß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/119
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/119>, abgerufen am 04.05.2024.