Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.Mittaglini und dem Nord-Polo, nicht unter der Lini/ oder sonst in dem heis- Zu deme kommet/ daß in denen Nord-Polarischen Landen die Berge/ Mittaglini und dem Nord-Polo, nicht unter der Lini/ oder ſonſt in dem heiſ- Zu deme kommet/ daß in denen Nord-Polariſchen Landen die Berge/ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0206" n="172"/> Mittaglini und dem Nord-<hi rendition="#aq">Polo,</hi> nicht unter der Lini/ oder ſonſt in dem heiſ-<lb/> ſen Gürtelſtrich/ dann alſo haͤtten die Waſſer in unſere Mitnaͤchtig maͤſſige<lb/> Laͤnder/ Jtalien/ Frankreich/ Teutſchland/ Holland/ ꝛc. gar zu weit zu flieſſen<lb/> gehabt/ ja ſie weren meiſtens/ ehe ſie zu uns kommen/ außgerauchet/ zuge-<lb/> ſchweigen/ daß die Berge noch hoͤher haͤtten muͤſſen aufgeführet werden/ als<lb/> ſie jezt ſtehen: aber auch nicht in dem kalten Gürtelſtrich der Erden gegen<lb/> dem Nord <hi rendition="#aq">Polo,</hi> dann da wegen immerwaͤhrender groſſer Kaͤlte nicht genug<lb/> Waſſer geſchmolzen were/ um die meiſten Laͤnder Europ<hi rendition="#aq">æ</hi> darmit zuver-<lb/> ſehen.</p><lb/> <p>Zu deme kommet/ daß in denen Nord-<hi rendition="#aq">Polari</hi>ſchen Landen die Berge/<lb/> wann ſie ſchon nicht hoͤher geweſen weren/ als unſere <hi rendition="#aq">Helveti</hi>ſche Gebirge/<lb/> denen Anwohneren ganz unfruchtbar weren geweſen/ da wir hingegen in<lb/> unſerem Schweizerland nebſt dem ewigen Schnee und Eis zu groſſem un-<lb/> ſerem Nutzen genieſſen koͤnnen die ſchoͤnſten Graßreichen Weiden/ und nebſt<lb/> dem kahlen/ kalten Winter ſehen den lieblichſten Sommer. Worauß muht-<lb/> maßlich zu ſchlieſſen/ daß die Natur und Beſchaffenheit des Erdengebaͤus<lb/> ſelbs diſen in mitten Europ<hi rendition="#aq">æ</hi> ligenden Berghauffen erforderet hat/ was<lb/> ſage ich von der Natur? beſſer iſt ein ſo herꝛliches und groſſes Werk/ wie<lb/> alle uͤbrige/ zuzuſchreiben dem allgewaltigen Arm des weiſeſten Schoͤpfers/<lb/> welcher die zweyte Erdengeſtalt in- und nach dem Suͤndfluß alſo kunſtlich<lb/> angeordnet/ wie ſie iſt. Sehet/ geehrte Leſer/ vermuhtliche Urſachen/ warum<lb/> die hoͤchſte und groͤſte Bergkaͤlte außgeſpannet durch die mitte Europ<hi rendition="#aq">æ?</hi><lb/> Sehet/ warum die Schweiz in der Schweiz? Jch ſage mit Nachtruk/ ver-<lb/> muhtliche Urſachen/ dann gar nicht die Meynung/ das Gott nohtwendig ſeye<lb/> bewogen worden von der Natur der Sachen ſelbs die Berge dahin zuſetzen/<lb/> wo ſie ſeyn. Nein. Jhme iſt moͤglich/ und frey geweſen/ nach ſeiner unend-<lb/> lichen Weißheit unzehlbare andere Wege außzudenken/ die Waſſer in ge-<lb/> nugſam reicher Maß uͤber Europam außzuſpenden/ und nach ſeiner unum-<lb/> ſchrenkten Allmacht dieſelbigen unendlich vil Rahtſchluͤſſe ins Werk zuſetzen.<lb/> Weilen aber uns Menſchen mit unſerem endlichen/ und darbey verderbten<lb/> Verſtand in das Geheimzimmer der Goͤttlichen Weißheit hineinzugehen<lb/> weder erlaubt/ noch moͤglich/ iſt nicht die Frag/ was Gott habe koͤnnen tuhn/<lb/> ſondern was er habe woͤllen; ja was er wirklich verꝛichtet habe. Und iſt<lb/> einem Naturforſcher erlaubt/ mit ſeiner ſchwachen Vernunft nach zuſinnen/<lb/> welchen Weg der weiſe Schoͤpfer moͤchte gegangen ſeyn in hervorbring-<lb/> und Erhaltung ſeines Welt- und Erden gebaͤues. Ja ich meine/ es lige ihme<lb/> diß ob/ wann er je Gott kennen wil/ und liebet. Es hat ſich der groſſe Gott<lb/> nicht unbezeuget gelaſſen/ ſondern aller Ohrten/ in allen Ecken der Natur<lb/> ſich geoffenbaret.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [172/0206]
Mittaglini und dem Nord-Polo, nicht unter der Lini/ oder ſonſt in dem heiſ-
ſen Gürtelſtrich/ dann alſo haͤtten die Waſſer in unſere Mitnaͤchtig maͤſſige
Laͤnder/ Jtalien/ Frankreich/ Teutſchland/ Holland/ ꝛc. gar zu weit zu flieſſen
gehabt/ ja ſie weren meiſtens/ ehe ſie zu uns kommen/ außgerauchet/ zuge-
ſchweigen/ daß die Berge noch hoͤher haͤtten muͤſſen aufgeführet werden/ als
ſie jezt ſtehen: aber auch nicht in dem kalten Gürtelſtrich der Erden gegen
dem Nord Polo, dann da wegen immerwaͤhrender groſſer Kaͤlte nicht genug
Waſſer geſchmolzen were/ um die meiſten Laͤnder Europæ darmit zuver-
ſehen.
Zu deme kommet/ daß in denen Nord-Polariſchen Landen die Berge/
wann ſie ſchon nicht hoͤher geweſen weren/ als unſere Helvetiſche Gebirge/
denen Anwohneren ganz unfruchtbar weren geweſen/ da wir hingegen in
unſerem Schweizerland nebſt dem ewigen Schnee und Eis zu groſſem un-
ſerem Nutzen genieſſen koͤnnen die ſchoͤnſten Graßreichen Weiden/ und nebſt
dem kahlen/ kalten Winter ſehen den lieblichſten Sommer. Worauß muht-
maßlich zu ſchlieſſen/ daß die Natur und Beſchaffenheit des Erdengebaͤus
ſelbs diſen in mitten Europæ ligenden Berghauffen erforderet hat/ was
ſage ich von der Natur? beſſer iſt ein ſo herꝛliches und groſſes Werk/ wie
alle uͤbrige/ zuzuſchreiben dem allgewaltigen Arm des weiſeſten Schoͤpfers/
welcher die zweyte Erdengeſtalt in- und nach dem Suͤndfluß alſo kunſtlich
angeordnet/ wie ſie iſt. Sehet/ geehrte Leſer/ vermuhtliche Urſachen/ warum
die hoͤchſte und groͤſte Bergkaͤlte außgeſpannet durch die mitte Europæ?
Sehet/ warum die Schweiz in der Schweiz? Jch ſage mit Nachtruk/ ver-
muhtliche Urſachen/ dann gar nicht die Meynung/ das Gott nohtwendig ſeye
bewogen worden von der Natur der Sachen ſelbs die Berge dahin zuſetzen/
wo ſie ſeyn. Nein. Jhme iſt moͤglich/ und frey geweſen/ nach ſeiner unend-
lichen Weißheit unzehlbare andere Wege außzudenken/ die Waſſer in ge-
nugſam reicher Maß uͤber Europam außzuſpenden/ und nach ſeiner unum-
ſchrenkten Allmacht dieſelbigen unendlich vil Rahtſchluͤſſe ins Werk zuſetzen.
Weilen aber uns Menſchen mit unſerem endlichen/ und darbey verderbten
Verſtand in das Geheimzimmer der Goͤttlichen Weißheit hineinzugehen
weder erlaubt/ noch moͤglich/ iſt nicht die Frag/ was Gott habe koͤnnen tuhn/
ſondern was er habe woͤllen; ja was er wirklich verꝛichtet habe. Und iſt
einem Naturforſcher erlaubt/ mit ſeiner ſchwachen Vernunft nach zuſinnen/
welchen Weg der weiſe Schoͤpfer moͤchte gegangen ſeyn in hervorbring-
und Erhaltung ſeines Welt- und Erden gebaͤues. Ja ich meine/ es lige ihme
diß ob/ wann er je Gott kennen wil/ und liebet. Es hat ſich der groſſe Gott
nicht unbezeuget gelaſſen/ ſondern aller Ohrten/ in allen Ecken der Natur
ſich geoffenbaret.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |