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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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halten/ in die Enge getrieben/ ihre Elastische Bewegkraft besser außüben kön-
nen. Hierdurch werden die Speisen besser von dem Magen umfangen/ und
gekochet/ und alle Gedärme die in ihnensich aufhaltende Nutz- oder verwerffli-
che Feuchtigkeiten leichter forttreiben/ und außführen/ die vorher offen gestan-
dene Löchlein der Drüsen werden in so weit geschlossen/ das sie ihre Säfte
nicht mehr so häuffig von sich geben/ und auch das Geblüt nicht mehr so leicht
seinen Durchbruch durch dieselbe nehmen kan. Absonderlich muß iezt be-
schriebene Wirckung erfolgen von dem Gletscherwasser/ weilen unter densel-
ben sich befinden häuffige/ auch ins Gesicht kommende/ Stüklein Eis/ welche
mit wircklicher Kälte an die Zäserlein/ und zwischen ihnen ligende Drüßlein
ankommen/ und sich also nicht zuverwunderen/ wann die Anwohnere der Al-
pen sich mit Nuzen des Gletscherwassers bedienen in heilung der Rothen
Ruhr/ worzu auch etwas helffen kan ein subtile weisse Erden/ welche jezt be-
nante Milchweisse Eiswasser gemeinlich mit sich führen/ als welche die
Schärffe der etzenden Feüchtigkeiten zugleich vortrefflich milteren kan.
Wem bekant ist die Zusamenhaltung/ und Correspondenz aller Spannad-
richten Theilen des gantzen Leibs/ der sol sich nicht verwunderen/ wann von
einer durch mittel eines einigen kalten Trunks geschehener Zusamenzeuhung
der Speißröhren Magen- und Darm-Zäseren der ganze Leib Augenbliklich
erfrischet und gestärket wird. Jn betrachtung dises alles fraget sichs nicht
ohnbillich/ ob nicht die Medici in auch hizigsten Fiebern können freyge-
biger sein gegen denen Patienten in zulassung eines frischen Trunks Was-
sers? Seneca muß dise Wasserlust auch empfunden haben/ weilen er Epist.
78. die Patienten vor unglüklich hältet/ denen nicht erlaubt ist al fresco zu-
trinken. O infelicem aegrotum! quare, quia non vino nivem diluit, quia
non rigorem potionis suae, quam capaci scypho miscuit, renovat fracta insu-
per glatie.
So thane Recommendation der Eiskalten Getränken ist nicht
dahin gemeint/ daß sich dardurch von ihrem warmen Thee- und Coffee trin-
ken abschreken lassen die Liebhabere/ welchen meines Orts wol erlaube/ ja selbs
einrahte/ mässig/ und mit vernunft/ fortzusezen; anbey aber anzeige/ daß sie
durch unmässigen Gebrauch desselben ihre Gesundheit völlig werden zu grund
richten. Gestalten die in unseren Helvetischen Landen je mehr und mehr
einreissende Caffee de bauches die Zäseren des Magens schwächen/ dessen
Saurhebel verderben/ vil Gallen und Bläste pflantzen/ das Geblüt entkräf-
ten/ und sich also zu Blonigkeiten/ und allerhand Verstopfungen den Weg
bahnen. Wie auch ein übermässiges Thee trinken das Geblüt und Geister
in allzustarke Bewegung sezet/ und die allgemeine Leibeskuche/ den Magen/
verderbet.

Nun-

halten/ in die Enge getrieben/ ihre Elaſtiſche Bewegkraft beſſer außuͤben koͤn-
nen. Hierdurch werden die Speiſen beſſer von dem Magen umfangen/ und
gekochet/ und alle Gedaͤrme die in ihnenſich aufhaltende Nutz- oder verwerffli-
che Feuchtigkeiten leichter forttreiben/ und außfuͤhren/ die vorher offen geſtan-
dene Loͤchlein der Druͤſen werden in ſo weit geſchloſſen/ das ſie ihre Saͤfte
nicht mehr ſo haͤuffig von ſich geben/ und auch das Gebluͤt nicht mehr ſo leicht
ſeinen Durchbruch durch dieſelbe nehmen kan. Abſonderlich muß iezt be-
ſchriebene Wirckung erfolgen von dem Gletſcherwaſſer/ weilen unter denſel-
ben ſich befinden haͤuffige/ auch ins Geſicht kommende/ Stuͤklein Eis/ welche
mit wircklicher Kaͤlte an die Zaͤſerlein/ und zwiſchen ihnen ligende Druͤßlein
ankommen/ und ſich alſo nicht zuverwunderen/ wann die Anwohnere der Al-
pen ſich mit Nuzen des Gletſcherwaſſers bedienen in heilung der Rothen
Ruhr/ worzu auch etwas helffen kan ein ſubtile weiſſe Erden/ welche jezt be-
nante Milchweiſſe Eiswaſſer gemeinlich mit ſich fuͤhren/ als welche die
Schaͤrffe der etzenden Feuͤchtigkeiten zugleich vortrefflich milteren kan.
Wem bekant iſt die Zuſamenhaltung/ und Correſpondenz aller Spannad-
richten Theilen des gantzen Leibs/ der ſol ſich nicht verwunderen/ wann von
einer durch mittel eines einigen kalten Trunks geſchehener Zuſamenzeuhung
der Speißroͤhren Magen- und Darm-Zaͤſeren der ganze Leib Augenbliklich
erfriſchet und geſtaͤrket wird. Jn betrachtung diſes alles fraget ſichs nicht
ohnbillich/ ob nicht die Medici in auch hizigſten Fiebern koͤnnen freyge-
biger ſein gegen denen Patienten in zulaſſung eines friſchen Trunks Waſ-
ſers? Seneca muß diſe Waſſerluſt auch empfunden haben/ weilen er Epiſt.
78. die Patienten vor ungluͤklich haͤltet/ denen nicht erlaubt iſt al freſco zu-
trinken. O infelicem ægrotum! quare, quia non vino nivem diluit, quia
non rigorem potionis ſuæ, quam capaci ſcypho miſcuit, renovat fracta inſu-
per glatie.
So thane Recommendation der Eiskalten Getraͤnken iſt nicht
dahin gemeint/ daß ſich dardurch von ihrem warmen Thee- und Coffee trin-
kẽ abſchreken laſſen die Liebhabere/ welchen meines Orts wol erlaube/ ja ſelbs
einrahte/ maͤſſig/ und mit vernunft/ fortzuſezen; anbey aber anzeige/ daß ſie
durch unmaͤſſigen Gebrauch deſſelben ihre Geſundheit voͤllig werden zu grund
richten. Geſtalten die in unſeren Helvetiſchen Landen je mehr und mehr
einreiſſende Caffee de bauches die Zaͤſeren des Magens ſchwaͤchen/ deſſen
Saurhebel verderben/ vil Gallen und Blaͤſte pflantzen/ das Gebluͤt entkraͤf-
ten/ und ſich alſo zu Blonigkeiten/ und allerhand Verſtopfungen den Weg
bahnen. Wie auch ein uͤbermaͤſſiges Thee trinken das Gebluͤt und Geiſter
in allzuſtarke Bewegung ſezet/ und die allgemeine Leibeskuche/ den Magen/
verderbet.

Nun-
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[115/0143] halten/ in die Enge getrieben/ ihre Elaſtiſche Bewegkraft beſſer außuͤben koͤn- nen. Hierdurch werden die Speiſen beſſer von dem Magen umfangen/ und gekochet/ und alle Gedaͤrme die in ihnenſich aufhaltende Nutz- oder verwerffli- che Feuchtigkeiten leichter forttreiben/ und außfuͤhren/ die vorher offen geſtan- dene Loͤchlein der Druͤſen werden in ſo weit geſchloſſen/ das ſie ihre Saͤfte nicht mehr ſo haͤuffig von ſich geben/ und auch das Gebluͤt nicht mehr ſo leicht ſeinen Durchbruch durch dieſelbe nehmen kan. Abſonderlich muß iezt be- ſchriebene Wirckung erfolgen von dem Gletſcherwaſſer/ weilen unter denſel- ben ſich befinden haͤuffige/ auch ins Geſicht kommende/ Stuͤklein Eis/ welche mit wircklicher Kaͤlte an die Zaͤſerlein/ und zwiſchen ihnen ligende Druͤßlein ankommen/ und ſich alſo nicht zuverwunderen/ wann die Anwohnere der Al- pen ſich mit Nuzen des Gletſcherwaſſers bedienen in heilung der Rothen Ruhr/ worzu auch etwas helffen kan ein ſubtile weiſſe Erden/ welche jezt be- nante Milchweiſſe Eiswaſſer gemeinlich mit ſich fuͤhren/ als welche die Schaͤrffe der etzenden Feuͤchtigkeiten zugleich vortrefflich milteren kan. Wem bekant iſt die Zuſamenhaltung/ und Correſpondenz aller Spannad- richten Theilen des gantzen Leibs/ der ſol ſich nicht verwunderen/ wann von einer durch mittel eines einigen kalten Trunks geſchehener Zuſamenzeuhung der Speißroͤhren Magen- und Darm-Zaͤſeren der ganze Leib Augenbliklich erfriſchet und geſtaͤrket wird. Jn betrachtung diſes alles fraget ſichs nicht ohnbillich/ ob nicht die Medici in auch hizigſten Fiebern koͤnnen freyge- biger ſein gegen denen Patienten in zulaſſung eines friſchen Trunks Waſ- ſers? Seneca muß diſe Waſſerluſt auch empfunden haben/ weilen er Epiſt. 78. die Patienten vor ungluͤklich haͤltet/ denen nicht erlaubt iſt al freſco zu- trinken. O infelicem ægrotum! quare, quia non vino nivem diluit, quia non rigorem potionis ſuæ, quam capaci ſcypho miſcuit, renovat fracta inſu- per glatie. So thane Recommendation der Eiskalten Getraͤnken iſt nicht dahin gemeint/ daß ſich dardurch von ihrem warmen Thee- und Coffee trin- kẽ abſchreken laſſen die Liebhabere/ welchen meines Orts wol erlaube/ ja ſelbs einrahte/ maͤſſig/ und mit vernunft/ fortzuſezen; anbey aber anzeige/ daß ſie durch unmaͤſſigen Gebrauch deſſelben ihre Geſundheit voͤllig werden zu grund richten. Geſtalten die in unſeren Helvetiſchen Landen je mehr und mehr einreiſſende Caffee de bauches die Zaͤſeren des Magens ſchwaͤchen/ deſſen Saurhebel verderben/ vil Gallen und Blaͤſte pflantzen/ das Gebluͤt entkraͤf- ten/ und ſich alſo zu Blonigkeiten/ und allerhand Verſtopfungen den Weg bahnen. Wie auch ein uͤbermaͤſſiges Thee trinken das Gebluͤt und Geiſter in allzuſtarke Bewegung ſezet/ und die allgemeine Leibeskuche/ den Magen/ verderbet. Nun-

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/143>, abgerufen am 21.11.2024.