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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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lasset aber so thane weitläuffigkeit unser engeraum nicht zu. Auß bißheri-
gen Fundamenten kan ein verständiger Arzet leicht schliessen/ auf was weise
ein solcher in sein Vatterland auf eine ohnmässige weise verliebter Patient
könne tractiert und geheilet werden. Ein Politicus wird den Einschlag ge-
ben/ man solle so bald möglich/ ehe die Krankheit überhand genommen/ mit
solchen verliebten Leuthen naher Hauß fahren/ sie nicht aufhalten/ zur Heim-
kehr alle beförderung thun/ ja sie wirklich auf die Straß schicken mit dem
kranknen/ matten Leib; wann aber diß die Umstände der zeit und des Orts/
oder hohe grad der Krankheit solches nicht zulasset/ so spreche man wenigstens
dem Kranknen einen herzhaften Muth ein/ man versichere ihne/ daß er die
Heimreise solle vornehmen/ so bald es sich ein wenig bessere/ um dardurch die
sinnlichen Geister aufzumunteren/ daß sie durch ihren kräftigen Einfluß in
alle äussere Glieder den mangel der inneren gegentrukenden Luft ersetzen/ und
den zunemmenden gewalt der äusseren abhalten. Exempel gibt es genug de-
ren/ die durch bisher beliebtes Mittel auß disem seltsamen und gefahrlichen
Zustand errettet worden: Soldaten/ die halb tod/ nach erhaltenem Abscheid/
sich auf die Reise gerüstet/ und in währender Heimkehr/ oder nach follende-
ter Reise/ gesund worden; andere/ denen man den Abscheid nur auf den
Schein hin außgefertiget/ und darmit das Leben gefristet: Nebst dergleichen
Politischen Mittlen müssen Arzney verständige bedacht seyn auf alles das/
was die innere in denen Aderen des Patienten ligende Luft kan stärken/ und
die aussere aufligende schwächen. Auf disen Fuß wil folgende wenige Mit-
tel vorschlagen/ und die Herren Officiers und Feld-Arzet ersuchen/ der selbi-
gen Wirkung an ihren Patienten zu erfahren. Jst der Krankne an einem
Ort/ da in der nähe ein hoher Berg/ oder Thurn sich findet/ so beliebe man
ihme dorthin sein Quartier zu veränderen/ damit er insich schlucken könne
ein leichtere/ nicht so schwer auf ihne truckende Luft. Wann dises nicht zu-
länglich/ oder ins Werk zurichten unmöglich/ so bedenke man sich auf sol-
che Arzneyen/ welche eine zusamen gepreßte Luft insich enthälten. Unter sol-
chen möchte wol den vordersten rang haben der Salpeter/ und was auß
ihme gemachet wird; Als da sind das Nitrum fixum, Arcanum dupli-
catum Myns. Spiritus Nitri,
ins Wasser gelegt/ und darab oft getrunken;
oder in mangel deren nemme man das Schieß- oder Büchsenpul ver/ dessen
verwunderlich starcke Treibkraft die heutigen Naturlehrer mit besten Grün-
den herleiten von einer zusamen gepreßten/ sich bey gegebenem anlaß starck
außdehnenden Luft: Nebst dem Nitro kan auch dienen der Most/ oder neue

noch

laſſet aber ſo thane weitlaͤuffigkeit unſer engeraum nicht zu. Auß bißheri-
gen Fundamenten kan ein verſtaͤndiger Arzet leicht ſchlieſſen/ auf was weiſe
ein ſolcher in ſein Vatterland auf eine ohnmaͤſſige weiſe verliebter Patient
koͤnne tractiert und geheilet werden. Ein Politicus wird den Einſchlag ge-
ben/ man ſolle ſo bald moͤglich/ ehe die Krankheit uͤberhand genommen/ mit
ſolchen verliebten Leuthen naher Hauß fahren/ ſie nicht aufhalten/ zur Heim-
kehr alle befoͤrderung thun/ ja ſie wirklich auf die Straß ſchicken mit dem
kranknen/ matten Leib; wann aber diß die Umſtaͤnde der zeit und des Orts/
oder hohe grad der Krankheit ſolches nicht zulaſſet/ ſo ſpreche man wenigſtens
dem Kranknen einen herzhaften Muth ein/ man verſichere ihne/ daß er die
Heimreiſe ſolle vornehmen/ ſo bald es ſich ein wenig beſſere/ um dardurch die
ſinnlichen Geiſter aufzumunteren/ daß ſie durch ihren kraͤftigen Einfluß in
alle aͤuſſere Glieder den mangel der inneren gegentrukenden Luft erſetzen/ und
den zunem̃enden gewalt der aͤuſſeren abhalten. Exempel gibt es genug de-
ren/ die durch bisher beliebtes Mittel auß diſem ſeltſamen und gefahrlichen
Zuſtand erꝛettet worden: Soldaten/ die halb tod/ nach erhaltenem Abſcheid/
ſich auf die Reiſe geruͤſtet/ und in waͤhrender Heimkehr/ oder nach follende-
ter Reiſe/ geſund worden; andere/ denen man den Abſcheid nur auf den
Schein hin außgefertiget/ und darmit das Leben gefriſtet: Nebſt dergleichen
Politiſchen Mittlen muͤſſen Arzney verſtaͤndige bedacht ſeyn auf alles das/
was die innere in denen Aderen des Patienten ligende Luft kan ſtaͤrken/ und
die auſſere aufligende ſchwaͤchen. Auf diſen Fuß wil folgende wenige Mit-
tel vorſchlagen/ und die Herꝛen Officiers und Feld-Arzet erſuchen/ der ſelbi-
gen Wirkung an ihren Patienten zu erfahren. Jſt der Krankne an einem
Ort/ da in der naͤhe ein hoher Berg/ oder Thurn ſich findet/ ſo beliebe man
ihme dorthin ſein Quartier zu veraͤnderen/ damit er inſich ſchlucken koͤnne
ein leichtere/ nicht ſo ſchwer auf ihne truckende Luft. Wann diſes nicht zu-
laͤnglich/ oder ins Werk zurichten unmoͤglich/ ſo bedenke man ſich auf ſol-
che Arzneyen/ welche eine zuſamen gepreßte Luft inſich enthaͤlten. Unter ſol-
chen moͤchte wol den vorderſten rang haben der Salpeter/ und was auß
ihme gemachet wird; Als da ſind das Nitrum fixum, Arcanum dupli-
catum Myns. Spiritus Nitri,
ins Waſſer gelegt/ und darab oft getrunken;
oder in mangel deren nemme man das Schieß- oder Buͤchſenpul ver/ deſſen
verwunderlich ſtarcke Treibkraft die heutigen Naturlehrer mit beſten Gruͤn-
den herleiten von einer zuſamen gepreßten/ ſich bey gegebenem anlaß ſtarck
außdehnenden Luft: Nebſt dem Nitro kan auch dienen der Moſt/ oder neue

noch
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[(59)[59]/0082] laſſet aber ſo thane weitlaͤuffigkeit unſer engeraum nicht zu. Auß bißheri- gen Fundamenten kan ein verſtaͤndiger Arzet leicht ſchlieſſen/ auf was weiſe ein ſolcher in ſein Vatterland auf eine ohnmaͤſſige weiſe verliebter Patient koͤnne tractiert und geheilet werden. Ein Politicus wird den Einſchlag ge- ben/ man ſolle ſo bald moͤglich/ ehe die Krankheit uͤberhand genommen/ mit ſolchen verliebten Leuthen naher Hauß fahren/ ſie nicht aufhalten/ zur Heim- kehr alle befoͤrderung thun/ ja ſie wirklich auf die Straß ſchicken mit dem kranknen/ matten Leib; wann aber diß die Umſtaͤnde der zeit und des Orts/ oder hohe grad der Krankheit ſolches nicht zulaſſet/ ſo ſpreche man wenigſtens dem Kranknen einen herzhaften Muth ein/ man verſichere ihne/ daß er die Heimreiſe ſolle vornehmen/ ſo bald es ſich ein wenig beſſere/ um dardurch die ſinnlichen Geiſter aufzumunteren/ daß ſie durch ihren kraͤftigen Einfluß in alle aͤuſſere Glieder den mangel der inneren gegentrukenden Luft erſetzen/ und den zunem̃enden gewalt der aͤuſſeren abhalten. Exempel gibt es genug de- ren/ die durch bisher beliebtes Mittel auß diſem ſeltſamen und gefahrlichen Zuſtand erꝛettet worden: Soldaten/ die halb tod/ nach erhaltenem Abſcheid/ ſich auf die Reiſe geruͤſtet/ und in waͤhrender Heimkehr/ oder nach follende- ter Reiſe/ geſund worden; andere/ denen man den Abſcheid nur auf den Schein hin außgefertiget/ und darmit das Leben gefriſtet: Nebſt dergleichen Politiſchen Mittlen muͤſſen Arzney verſtaͤndige bedacht ſeyn auf alles das/ was die innere in denen Aderen des Patienten ligende Luft kan ſtaͤrken/ und die auſſere aufligende ſchwaͤchen. Auf diſen Fuß wil folgende wenige Mit- tel vorſchlagen/ und die Herꝛen Officiers und Feld-Arzet erſuchen/ der ſelbi- gen Wirkung an ihren Patienten zu erfahren. Jſt der Krankne an einem Ort/ da in der naͤhe ein hoher Berg/ oder Thurn ſich findet/ ſo beliebe man ihme dorthin ſein Quartier zu veraͤnderen/ damit er inſich ſchlucken koͤnne ein leichtere/ nicht ſo ſchwer auf ihne truckende Luft. Wann diſes nicht zu- laͤnglich/ oder ins Werk zurichten unmoͤglich/ ſo bedenke man ſich auf ſol- che Arzneyen/ welche eine zuſamen gepreßte Luft inſich enthaͤlten. Unter ſol- chen moͤchte wol den vorderſten rang haben der Salpeter/ und was auß ihme gemachet wird; Als da ſind das Nitrum fixum, Arcanum dupli- catum Myns. Spiritus Nitri, ins Waſſer gelegt/ und darab oft getrunken; oder in mangel deren nemme man das Schieß- oder Buͤchſenpul ver/ deſſen verwunderlich ſtarcke Treibkraft die heutigen Naturlehrer mit beſten Gruͤn- den herleiten von einer zuſamen gepreßten/ ſich bey gegebenem anlaß ſtarck außdehnenden Luft: Nebſt dem Nitro kan auch dienen der Moſt/ oder neue noch

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (59)[59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/82>, abgerufen am 21.11.2024.