Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil/ den sie Ankenmilch nennen/ scheidet von dem hiermit gemachten
Butter/ oder Anken selbs.

Von dem Ziger/ und Schotten.

ES kommet der auf oberzehlte weise gemachte Ziger/ Recocta, Caseus
secundarius,
herauß/ nach deme die Milch schon den Käse und Butter
von sich gegeben/ und wird vor den zukönftigen/ sonderlich winterli-
chen Speiß gebrauch bewahr et in dem Zigerrumpf/ ein von Tanurinden ge-
machtes/ mit Tanninen Wurzlen zusamen genäyetes/ rundes/ zwey oder
dritthalb Schuhe hohes Gefäß; oder in der Zigertrimmen/ welches vier-
eckicht/ von Bretteren zusamen gemachet: über diß beschweret mit Trimme-
steinen/ oder Ladsteinen/
damit die in dem Ziger noch übrige Schotten auß-
getriben werde/ und der Ziger selbs desto frischer bleibe. Die Schotten
selbs dienet zur nahrung den Schweinen/ welche auf allen Alpen bey denen
Sennhütten anzutreffen/ mit dem Ziger aber gibt sie eine Speise ab vor die
Sennen/ und ihres Gesind. Eine solche Speise müssen auch in ihrer höle
gehabt haben die Cyclopes, bey denen Ulisses eingekehrt/ wie uns dessen be-
richtet Homer. Odyss. IX.

Statim autem dimidium coagulans albi Lactis
Textilibus in Calathis constructum reposuit,
Dimidium autem rursus constituit in vasibus, utei esset
Jn potum sume[verlorenes Material - 2 Zeichen fehlen]i cibum, & ad coenam sufficeret.

Dadurch das erste halbe Theil kan verstanden werden der Käse/ durch
das andere die pure Milch/ oder die Suffi/ oder Schotten.

Von Nidelbrot und Stunkenwerne.

ES behelffen sich die Aelpler nicht nur der Milch/ Butters/ Käses/ Zi-
gers/ Suffi/ und Schotten/ sondern wissen auch ihnen selbs oder
fremden ankommenden Gästen zubereiten allerhand niedliche Milch-
speisen; unter denen vornehmlich kan gezellet werden das Nidelbrot/ wor-
mit sie ganz wol benennen ein in heissen Nidel oder getunktes/ oder gekochtes/
in Schnitten/ oder brocken zertheiltes Brot/ welches einiche auch zurüsten
mit Butter und Milch; hernach die Stunkenwerne/ ein feißtes Mus/
wird gemachet auß Nidel/ Mähl/ und Eyeren/ wann die beyhanden seyn. An-
dere nehmen Butter/ Mähl/ und Ziger. Bey zurüstung dises Muses ist zu-
gewahren/ daß wann es den höchsten grad der hitz erreichet/ und die zunge und
hals verbrennen wurde/ der oben auf schwimmende Butterförmige Nidel nur

lau

Theil/ den ſie Ankenmilch nennen/ ſcheidet von dem hiermit gemachten
Butter/ oder Anken ſelbs.

Von dem Ziger/ und Schotten.

ES kom̃et der auf oberzehlte weiſe gemachte Ziger/ Recocta, Caſeus
ſecundarius,
herauß/ nach deme die Milch ſchon den Kaͤſe und Butter
von ſich gegeben/ und wird vor den zukoͤnftigen/ ſonderlich winterli-
chen Speiß gebrauch bewahr et in dem Zigerꝛumpf/ ein von Tanurinden ge-
machtes/ mit Tanninen Wurzlen zuſamen genaͤyetes/ rundes/ zwey oder
dritthalb Schuhe hohes Gefaͤß; oder in der Zigertrimmen/ welches vier-
eckicht/ von Bretteren zuſamen gemachet: uͤber diß beſchweret mit Trim̃e-
ſteinen/ oder Ladſteinen/
damit die in dem Ziger noch uͤbrige Schotten auß-
getriben werde/ und der Ziger ſelbs deſto friſcher bleibe. Die Schotten
ſelbs dienet zur nahrung den Schweinen/ welche auf allen Alpen bey denen
Sennhuͤtten anzutreffen/ mit dem Ziger aber gibt ſie eine Speiſe ab vor die
Sennen/ und ihres Geſind. Eine ſolche Speiſe muͤſſen auch in ihrer hoͤle
gehabt haben die Cyclopes, bey denen Uliſſes eingekehrt/ wie uns deſſen be-
richtet Homer. Odyſſ. IX.

Statim autem dimidium coagulans albi Lactis
Textilibus in Calathis conſtructum repoſuit,
Dimidium autem rurſus conſtituit in vaſibus, utei eſſet
Jn potum ſume[verlorenes Material – 2 Zeichen fehlen]i cibum, & ad cœnam ſufficeret.

Dadurch das erſte halbe Theil kan verſtanden werden der Kaͤſe/ durch
das andere die pure Milch/ oder die Suffi/ oder Schotten.

Von Nidelbrot und Stunkenwerne.

ES behelffen ſich die Aelpler nicht nur der Milch/ Butters/ Kaͤſes/ Zi-
gers/ Suffi/ und Schotten/ ſondern wiſſen auch ihnen ſelbs oder
fremden ankommenden Gaͤſten zubereiten allerhand niedliche Milch-
ſpeiſen; unter denen vornehmlich kan gezellet werden das Nidelbrot/ wor-
mit ſie ganz wol beneñen ein in heiſſen Nidel oder getunktes/ oder gekochtes/
in Schnitten/ oder brocken zertheiltes Brot/ welches einiche auch zuruͤſten
mit Butter und Milch; hernach die Stunkenwerne/ ein feißtes Mus/
wird gemachet auß Nidel/ Maͤhl/ und Eyeren/ wann die beyhanden ſeyn. An-
dere nehmen Butter/ Maͤhl/ und Ziger. Bey zuruͤſtung diſes Muſes iſt zu-
gewahren/ daß wann es den hoͤchſten grad der hitz erꝛeichet/ und die zunge und
hals verbrennen wurde/ der oben auf ſchwim̃ende Butterfoͤrmige Nidel nur

lau
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0050" n="35"/>
Theil/ den &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Ankenmilch</hi> nennen/ &#x017F;cheidet von dem hiermit gemachten<lb/>
Butter/ oder <hi rendition="#fr">Anken</hi> &#x017F;elbs.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von dem Ziger/ und Schotten.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>S kom&#x0303;et der auf oberzehlte wei&#x017F;e gemachte Ziger/ <hi rendition="#aq">Recocta, Ca&#x017F;eus<lb/>
&#x017F;ecundarius,</hi> herauß/ nach deme die Milch &#x017F;chon den Ka&#x0364;&#x017F;e und Butter<lb/>
von &#x017F;ich gegeben/ und wird vor den zuko&#x0364;nftigen/ &#x017F;onderlich winterli-<lb/>
chen Speiß gebrauch bewahr et in dem <hi rendition="#fr">Ziger&#xA75B;umpf/</hi> ein von Tanurinden ge-<lb/>
machtes/ mit Tanninen Wurzlen zu&#x017F;amen gena&#x0364;yetes/ rundes/ zwey oder<lb/>
dritthalb Schuhe hohes Gefa&#x0364;ß; oder in der <hi rendition="#fr">Zigertrimmen/</hi> welches vier-<lb/>
eckicht/ von Bretteren zu&#x017F;amen gemachet: u&#x0364;ber diß be&#x017F;chweret mit <hi rendition="#fr">Trim&#x0303;e-<lb/>
&#x017F;teinen/ oder Lad&#x017F;teinen/</hi> damit die in dem Ziger noch u&#x0364;brige Schotten auß-<lb/>
getriben werde/ und der Ziger &#x017F;elbs de&#x017F;to fri&#x017F;cher bleibe. Die Schotten<lb/>
&#x017F;elbs dienet zur nahrung den Schweinen/ welche auf allen Alpen bey denen<lb/>
Sennhu&#x0364;tten anzutreffen/ mit dem Ziger aber gibt &#x017F;ie eine Spei&#x017F;e ab vor die<lb/>
Sennen/ und ihres Ge&#x017F;ind. Eine &#x017F;olche Spei&#x017F;e mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch in ihrer ho&#x0364;le<lb/>
gehabt haben die <hi rendition="#aq">Cyclopes,</hi> bey denen <hi rendition="#aq">Uli&#x017F;&#x017F;es</hi> eingekehrt/ wie uns de&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
richtet <hi rendition="#aq">Homer. Ody&#x017F;&#x017F;. IX.</hi></p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Statim autem dimidium coagulans albi Lactis<lb/>
Textilibus in Calathis con&#x017F;tructum repo&#x017F;uit,<lb/>
Dimidium autem rur&#x017F;us con&#x017F;tituit in va&#x017F;ibus, utei e&#x017F;&#x017F;et<lb/>
Jn potum &#x017F;ume<gap reason="lost" unit="chars" quantity="2"/>i cibum, &amp; ad c&#x0153;nam &#x017F;ufficeret.</hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Dadurch das er&#x017F;te halbe Theil kan ver&#x017F;tanden werden der Ka&#x0364;&#x017F;e/ durch<lb/>
das andere die pure Milch/ oder die Suffi/ oder Schotten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von Nidelbrot und Stunkenwerne.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>S behelffen &#x017F;ich die Aelpler nicht nur der Milch/ Butters/ Ka&#x0364;&#x017F;es/ Zi-<lb/>
gers/ Suffi/ und Schotten/ &#x017F;ondern wi&#x017F;&#x017F;en auch ihnen &#x017F;elbs oder<lb/>
fremden ankommenden Ga&#x0364;&#x017F;ten zubereiten allerhand niedliche Milch-<lb/>
&#x017F;pei&#x017F;en; unter denen vornehmlich kan gezellet werden das <hi rendition="#fr">Nidelbrot/</hi> wor-<lb/>
mit &#x017F;ie ganz wol benen&#x0303;en ein in hei&#x017F;&#x017F;en Nidel oder getunktes/ oder gekochtes/<lb/>
in Schnitten/ oder brocken zertheiltes Brot/ welches einiche auch zuru&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
mit Butter und Milch; hernach die <hi rendition="#fr">Stunkenwerne/ ein feißtes Mus/</hi><lb/>
wird gemachet auß Nidel/ Ma&#x0364;hl/ und Eyeren/ wann die beyhanden &#x017F;eyn. An-<lb/>
dere nehmen Butter/ Ma&#x0364;hl/ und Ziger. Bey zuru&#x0364;&#x017F;tung di&#x017F;es Mu&#x017F;es i&#x017F;t zu-<lb/>
gewahren/ daß wann es den ho&#x0364;ch&#x017F;ten grad der hitz er&#xA75B;eichet/ und die zunge und<lb/>
hals verbrennen wurde/ der oben auf &#x017F;chwim&#x0303;ende Butterfo&#x0364;rmige Nidel nur<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lau</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0050] Theil/ den ſie Ankenmilch nennen/ ſcheidet von dem hiermit gemachten Butter/ oder Anken ſelbs. Von dem Ziger/ und Schotten. ES kom̃et der auf oberzehlte weiſe gemachte Ziger/ Recocta, Caſeus ſecundarius, herauß/ nach deme die Milch ſchon den Kaͤſe und Butter von ſich gegeben/ und wird vor den zukoͤnftigen/ ſonderlich winterli- chen Speiß gebrauch bewahr et in dem Zigerꝛumpf/ ein von Tanurinden ge- machtes/ mit Tanninen Wurzlen zuſamen genaͤyetes/ rundes/ zwey oder dritthalb Schuhe hohes Gefaͤß; oder in der Zigertrimmen/ welches vier- eckicht/ von Bretteren zuſamen gemachet: uͤber diß beſchweret mit Trim̃e- ſteinen/ oder Ladſteinen/ damit die in dem Ziger noch uͤbrige Schotten auß- getriben werde/ und der Ziger ſelbs deſto friſcher bleibe. Die Schotten ſelbs dienet zur nahrung den Schweinen/ welche auf allen Alpen bey denen Sennhuͤtten anzutreffen/ mit dem Ziger aber gibt ſie eine Speiſe ab vor die Sennen/ und ihres Geſind. Eine ſolche Speiſe muͤſſen auch in ihrer hoͤle gehabt haben die Cyclopes, bey denen Uliſſes eingekehrt/ wie uns deſſen be- richtet Homer. Odyſſ. IX. Statim autem dimidium coagulans albi Lactis Textilibus in Calathis conſtructum repoſuit, Dimidium autem rurſus conſtituit in vaſibus, utei eſſet Jn potum ſume__i cibum, & ad cœnam ſufficeret. Dadurch das erſte halbe Theil kan verſtanden werden der Kaͤſe/ durch das andere die pure Milch/ oder die Suffi/ oder Schotten. Von Nidelbrot und Stunkenwerne. ES behelffen ſich die Aelpler nicht nur der Milch/ Butters/ Kaͤſes/ Zi- gers/ Suffi/ und Schotten/ ſondern wiſſen auch ihnen ſelbs oder fremden ankommenden Gaͤſten zubereiten allerhand niedliche Milch- ſpeiſen; unter denen vornehmlich kan gezellet werden das Nidelbrot/ wor- mit ſie ganz wol beneñen ein in heiſſen Nidel oder getunktes/ oder gekochtes/ in Schnitten/ oder brocken zertheiltes Brot/ welches einiche auch zuruͤſten mit Butter und Milch; hernach die Stunkenwerne/ ein feißtes Mus/ wird gemachet auß Nidel/ Maͤhl/ und Eyeren/ wann die beyhanden ſeyn. An- dere nehmen Butter/ Maͤhl/ und Ziger. Bey zuruͤſtung diſes Muſes iſt zu- gewahren/ daß wann es den hoͤchſten grad der hitz erꝛeichet/ und die zunge und hals verbrennen wurde/ der oben auf ſchwim̃ende Butterfoͤrmige Nidel nur lau

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/50
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/50>, abgerufen am 21.11.2024.