Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

Bild:
<< vorherige Seite

auch eine ungemeine Wärme in unser Land/ daher der Schnee auf den ho-
hen Gebirgen aufs neue angefangen schmilzen/ die Wasser aller Ohrten an-
lauffen/ welche grossen schaden hie und da verursachet/ worvon auch oben
gemeldet worden. Bey diser Erdzitterung bliebe es nicht. Zu
Eglisau/ und dortherum/ einer dem Loblichen Stand Zürich zuge-
hörigen Vogtey/ spürte man vier tag hernach/ den 17. Nov. abends nach 7.
uhren einen neuen Erdbidem/ und zwaren stärker/ als den ersten. Bey wel-
chem anlas zugewahren/ daß die Gegne um Eglisau/ so auch die Grafschaft
Baden/ Freyherrschaft Sax/ nebst den Loblichen Cantonen Basel/ und
Glarus vor anderen Orten des Schweizerlands denen Erderschütte-
rungen unterworffen. Von denen natürlichen Ursachen der so oft-
maligen Erschütterungen des Glarnerlands/ und sonderlich des Grossen
Thals
/ ist bereits gehandlet worden N. 31. p. 121. etc. und fügen wir zu
mehrerer bekräftigung dessen/ was domals geschrieben worden/ hinzu/ das
von Schwanden bis ins Linthal sich aller Orten zeigen Schwefelbrünnen/
und andere Mineralische Wasser/ worauß die Materialien zu einem Unter-
irdischen Feuer ohnschwer können hergeleitet werden. Von der Statt und
Landschaft Basel ist zuvermuthen/ daß die unter Jhro gelegenen hölinen/ in
welchen sonderlich vil Schwefel/ und andere dergleichen Materialien/ gele-
gen/ währenden so gar starken Erschüttungen in den Jahren 1357. 1372.
1416. 1428. 1444. etc. von welchen oben N. 32. p. 125. meldung geschehen/ ein-
gefallen/ und mit Felsen/ Sand/ und anderer dergleichen nicht entzündlichen
Materi verschüttet worden/ weilen man gewahret/ daß sint ungefahr 100.
Jahren die Erdbidem allda nimmer so oft und stark gewesen/ wie vor disem/
ja mehrmalen in andern Orten des Schweizerlands Erschütterungen ge-
spürt worden/ und aber Basel lähr außgangen. Eglisau/ Sax/ und
Baden
/ halb ist auß ihrer Situation/ oder Beschaffenheit ihres Lagers zu-
schliessen/ daß solche gleichsam unterminiert mit vilen holen Klüften und gän-
gen/ in welchen eine entzündte Materi nothwendig muß die obere Erden-
Rinde aufheben/ und in eine Erzitterung bringen. Es senkten und lenkten
sich alldort in erneuerung der Erde nach dem Sündfluß die Berge und Fel-
sen von allen seiten gegen einander/ so daß sie gleichsam ein natürliches Ge-
wölbe müssen außmachen/ unter welchem dann die holen Minen/ oder gänge
sein. Es sol uns billich die betrachtung so thaner Naturgewölben setzen in
eine heilige forcht/ und anmahnen zu einem beständig frommen Leben/ wei-

len

auch eine ungemeine Waͤrme in unſer Land/ daher der Schnee auf den ho-
hen Gebirgen aufs neue angefangen ſchmilzen/ die Waſſer aller Ohrten an-
lauffen/ welche groſſen ſchaden hie und da verurſachet/ worvon auch oben
gemeldet worden. Bey diſer Erdzitterung bliebe es nicht. Zu
Egliſau/ und dortherum/ einer dem Loblichen Stand Zuͤrich zuge-
hoͤrigen Vogtey/ ſpuͤrte man vier tag hernach/ den 17. Nov. abends nach 7.
uhren einen neuen Erdbidem/ und zwaren ſtaͤrker/ als den erſten. Bey wel-
chem anlas zugewahren/ daß die Gegne um Egliſau/ ſo auch die Grafſchaft
Baden/ Freyherꝛſchaft Sax/ nebſt den Loblichen Cantonen Baſel/ und
Glarus vor anderen Orten des Schweizerlands denen Erderſchuͤtte-
rungen unterworffen. Von denen natuͤrlichen Urſachen der ſo oft-
maligen Erſchuͤtterungen des Glarnerlands/ und ſonderlich des Groſſen
Thals
/ iſt bereits gehandlet worden N. 31. p. 121. ꝛc. und fuͤgen wir zu
mehrerer bekraͤftigung deſſen/ was domals geſchrieben worden/ hinzu/ das
von Schwanden bis ins Linthal ſich aller Orten zeigen Schwefelbruͤñen/
und andere Mineraliſche Waſſer/ worauß die Materialien zu einem Unter-
irdiſchen Feuer ohnſchwer koͤnnen hergeleitet werden. Von der Statt und
Landſchaft Baſel iſt zuvermuthen/ daß die unter Jhro gelegenen hoͤlinen/ in
welchen ſonderlich vil Schwefel/ und andere dergleichen Materialien/ gele-
gen/ waͤhrenden ſo gar ſtarken Erſchuͤttungen in den Jahren 1357. 1372.
1416. 1428. 1444. ꝛc. von welchen oben N. 32. p. 125. meldung geſchehen/ ein-
gefallen/ und mit Felſen/ Sand/ und anderer dergleichen nicht entzuͤndlichen
Materi verſchuͤttet worden/ weilen man gewahret/ daß ſint ungefahr 100.
Jahren die Erdbidem allda nimmer ſo oft und ſtark geweſen/ wie vor diſem/
ja mehrmalen in andern Orten des Schweizerlands Erſchuͤtterungen ge-
ſpuͤrt worden/ und aber Baſel laͤhr außgangen. Egliſau/ Sax/ und
Baden
/ halb iſt auß ihrer Situation/ oder Beſchaffenheit ihres Lagers zu-
ſchlieſſen/ daß ſolche gleichſam unterminiert mit vilen holen Kluͤften und gaͤn-
gen/ in welchen eine entzuͤndte Materi nothwendig muß die obere Erden-
Rinde aufheben/ und in eine Erzitterung bringen. Es ſenkten und lenkten
ſich alldort in erneuerung der Erde nach dem Suͤndfluß die Berge und Fel-
ſen von allen ſeiten gegen einander/ ſo daß ſie gleichſam ein natuͤrliches Ge-
woͤlbe muͤſſen außmachen/ unter welchem dann die holen Minen/ oder gaͤnge
ſein. Es ſol uns billich die betrachtung ſo thaner Naturgewoͤlben ſetzen in
eine heilige forcht/ und anmahnen zu einem beſtaͤndig frommen Leben/ wei-

len
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="(186)[186]"/>
auch eine ungemeine Wa&#x0364;rme in un&#x017F;er Land/ daher der Schnee auf den ho-<lb/>
hen Gebirgen aufs neue angefangen &#x017F;chmilzen/ die Wa&#x017F;&#x017F;er aller Ohrten an-<lb/>
lauffen/ welche gro&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chaden hie und da verur&#x017F;achet/ worvon auch oben<lb/>
gemeldet worden. Bey di&#x017F;er Erdzitterung bliebe es nicht. Zu<lb/>
Egli&#x017F;au/ und dortherum/ einer dem Loblichen Stand Zu&#x0364;rich zuge-<lb/>
ho&#x0364;rigen Vogtey/ &#x017F;pu&#x0364;rte man vier tag hernach/ den 17. Nov. abends nach 7.<lb/>
uhren einen neuen Erdbidem/ und zwaren &#x017F;ta&#x0364;rker/ als den er&#x017F;ten. Bey wel-<lb/>
chem anlas zugewahren/ daß die Gegne um <hi rendition="#fr">Egli&#x017F;au</hi>/ &#x017F;o auch die Graf&#x017F;chaft<lb/><hi rendition="#fr">Baden</hi>/ Freyher&#xA75B;&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Sax</hi>/ neb&#x017F;t den Loblichen Cantonen <hi rendition="#fr">Ba&#x017F;el</hi>/ und<lb/><hi rendition="#fr">Glarus</hi> vor anderen Orten des Schweizerlands denen Erder&#x017F;chu&#x0364;tte-<lb/>
rungen unterworffen. Von denen natu&#x0364;rlichen Ur&#x017F;achen der &#x017F;o oft-<lb/>
maligen Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen des <hi rendition="#fr">Glarnerlands</hi>/ und &#x017F;onderlich des <hi rendition="#fr">Gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Thals</hi>/ i&#x017F;t bereits gehandlet worden N. 31. <hi rendition="#aq">p. 121.</hi> &#xA75B;c. und fu&#x0364;gen wir zu<lb/>
mehrerer bekra&#x0364;ftigung de&#x017F;&#x017F;en/ was domals ge&#x017F;chrieben worden/ hinzu/ das<lb/>
von <hi rendition="#fr">Schwanden</hi> bis ins Linthal &#x017F;ich aller Orten zeigen Schwefelbru&#x0364;n&#x0303;en/<lb/>
und andere Minerali&#x017F;che Wa&#x017F;&#x017F;er/ worauß die Materialien zu einem Unter-<lb/>
irdi&#x017F;chen Feuer ohn&#x017F;chwer ko&#x0364;nnen hergeleitet werden. Von der Statt und<lb/>
Land&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Ba&#x017F;el</hi> i&#x017F;t zuvermuthen/ daß die unter Jhro gelegenen ho&#x0364;linen/ in<lb/>
welchen &#x017F;onderlich vil Schwefel/ und andere dergleichen Materialien/ gele-<lb/>
gen/ wa&#x0364;hrenden &#x017F;o gar &#x017F;tarken Er&#x017F;chu&#x0364;ttungen in den Jahren 1357. 1372.<lb/>
1416. 1428. 1444. &#xA75B;c. von welchen oben N. 32. <hi rendition="#aq">p. 125.</hi> meldung ge&#x017F;chehen/ ein-<lb/>
gefallen/ und mit Fel&#x017F;en/ Sand/ und anderer dergleichen nicht entzu&#x0364;ndlichen<lb/>
Materi ver&#x017F;chu&#x0364;ttet worden/ weilen man gewahret/ daß &#x017F;int ungefahr 100.<lb/>
Jahren die Erdbidem allda nimmer &#x017F;o oft und &#x017F;tark gewe&#x017F;en/ wie vor di&#x017F;em/<lb/>
ja mehrmalen in andern Orten des Schweizerlands Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen ge-<lb/>
&#x017F;pu&#x0364;rt worden/ und aber Ba&#x017F;el la&#x0364;hr außgangen. <hi rendition="#fr">Egli&#x017F;au/ Sax/ und<lb/>
Baden</hi>/ halb i&#x017F;t auß ihrer Situation/ oder Be&#x017F;chaffenheit ihres Lagers zu-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ daß &#x017F;olche gleich&#x017F;am unterminiert mit vilen holen Klu&#x0364;ften und ga&#x0364;n-<lb/>
gen/ in welchen eine entzu&#x0364;ndte Materi nothwendig muß die obere Erden-<lb/>
Rinde aufheben/ und in eine Erzitterung bringen. Es &#x017F;enkten und lenkten<lb/>
&#x017F;ich alldort in erneuerung der Erde nach dem Su&#x0364;ndfluß die Berge und Fel-<lb/>
&#x017F;en von allen &#x017F;eiten gegen einander/ &#x017F;o daß &#x017F;ie gleich&#x017F;am ein natu&#x0364;rliches Ge-<lb/>
wo&#x0364;lbe mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en außmachen/ unter welchem dann die holen Minen/ oder ga&#x0364;nge<lb/>
&#x017F;ein. Es &#x017F;ol uns billich die betrachtung &#x017F;o thaner Naturgewo&#x0364;lben &#x017F;etzen in<lb/>
eine heilige forcht/ und anmahnen zu einem be&#x017F;ta&#x0364;ndig frommen Leben/ wei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[(186)[186]/0223] auch eine ungemeine Waͤrme in unſer Land/ daher der Schnee auf den ho- hen Gebirgen aufs neue angefangen ſchmilzen/ die Waſſer aller Ohrten an- lauffen/ welche groſſen ſchaden hie und da verurſachet/ worvon auch oben gemeldet worden. Bey diſer Erdzitterung bliebe es nicht. Zu Egliſau/ und dortherum/ einer dem Loblichen Stand Zuͤrich zuge- hoͤrigen Vogtey/ ſpuͤrte man vier tag hernach/ den 17. Nov. abends nach 7. uhren einen neuen Erdbidem/ und zwaren ſtaͤrker/ als den erſten. Bey wel- chem anlas zugewahren/ daß die Gegne um Egliſau/ ſo auch die Grafſchaft Baden/ Freyherꝛſchaft Sax/ nebſt den Loblichen Cantonen Baſel/ und Glarus vor anderen Orten des Schweizerlands denen Erderſchuͤtte- rungen unterworffen. Von denen natuͤrlichen Urſachen der ſo oft- maligen Erſchuͤtterungen des Glarnerlands/ und ſonderlich des Groſſen Thals/ iſt bereits gehandlet worden N. 31. p. 121. ꝛc. und fuͤgen wir zu mehrerer bekraͤftigung deſſen/ was domals geſchrieben worden/ hinzu/ das von Schwanden bis ins Linthal ſich aller Orten zeigen Schwefelbruͤñen/ und andere Mineraliſche Waſſer/ worauß die Materialien zu einem Unter- irdiſchen Feuer ohnſchwer koͤnnen hergeleitet werden. Von der Statt und Landſchaft Baſel iſt zuvermuthen/ daß die unter Jhro gelegenen hoͤlinen/ in welchen ſonderlich vil Schwefel/ und andere dergleichen Materialien/ gele- gen/ waͤhrenden ſo gar ſtarken Erſchuͤttungen in den Jahren 1357. 1372. 1416. 1428. 1444. ꝛc. von welchen oben N. 32. p. 125. meldung geſchehen/ ein- gefallen/ und mit Felſen/ Sand/ und anderer dergleichen nicht entzuͤndlichen Materi verſchuͤttet worden/ weilen man gewahret/ daß ſint ungefahr 100. Jahren die Erdbidem allda nimmer ſo oft und ſtark geweſen/ wie vor diſem/ ja mehrmalen in andern Orten des Schweizerlands Erſchuͤtterungen ge- ſpuͤrt worden/ und aber Baſel laͤhr außgangen. Egliſau/ Sax/ und Baden/ halb iſt auß ihrer Situation/ oder Beſchaffenheit ihres Lagers zu- ſchlieſſen/ daß ſolche gleichſam unterminiert mit vilen holen Kluͤften und gaͤn- gen/ in welchen eine entzuͤndte Materi nothwendig muß die obere Erden- Rinde aufheben/ und in eine Erzitterung bringen. Es ſenkten und lenkten ſich alldort in erneuerung der Erde nach dem Suͤndfluß die Berge und Fel- ſen von allen ſeiten gegen einander/ ſo daß ſie gleichſam ein natuͤrliches Ge- woͤlbe muͤſſen außmachen/ unter welchem dann die holen Minen/ oder gaͤnge ſein. Es ſol uns billich die betrachtung ſo thaner Naturgewoͤlben ſetzen in eine heilige forcht/ und anmahnen zu einem beſtaͤndig frommen Leben/ wei- len

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/223
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (186)[186]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/223>, abgerufen am 19.05.2024.