Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_093.001 Die Poesie trat ein unter die Unterhaltungen, Vergnügungen, psc_093.006 Hiernach ist es wenigstens z. Th. zutreffend (obgleich doch psc_093.012 Er stellt den tiefsinnigen Satz auf: "der Mensch ist psc_093.020 psc_093.001 Die Poesie trat ein unter die Unterhaltungen, Vergnügungen, psc_093.006 Hiernach ist es wenigstens z. Th. zutreffend (obgleich doch psc_093.012 Er stellt den tiefsinnigen Satz auf: „der Mensch ist psc_093.020 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0109" n="93"/><lb n="psc_093.001"/> stärkste angenehme Gefühl des primitiven Menschen ist das <lb n="psc_093.002"/> erotische. Vermuthlich waren es daher erotische Erregungen, <lb n="psc_093.003"/> welche zur ältesten Poesie führten: die stärksten und verbreitetsten <lb n="psc_093.004"/> Gefühle sind die ursprünglichsten.</p> <lb n="psc_093.005"/> <p> Die Poesie trat ein unter die Unterhaltungen, Vergnügungen, <lb n="psc_093.006"/> Ergötzlichkeiten, unter die Spiele des primitiven <lb n="psc_093.007"/> Menschen. Sie wurde öfters Darstellung, nicht bloß durch <lb n="psc_093.008"/> Worte, sondern auch durch Handlungen — und nicht bloß <lb n="psc_093.009"/> durch vollständige Nachahmung, sondern auch durch theilweise, <lb n="psc_093.010"/> andeutende, symbolische Nachahmung.</p> <lb n="psc_093.011"/> <p> Hiernach ist es wenigstens z. Th. zutreffend (obgleich doch <lb n="psc_093.012"/> nur eine unvollständige Erkenntniß), wenn Schiller die Kunst, <lb n="psc_093.013"/> also auch die Poesie, aus dem Spieltrieb ableitet (Briefe über <lb n="psc_093.014"/> ästhetische Erziehung 14. f. Werke 10, 320 f.). Freilich gelangt <lb n="psc_093.015"/> er dazu auf einem sehr abstracten Wege und so, daß <lb n="psc_093.016"/> er gleich wieder Gesetze zu geben sucht, nur die ihn schön <lb n="psc_093.017"/> dünkende Schönheit als Gegenstand des Spieltriebes im <lb n="psc_093.018"/> Auge hat u. s. w.</p> <lb n="psc_093.019"/> <p> Er stellt den tiefsinnigen Satz auf: „der Mensch ist <lb n="psc_093.020"/> nur da ganz Mensch, wo er spielt“ (ebd. S. 327). Jch <lb n="psc_093.021"/> könnte diesem Satz eine Deutung geben, die sich mit unsern <lb n="psc_093.022"/> Betrachtungen vereinigte. Aber es würde auch nichts Erkleckliches <lb n="psc_093.023"/> damit gewonnen. Etwas weniger abstract S. 369 ff. <lb n="psc_093.024"/> 377 f. Schillers Gedanken sind hübsch erläutert und in eine <lb n="psc_093.025"/> minder abstracte Sprechweise übersetzt von J. E. Erdmann <lb n="psc_093.026"/> „Das Spiel“ (Ernste Spiele 3. Aufl. S. 155 f.). Er redet <lb n="psc_093.027"/> von der im Spiel wirkenden Schöpferkraft der Phantasie <lb n="psc_093.028"/> und verweist z. B. auf das Kind, das einen beliebigen Stock </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0109]
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stärkste angenehme Gefühl des primitiven Menschen ist das psc_093.002
erotische. Vermuthlich waren es daher erotische Erregungen, psc_093.003
welche zur ältesten Poesie führten: die stärksten und verbreitetsten psc_093.004
Gefühle sind die ursprünglichsten.
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Die Poesie trat ein unter die Unterhaltungen, Vergnügungen, psc_093.006
Ergötzlichkeiten, unter die Spiele des primitiven psc_093.007
Menschen. Sie wurde öfters Darstellung, nicht bloß durch psc_093.008
Worte, sondern auch durch Handlungen — und nicht bloß psc_093.009
durch vollständige Nachahmung, sondern auch durch theilweise, psc_093.010
andeutende, symbolische Nachahmung.
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Hiernach ist es wenigstens z. Th. zutreffend (obgleich doch psc_093.012
nur eine unvollständige Erkenntniß), wenn Schiller die Kunst, psc_093.013
also auch die Poesie, aus dem Spieltrieb ableitet (Briefe über psc_093.014
ästhetische Erziehung 14. f. Werke 10, 320 f.). Freilich gelangt psc_093.015
er dazu auf einem sehr abstracten Wege und so, daß psc_093.016
er gleich wieder Gesetze zu geben sucht, nur die ihn schön psc_093.017
dünkende Schönheit als Gegenstand des Spieltriebes im psc_093.018
Auge hat u. s. w.
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Er stellt den tiefsinnigen Satz auf: „der Mensch ist psc_093.020
nur da ganz Mensch, wo er spielt“ (ebd. S. 327). Jch psc_093.021
könnte diesem Satz eine Deutung geben, die sich mit unsern psc_093.022
Betrachtungen vereinigte. Aber es würde auch nichts Erkleckliches psc_093.023
damit gewonnen. Etwas weniger abstract S. 369 ff. psc_093.024
377 f. Schillers Gedanken sind hübsch erläutert und in eine psc_093.025
minder abstracte Sprechweise übersetzt von J. E. Erdmann psc_093.026
„Das Spiel“ (Ernste Spiele 3. Aufl. S. 155 f.). Er redet psc_093.027
von der im Spiel wirkenden Schöpferkraft der Phantasie psc_093.028
und verweist z. B. auf das Kind, das einen beliebigen Stock
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