Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_084.001 Also wir constatiren: Erfindung eines geselligen Vergnügens, psc_084.004 Wie steht es aber mit dem Vergnügen selbst, welches psc_084.016 Hier wäre also festzustellen: die Poesie gewährt Vergnügen psc_084.027 psc_084.001 Also wir constatiren: Erfindung eines geselligen Vergnügens, psc_084.004 Wie steht es aber mit dem Vergnügen selbst, welches psc_084.016 Hier wäre also festzustellen: die Poesie gewährt Vergnügen psc_084.027 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="84"/><lb n="psc_084.001"/> und die symbolische Handlung vorschlug, der das ganze Fest <lb n="psc_084.002"/> erfand.</p> <lb n="psc_084.003"/> <p> Also wir constatiren: Erfindung eines geselligen Vergnügens, <lb n="psc_084.004"/> welches darin seinen Gemüthsgehalt hat, daß man <lb n="psc_084.005"/> sich ein künftiges Vergnügen vorstellt und diese Vorstellung <lb n="psc_084.006"/> bekräftigt, darstellt durch eine symbolische von deutenden <lb n="psc_084.007"/> Worten begleitete Handlung. Die Vorstellung wird verstärkt <lb n="psc_084.008"/> durch die Handlung und Bewegung, insofern der <lb n="psc_084.009"/> ganze Mensch dadurch in den Dienst der Vorstellung gestellt <lb n="psc_084.010"/> wird und eine Thätigkeit ausübt; dies ist viel stärker als <lb n="psc_084.011"/> wenn nur die Worte vor dem Publicum gesungen, die <lb n="psc_084.012"/> Handlung durch einen andern vollzogen wird. Publicum <lb n="psc_084.013"/> und Darsteller fallen hier zusammen, und das ist die kräftigste <lb n="psc_084.014"/> Form, wie man poetisch ergriffen werden kann.</p> <lb n="psc_084.015"/> <p> Wie steht es aber mit dem Vergnügen selbst, welches <lb n="psc_084.016"/> hier vorgestellt und als künftiges angesehen wird? Der <lb n="psc_084.017"/> betreffende australische Festact ist nichts anderes als eine Entwicklung <lb n="psc_084.018"/> des werbenden Lockrufes des Männchens nach dem <lb n="psc_084.019"/> Weibchen, wovon Darwin so viel Gebrauch gemacht hat. <lb n="psc_084.020"/> Es ist ein Act vorläufiger Stillung der Sehnsucht, ein <lb n="psc_084.021"/> Phantasiegenuß statt des wirklichen; wobei auch anzuschlagen <lb n="psc_084.022"/> die Anstrengung der Tanzenden, mit den Speeren Werfenden, <lb n="psc_084.023"/> Singenden, die eine körperliche Entladung giebt. Man mag <lb n="psc_084.024"/> sich vorstellen, daß die Erfindung in eine Zeit fällt, wo die <lb n="psc_084.025"/> Männer im Kriege von den Weibern getrennt waren.</p> <lb n="psc_084.026"/> <p> Hier wäre also festzustellen: die Poesie gewährt Vergnügen <lb n="psc_084.027"/> durch die Vorstellung eines künftigen Vergnügens; <lb n="psc_084.028"/> sie ist begleitet von den altüberlieferten Äußerungen des </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0100]
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und die symbolische Handlung vorschlug, der das ganze Fest psc_084.002
erfand.
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Also wir constatiren: Erfindung eines geselligen Vergnügens, psc_084.004
welches darin seinen Gemüthsgehalt hat, daß man psc_084.005
sich ein künftiges Vergnügen vorstellt und diese Vorstellung psc_084.006
bekräftigt, darstellt durch eine symbolische von deutenden psc_084.007
Worten begleitete Handlung. Die Vorstellung wird verstärkt psc_084.008
durch die Handlung und Bewegung, insofern der psc_084.009
ganze Mensch dadurch in den Dienst der Vorstellung gestellt psc_084.010
wird und eine Thätigkeit ausübt; dies ist viel stärker als psc_084.011
wenn nur die Worte vor dem Publicum gesungen, die psc_084.012
Handlung durch einen andern vollzogen wird. Publicum psc_084.013
und Darsteller fallen hier zusammen, und das ist die kräftigste psc_084.014
Form, wie man poetisch ergriffen werden kann.
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Wie steht es aber mit dem Vergnügen selbst, welches psc_084.016
hier vorgestellt und als künftiges angesehen wird? Der psc_084.017
betreffende australische Festact ist nichts anderes als eine Entwicklung psc_084.018
des werbenden Lockrufes des Männchens nach dem psc_084.019
Weibchen, wovon Darwin so viel Gebrauch gemacht hat. psc_084.020
Es ist ein Act vorläufiger Stillung der Sehnsucht, ein psc_084.021
Phantasiegenuß statt des wirklichen; wobei auch anzuschlagen psc_084.022
die Anstrengung der Tanzenden, mit den Speeren Werfenden, psc_084.023
Singenden, die eine körperliche Entladung giebt. Man mag psc_084.024
sich vorstellen, daß die Erfindung in eine Zeit fällt, wo die psc_084.025
Männer im Kriege von den Weibern getrennt waren.
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Hier wäre also festzustellen: die Poesie gewährt Vergnügen psc_084.027
durch die Vorstellung eines künftigen Vergnügens; psc_084.028
sie ist begleitet von den altüberlieferten Äußerungen des
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