Schenk, Gottfried Anton: Geschicht–Beschreibung der Stadt Wißbaden. Frankfurt (Main), 1758.Wüten des aufgebrachten Pöbels, aller Gegen-Veranstaltung der Landes-Obrigkeit ohngeachtet, nicht eher nachgelassen, bis der damalige Kayser Ludwig V dieses Armleders ist habhaft worden, und ihm den Kopf vor die Füsse hat legen lassen. Da es sich denn zwar der Tumult nach und nach wieder gestillet, die annoch übergebliebene ausgejagte Juden aber an den wenigsten Orten so bald wieder eine Aufnahme haben erlangen können. In Wißbaden hat sich zwar nachmals im 15 und 16 Jahrhundert immer ein- oder der andere Jude (L. Gerichtsb. f. 24, und St. f. 107) wieder eingeschlichen. Sie sind aber immerzu bald wieder ausgeschaffet worden. Und als sie im Jahr 1620, bey dem damaligen Durchzug der Spanischen Kriegs-Völcker unter dem General Spinola durch Stadt und Herrschaft Wißbaden, wiederum mit 4 Hausgesässen in Wißbaden haben festen Fuß setzen wollen, so hat die gantze Stadt mit einem fast unglaublichen Ernste, wie unten umständlicher wird berichtet werden, durch ihre, bey der hohen Landes-Obrigkeit gethanene, bewegliche Vorstellung solches wieder hintertrieben. Mithin ist es also irrig, wenn in Hellmunds Thermogr. p. 65 gemeldet wird, daß die Juden in dem genennten 1620 Jahre daselbst wären aufgenommen worden; denn das Stadt-Buch und andere Wißbadische Urkunden berichten sehr weitläuftig ein gantz Wüten des aufgebrachten Pöbels, aller Gegen-Veranstaltung der Landes-Obrigkeit ohngeachtet, nicht eher nachgelassen, bis der damalige Kayser Ludwig V dieses Armleders ist habhaft worden, und ihm den Kopf vor die Füsse hat legen lassen. Da es sich denn zwar der Tumult nach und nach wieder gestillet, die annoch übergebliebene ausgejagte Juden aber an den wenigsten Orten so bald wieder eine Aufnahme haben erlangen können. In Wißbaden hat sich zwar nachmals im 15 und 16 Jahrhundert immer ein- oder der andere Jude (L. Gerichtsb. f. 24, und St. f. 107) wieder eingeschlichen. Sie sind aber immerzu bald wieder ausgeschaffet worden. Und als sie im Jahr 1620, bey dem damaligen Durchzug der Spanischen Kriegs-Völcker unter dem General Spinola durch Stadt und Herrschaft Wißbaden, wiederum mit 4 Hausgesässen in Wißbaden haben festen Fuß setzen wollen, so hat die gantze Stadt mit einem fast unglaublichen Ernste, wie unten umständlicher wird berichtet werden, durch ihre, bey der hohen Landes-Obrigkeit gethanene, bewegliche Vorstellung solches wieder hintertrieben. Mithin ist es also irrig, wenn in Hellmunds Thermogr. p. 65 gemeldet wird, daß die Juden in dem genennten 1620 Jahre daselbst wären aufgenommen worden; denn das Stadt-Buch und andere Wißbadische Urkunden berichten sehr weitläuftig ein gantz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0294" n="258"/> Wüten des aufgebrachten Pöbels, aller Gegen-Veranstaltung der Landes-Obrigkeit ohngeachtet, nicht eher nachgelassen, bis der damalige Kayser Ludwig V dieses Armleders ist habhaft worden, und ihm den Kopf vor die Füsse hat legen lassen. Da es sich denn zwar der Tumult nach und nach wieder gestillet, die annoch übergebliebene ausgejagte Juden aber an den wenigsten Orten so bald wieder eine Aufnahme haben erlangen können. In Wißbaden hat sich zwar nachmals im 15 und 16 Jahrhundert immer ein- oder der andere Jude (L. Gerichtsb. <hi rendition="#aq">f. 24,</hi> und St. <hi rendition="#aq">f. 107</hi>) wieder eingeschlichen. Sie sind aber immerzu bald wieder ausgeschaffet worden. Und als sie im Jahr 1620, bey dem damaligen Durchzug der Spanischen Kriegs-Völcker unter dem General Spinola durch Stadt und Herrschaft Wißbaden, wiederum mit 4 Hausgesässen in Wißbaden haben festen Fuß setzen wollen, so hat die gantze Stadt mit einem fast unglaublichen Ernste, wie unten umständlicher wird berichtet werden, durch ihre, bey der hohen Landes-Obrigkeit gethanene, bewegliche Vorstellung solches wieder hintertrieben. Mithin ist es also irrig, wenn in Hellmunds Thermogr. <hi rendition="#aq">p. 65</hi> gemeldet wird, daß die Juden in dem genennten 1620 Jahre daselbst wären aufgenommen worden; denn das Stadt-Buch und andere Wißbadische Urkunden berichten sehr weitläuftig ein gantz </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [258/0294]
Wüten des aufgebrachten Pöbels, aller Gegen-Veranstaltung der Landes-Obrigkeit ohngeachtet, nicht eher nachgelassen, bis der damalige Kayser Ludwig V dieses Armleders ist habhaft worden, und ihm den Kopf vor die Füsse hat legen lassen. Da es sich denn zwar der Tumult nach und nach wieder gestillet, die annoch übergebliebene ausgejagte Juden aber an den wenigsten Orten so bald wieder eine Aufnahme haben erlangen können. In Wißbaden hat sich zwar nachmals im 15 und 16 Jahrhundert immer ein- oder der andere Jude (L. Gerichtsb. f. 24, und St. f. 107) wieder eingeschlichen. Sie sind aber immerzu bald wieder ausgeschaffet worden. Und als sie im Jahr 1620, bey dem damaligen Durchzug der Spanischen Kriegs-Völcker unter dem General Spinola durch Stadt und Herrschaft Wißbaden, wiederum mit 4 Hausgesässen in Wißbaden haben festen Fuß setzen wollen, so hat die gantze Stadt mit einem fast unglaublichen Ernste, wie unten umständlicher wird berichtet werden, durch ihre, bey der hohen Landes-Obrigkeit gethanene, bewegliche Vorstellung solches wieder hintertrieben. Mithin ist es also irrig, wenn in Hellmunds Thermogr. p. 65 gemeldet wird, daß die Juden in dem genennten 1620 Jahre daselbst wären aufgenommen worden; denn das Stadt-Buch und andere Wißbadische Urkunden berichten sehr weitläuftig ein gantz
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-24T12:08:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
SLUB Dresden: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-24T12:08:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-24T12:08:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |