Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

stenz erlangen, eine Macht werden, heißen die
Verbindungen für jede derselben insbesondere,
Facultäten. Um von den Verhältnissen dersel¬
ben unter einander das Nöthige zu bemerken,
besonders da Kant in der Schrift: Streit der
Facultäten, diese Frage nach sehr einseitigen
Gesichtspuncten betrachtet zu haben scheint, so
ist offenbar, daß die Theologie, als diejenige,
in welcher das Innerste der Philosophie objec¬
tivirt ist, die erste und oberste seyn müsse: in
so fern das Ideale die höhere Potenz des Rea¬
len ist, folgt, daß die juridische Fakultät der
medicinischen vorangehe. Was aber die philo¬
sophische betrifft, so ist meine Behauptung, daß
es überhaupt keine solche gebe, noch geben
könne, und der ganz einfache Beweis dafür ist:
daß das, was Alles ist, eben deswegen nichts
insbesondere seyn kann.

Es ist die Philosophie selbst, welche in
den drey positiven Wissenschaften objectiv wird,
aber sie wird durch keine einzelne derselben in
ihrer Totalität objectiv. Die wahre Objectivi¬
tät der Philosophie in ihrer Totalität ist nur

11

ſtenz erlangen, eine Macht werden, heißen die
Verbindungen fuͤr jede derſelben insbeſondere,
Facultaͤten. Um von den Verhaͤltniſſen derſel¬
ben unter einander das Noͤthige zu bemerken,
beſonders da Kant in der Schrift: Streit der
Facultaͤten, dieſe Frage nach ſehr einſeitigen
Geſichtspuncten betrachtet zu haben ſcheint, ſo
iſt offenbar, daß die Theologie, als diejenige,
in welcher das Innerſte der Philoſophie objec¬
tivirt iſt, die erſte und oberſte ſeyn muͤſſe: in
ſo fern das Ideale die hoͤhere Potenz des Rea¬
len iſt, folgt, daß die juridiſche Fakultaͤt der
mediciniſchen vorangehe. Was aber die philo¬
ſophiſche betrifft, ſo iſt meine Behauptung, daß
es uͤberhaupt keine ſolche gebe, noch geben
koͤnne, und der ganz einfache Beweis dafuͤr iſt:
daß das, was Alles iſt, eben deswegen nichts
insbeſondere ſeyn kann.

Es iſt die Philoſophie ſelbſt, welche in
den drey poſitiven Wiſſenſchaften objectiv wird,
aber ſie wird durch keine einzelne derſelben in
ihrer Totalitaͤt objectiv. Die wahre Objectivi¬
taͤt der Philoſophie in ihrer Totalitaͤt iſt nur

11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0170" n="161"/>
&#x017F;tenz erlangen, eine Macht werden, heißen die<lb/>
Verbindungen fu&#x0364;r jede der&#x017F;elben insbe&#x017F;ondere,<lb/>
Faculta&#x0364;ten. Um von den Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en der&#x017F;el¬<lb/>
ben unter einander das No&#x0364;thige zu bemerken,<lb/>
be&#x017F;onders da Kant in der Schrift: Streit der<lb/>
Faculta&#x0364;ten, die&#x017F;e Frage nach &#x017F;ehr ein&#x017F;eitigen<lb/>
Ge&#x017F;ichtspuncten betrachtet zu haben &#x017F;cheint, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t offenbar, daß die Theologie, als diejenige,<lb/>
in welcher das Inner&#x017F;te der Philo&#x017F;ophie objec¬<lb/>
tivirt i&#x017F;t, die er&#x017F;te und ober&#x017F;te &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e: in<lb/>
&#x017F;o fern das Ideale die ho&#x0364;here Potenz des Rea¬<lb/>
len i&#x017F;t, folgt, daß die juridi&#x017F;che Fakulta&#x0364;t der<lb/>
medicini&#x017F;chen vorangehe. Was aber die philo¬<lb/>
&#x017F;ophi&#x017F;che betrifft, &#x017F;o i&#x017F;t meine Behauptung, daß<lb/>
es u&#x0364;berhaupt keine &#x017F;olche gebe, noch geben<lb/>
ko&#x0364;nne, und der ganz einfache Beweis dafu&#x0364;r i&#x017F;t:<lb/>
daß das, was Alles i&#x017F;t, eben deswegen nichts<lb/>
insbe&#x017F;ondere &#x017F;eyn kann.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t die Philo&#x017F;ophie &#x017F;elb&#x017F;t, welche in<lb/>
den drey po&#x017F;itiven Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften objectiv wird,<lb/>
aber &#x017F;ie wird durch keine einzelne der&#x017F;elben in<lb/>
ihrer Totalita&#x0364;t objectiv. Die wahre Objectivi¬<lb/>
ta&#x0364;t der Philo&#x017F;ophie in ihrer Totalita&#x0364;t i&#x017F;t nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0170] ſtenz erlangen, eine Macht werden, heißen die Verbindungen fuͤr jede derſelben insbeſondere, Facultaͤten. Um von den Verhaͤltniſſen derſel¬ ben unter einander das Noͤthige zu bemerken, beſonders da Kant in der Schrift: Streit der Facultaͤten, dieſe Frage nach ſehr einſeitigen Geſichtspuncten betrachtet zu haben ſcheint, ſo iſt offenbar, daß die Theologie, als diejenige, in welcher das Innerſte der Philoſophie objec¬ tivirt iſt, die erſte und oberſte ſeyn muͤſſe: in ſo fern das Ideale die hoͤhere Potenz des Rea¬ len iſt, folgt, daß die juridiſche Fakultaͤt der mediciniſchen vorangehe. Was aber die philo¬ ſophiſche betrifft, ſo iſt meine Behauptung, daß es uͤberhaupt keine ſolche gebe, noch geben koͤnne, und der ganz einfache Beweis dafuͤr iſt: daß das, was Alles iſt, eben deswegen nichts insbeſondere ſeyn kann. Es iſt die Philoſophie ſelbſt, welche in den drey poſitiven Wiſſenſchaften objectiv wird, aber ſie wird durch keine einzelne derſelben in ihrer Totalitaͤt objectiv. Die wahre Objectivi¬ taͤt der Philoſophie in ihrer Totalitaͤt iſt nur 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/170
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/170>, abgerufen am 03.05.2024.