Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

in Formen, die ursprünglich dem Reflex angehö¬
ren, dennoch das Urwissen auszudrücken, ist Be¬
weis davon. Es ist dieses Verhältniß der
Speculation zur Reflexion, worauf alle Dia¬
lektik beruht.

Aber eben dieses Princip der Antinomie
des Absoluten und der bloß endlichen Formen,
so wie daß in der Philosophie Kunst und Pro¬
duction so wenig, als Form und Stoff in
der Poesie getrennt seyn können, beweist,
daß auch die Dialektik eine Seite hat, von
welcher sie nicht gelernt werden kann, und
daß sie nicht minder, wie das, was man,
der ursprünglichen Bedeutung des Worts gemäß
die Poesie in der Philosophie nennen könnte,
auf dem productiven Vermögen beruht.

Von dem innern Wesen des Absoluten,
welches die ewige In-Eins-Bildung des
Allgemeinen und Besondern selbst ist, ist in
der erscheinenden Welt ein Ausfluß in der
Vernunft und der Einbildungskraft, welche
beyde Ein und dasselbige sind, nur jene im
Idealen, diese im Realen. Mögen diejeni¬

in Formen, die urſpruͤnglich dem Reflex angehoͤ¬
ren, dennoch das Urwiſſen auszudruͤcken, iſt Be¬
weis davon. Es iſt dieſes Verhaͤltniß der
Speculation zur Reflexion, worauf alle Dia¬
lektik beruht.

Aber eben dieſes Princip der Antinomie
des Abſoluten und der bloß endlichen Formen,
ſo wie daß in der Philoſophie Kunſt und Pro¬
duction ſo wenig, als Form und Stoff in
der Poeſie getrennt ſeyn koͤnnen, beweiſt,
daß auch die Dialektik eine Seite hat, von
welcher ſie nicht gelernt werden kann, und
daß ſie nicht minder, wie das, was man,
der urſpruͤnglichen Bedeutung des Worts gemaͤß
die Poeſie in der Philoſophie nennen koͤnnte,
auf dem productiven Vermoͤgen beruht.

Von dem innern Weſen des Abſoluten,
welches die ewige In-Eins-Bildung des
Allgemeinen und Beſondern ſelbſt iſt, iſt in
der erſcheinenden Welt ein Ausfluß in der
Vernunft und der Einbildungskraft, welche
beyde Ein und daſſelbige ſind, nur jene im
Idealen, dieſe im Realen. Moͤgen diejeni¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="123"/>
in Formen, die ur&#x017F;pru&#x0364;nglich dem Reflex angeho&#x0364;¬<lb/>
ren, dennoch das Urwi&#x017F;&#x017F;en auszudru&#x0364;cken, i&#x017F;t Be¬<lb/>
weis davon. Es i&#x017F;t die&#x017F;es Verha&#x0364;ltniß der<lb/>
Speculation zur Reflexion, worauf alle Dia¬<lb/>
lektik beruht.</p><lb/>
        <p>Aber eben die&#x017F;es Princip der Antinomie<lb/>
des Ab&#x017F;oluten und der bloß endlichen Formen,<lb/>
&#x017F;o wie daß in der Philo&#x017F;ophie Kun&#x017F;t und Pro¬<lb/>
duction &#x017F;o wenig, als Form und Stoff in<lb/>
der Poe&#x017F;ie getrennt &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, bewei&#x017F;t,<lb/>
daß auch die Dialektik eine Seite hat, von<lb/>
welcher &#x017F;ie nicht <hi rendition="#g">gelernt</hi> werden kann, und<lb/>
daß &#x017F;ie nicht minder, wie das, was man,<lb/>
der ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Bedeutung des Worts gema&#x0364;ß<lb/>
die Poe&#x017F;ie in der Philo&#x017F;ophie nennen ko&#x0364;nnte,<lb/>
auf dem productiven Vermo&#x0364;gen beruht.</p><lb/>
        <p>Von dem innern We&#x017F;en des Ab&#x017F;oluten,<lb/>
welches die ewige In-Eins-Bildung des<lb/>
Allgemeinen und Be&#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t, i&#x017F;t in<lb/>
der er&#x017F;cheinenden Welt ein Ausfluß in der<lb/>
Vernunft und der Einbildungskraft, welche<lb/>
beyde Ein und da&#x017F;&#x017F;elbige &#x017F;ind, nur jene im<lb/>
Idealen, die&#x017F;e im Realen. Mo&#x0364;gen diejeni¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0132] in Formen, die urſpruͤnglich dem Reflex angehoͤ¬ ren, dennoch das Urwiſſen auszudruͤcken, iſt Be¬ weis davon. Es iſt dieſes Verhaͤltniß der Speculation zur Reflexion, worauf alle Dia¬ lektik beruht. Aber eben dieſes Princip der Antinomie des Abſoluten und der bloß endlichen Formen, ſo wie daß in der Philoſophie Kunſt und Pro¬ duction ſo wenig, als Form und Stoff in der Poeſie getrennt ſeyn koͤnnen, beweiſt, daß auch die Dialektik eine Seite hat, von welcher ſie nicht gelernt werden kann, und daß ſie nicht minder, wie das, was man, der urſpruͤnglichen Bedeutung des Worts gemaͤß die Poeſie in der Philoſophie nennen koͤnnte, auf dem productiven Vermoͤgen beruht. Von dem innern Weſen des Abſoluten, welches die ewige In-Eins-Bildung des Allgemeinen und Beſondern ſelbſt iſt, iſt in der erſcheinenden Welt ein Ausfluß in der Vernunft und der Einbildungskraft, welche beyde Ein und daſſelbige ſind, nur jene im Idealen, dieſe im Realen. Moͤgen diejeni¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/132
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/132>, abgerufen am 25.11.2024.