Begriff Verschiedenes, demnach überhaupt abhängig, nicht absolut. -- In Ansehung keines abhängigen oder bedingten Dings folgt aus dem Begriff das Seyn, z. B. der einzelne Mensch ist bestimmt durch etwas, das nicht seine Idee ist, woraus hinwiederum folgt, daß keinem Ein- zelnen wahre Realität, Realität an sich zukomme. -- Die besondere Form betreffend, in der wir die Idee Gottes noch außerdem ausge- sprochen haben "Gott die unmittelbare Affirmation von sich selbst" er- läutert sich durch Folgendes. Realseyn = Affirmirtseyn. Nun ist Gott nur kraft seiner Idee, d. h. er selbst ist die Affirmation von sich, und da er sich nicht auf endliche Art affirmiren kann (da er absolut ist), so ist er unendliche Affirmation von sich selbst.
§. 2. Gott als die unendliche Affirmation von sich selbst begreift sich selbst als unendlich Affirmirendes, als unendlich Affirmirtes, und als Indifferenz davon, er selbst aber ist keines von diesen insbesondere.
Gott begreift durch seine Idee sich selbst als unendlich Affir- mirendes (denn er ist die Affirmation von sich selbst) und als unend- lich Affirmirtes aus demselben Grunde. Da es ferner ein und dasselbe ist, das affirmirt und das affirmirend ist, so begreift er sich auch als Indifferenz. Aber er ist selbst keines davon insbesondere, denn er selbst ist nur die unendliche Affirmation, und zwar als unendlich, so daß er jene nur begreift; das Begreifende aber ist nicht identisch mit dem, was es begreift, z. B. Länge = Raum, Breite = Raum, Tiefe = Raum, aber der Raum selbst eben deßhalb nichts davon ins- besondere, sondern nur die absolute Identität, die unendliche Affirma- tion, das Wesen davon. -- Auch so: Gott ist nichts überhaupt nur, sondern, was er ist, nur kraft unendlicher Affirmation -- also Gott als affirmirend sich selbst, als affirmirt von sich selbst, und als Indif- ferenz, nur wieder durch die unendliche Affirmation von sich selbst.
Zusatz. Gott als das Affirmirende von sich selbst kann auch be- schrieben werden als die unendliche alle Realität in sich begreifende Idealität, als das Affirmirte von sich selbst als die unendliche alle Idealität in sich begreifende Realität.
Begriff Verſchiedenes, demnach überhaupt abhängig, nicht abſolut. — In Anſehung keines abhängigen oder bedingten Dings folgt aus dem Begriff das Seyn, z. B. der einzelne Menſch iſt beſtimmt durch etwas, das nicht ſeine Idee iſt, woraus hinwiederum folgt, daß keinem Ein- zelnen wahre Realität, Realität an ſich zukomme. — Die beſondere Form betreffend, in der wir die Idee Gottes noch außerdem ausge- ſprochen haben „Gott die unmittelbare Affirmation von ſich ſelbſt“ er- läutert ſich durch Folgendes. Realſeyn = Affirmirtſeyn. Nun iſt Gott nur kraft ſeiner Idee, d. h. er ſelbſt iſt die Affirmation von ſich, und da er ſich nicht auf endliche Art affirmiren kann (da er abſolut iſt), ſo iſt er unendliche Affirmation von ſich ſelbſt.
§. 2. Gott als die unendliche Affirmation von ſich ſelbſt begreift ſich ſelbſt als unendlich Affirmirendes, als unendlich Affirmirtes, und als Indifferenz davon, er ſelbſt aber iſt keines von dieſen insbeſondere.
Gott begreift durch ſeine Idee ſich ſelbſt als unendlich Affir- mirendes (denn er iſt die Affirmation von ſich ſelbſt) und als unend- lich Affirmirtes aus demſelben Grunde. Da es ferner ein und daſſelbe iſt, das affirmirt und das affirmirend iſt, ſo begreift er ſich auch als Indifferenz. Aber er iſt ſelbſt keines davon insbeſondere, denn er ſelbſt iſt nur die unendliche Affirmation, und zwar als unendlich, ſo daß er jene nur begreift; das Begreifende aber iſt nicht identiſch mit dem, was es begreift, z. B. Länge = Raum, Breite = Raum, Tiefe = Raum, aber der Raum ſelbſt eben deßhalb nichts davon ins- beſondere, ſondern nur die abſolute Identität, die unendliche Affirma- tion, das Weſen davon. — Auch ſo: Gott iſt nichts überhaupt nur, ſondern, was er iſt, nur kraft unendlicher Affirmation — alſo Gott als affirmirend ſich ſelbſt, als affirmirt von ſich ſelbſt, und als Indif- ferenz, nur wieder durch die unendliche Affirmation von ſich ſelbſt.
Zuſatz. Gott als das Affirmirende von ſich ſelbſt kann auch be- ſchrieben werden als die unendliche alle Realität in ſich begreifende Idealität, als das Affirmirte von ſich ſelbſt als die unendliche alle Idealität in ſich begreifende Realität.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0050"n="374"/>
Begriff Verſchiedenes, demnach überhaupt abhängig, nicht abſolut. —<lb/>
In Anſehung keines abhängigen oder bedingten Dings folgt aus dem<lb/>
Begriff das Seyn, z. B. der einzelne Menſch iſt beſtimmt durch etwas,<lb/>
das nicht ſeine Idee iſt, woraus hinwiederum folgt, daß keinem Ein-<lb/>
zelnen <hirendition="#g">wahre</hi> Realität, Realität an ſich zukomme. — Die beſondere<lb/>
Form betreffend, in der wir die Idee Gottes noch außerdem ausge-<lb/>ſprochen haben „Gott die unmittelbare Affirmation von ſich ſelbſt“ er-<lb/>
läutert ſich durch Folgendes. Realſeyn = Affirmirtſeyn. Nun <hirendition="#g">iſt</hi><lb/>
Gott nur kraft ſeiner Idee, d. h. er ſelbſt iſt die Affirmation von ſich,<lb/>
und da er ſich nicht auf endliche Art affirmiren kann (da er abſolut<lb/>
iſt), ſo iſt er unendliche Affirmation von ſich ſelbſt.</p><lb/><p>§. 2. <hirendition="#g">Gott als die unendliche Affirmation von ſich<lb/>ſelbſt <hirendition="#b">begreift</hi>ſich ſelbſt als unendlich Affirmirendes, als<lb/>
unendlich Affirmirtes, und als Indifferenz davon, er<lb/>ſelbſt aber <hirendition="#b">iſt keines</hi> von dieſen insbeſondere</hi>.</p><lb/><p>Gott <hirendition="#g">begreift</hi> durch ſeine Idee ſich ſelbſt als unendlich Affir-<lb/>
mirendes (denn er iſt die Affirmation von ſich ſelbſt) <hirendition="#g">und</hi> als unend-<lb/>
lich Affirmirtes aus demſelben Grunde. Da es ferner ein und daſſelbe<lb/>
iſt, das affirmirt und das affirmirend iſt, ſo begreift er ſich auch als<lb/>
Indifferenz. Aber er <hirendition="#g">iſt</hi>ſelbſt keines davon insbeſondere, denn er ſelbſt<lb/>
iſt nur die <hirendition="#g">unendliche Affirmation</hi>, und zwar als unendlich, ſo<lb/>
daß er jene nur begreift; das Begreifende aber iſt nicht <hirendition="#g">identiſch</hi><lb/>
mit dem, was es begreift, z. B. Länge = Raum, Breite = Raum,<lb/>
Tiefe = Raum, aber der Raum ſelbſt eben deßhalb nichts davon ins-<lb/>
beſondere, ſondern nur die abſolute Identität, die unendliche Affirma-<lb/>
tion, das Weſen davon. — Auch ſo: Gott iſt nichts überhaupt nur,<lb/>ſondern, was er iſt, nur kraft unendlicher Affirmation — alſo Gott<lb/>
als affirmirend ſich ſelbſt, als affirmirt von ſich ſelbſt, und als Indif-<lb/>
ferenz, nur wieder durch die unendliche Affirmation von ſich ſelbſt.</p><lb/><p><hirendition="#g">Zuſatz</hi>. Gott als das Affirmirende von ſich ſelbſt kann auch be-<lb/>ſchrieben werden als die unendliche alle Realität in ſich begreifende<lb/>
Idealität, als das Affirmirte von ſich ſelbſt als die unendliche alle<lb/>
Idealität in ſich begreifende Realität.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[374/0050]
Begriff Verſchiedenes, demnach überhaupt abhängig, nicht abſolut. —
In Anſehung keines abhängigen oder bedingten Dings folgt aus dem
Begriff das Seyn, z. B. der einzelne Menſch iſt beſtimmt durch etwas,
das nicht ſeine Idee iſt, woraus hinwiederum folgt, daß keinem Ein-
zelnen wahre Realität, Realität an ſich zukomme. — Die beſondere
Form betreffend, in der wir die Idee Gottes noch außerdem ausge-
ſprochen haben „Gott die unmittelbare Affirmation von ſich ſelbſt“ er-
läutert ſich durch Folgendes. Realſeyn = Affirmirtſeyn. Nun iſt
Gott nur kraft ſeiner Idee, d. h. er ſelbſt iſt die Affirmation von ſich,
und da er ſich nicht auf endliche Art affirmiren kann (da er abſolut
iſt), ſo iſt er unendliche Affirmation von ſich ſelbſt.
§. 2. Gott als die unendliche Affirmation von ſich
ſelbſt begreift ſich ſelbſt als unendlich Affirmirendes, als
unendlich Affirmirtes, und als Indifferenz davon, er
ſelbſt aber iſt keines von dieſen insbeſondere.
Gott begreift durch ſeine Idee ſich ſelbſt als unendlich Affir-
mirendes (denn er iſt die Affirmation von ſich ſelbſt) und als unend-
lich Affirmirtes aus demſelben Grunde. Da es ferner ein und daſſelbe
iſt, das affirmirt und das affirmirend iſt, ſo begreift er ſich auch als
Indifferenz. Aber er iſt ſelbſt keines davon insbeſondere, denn er ſelbſt
iſt nur die unendliche Affirmation, und zwar als unendlich, ſo
daß er jene nur begreift; das Begreifende aber iſt nicht identiſch
mit dem, was es begreift, z. B. Länge = Raum, Breite = Raum,
Tiefe = Raum, aber der Raum ſelbſt eben deßhalb nichts davon ins-
beſondere, ſondern nur die abſolute Identität, die unendliche Affirma-
tion, das Weſen davon. — Auch ſo: Gott iſt nichts überhaupt nur,
ſondern, was er iſt, nur kraft unendlicher Affirmation — alſo Gott
als affirmirend ſich ſelbſt, als affirmirt von ſich ſelbſt, und als Indif-
ferenz, nur wieder durch die unendliche Affirmation von ſich ſelbſt.
Zuſatz. Gott als das Affirmirende von ſich ſelbſt kann auch be-
ſchrieben werden als die unendliche alle Realität in ſich begreifende
Idealität, als das Affirmirte von ſich ſelbſt als die unendliche alle
Idealität in ſich begreifende Realität.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/50>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.