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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

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und Tannen, der Lärchen, Cypressen und
immergrünenden Eichen. Doch der Ernst
dieses winterlichen Waldes gattet sich mit
dem lachenden Farbenspiel der Frühlings-
stauden, mit dem glühenden Laube des
Herbstgebüsches und der stolzen Pracht der
schattenreichen Bäume des Sommers;
die Nachbarschaft der Lilas, der Linden
und Platanen erheitert jene melancholi-
schen Schatten. Unsere Blicke ruhen sanft,
und keine Wolken trüben unsere Phantasie
in diesem ehrwürdigen Hayn, der seinem
Besitzer ähnlich ist. Gedanken und Ge-
fühle des Alters sind der Grundton, auf
welchem noch zerstreute Erinnerungen der
Vorzeit, wie holde Frühlingsblüthen in
voller Lieblichkeit glänzen. *)

*) Diese Gärten legte ein ehemaliger Doge
von Genua an, ein ehrwürdiger, welter-
fahrner und philosophischer Greis, dem,
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und Tannen, der Laͤrchen, Cypreſſen und
immergruͤnenden Eichen. Doch der Ernſt
dieſes winterlichen Waldes gattet ſich mit
dem lachenden Farbenſpiel der Fruͤhlings-
ſtauden, mit dem gluͤhenden Laube des
Herbſtgebuͤſches und der ſtolzen Pracht der
ſchattenreichen Baͤume des Sommers;
die Nachbarſchaft der Lilas, der Linden
und Platanen erheitert jene melancholi-
ſchen Schatten. Unſere Blicke ruhen ſanft,
und keine Wolken truͤben unſere Phantaſie
in dieſem ehrwuͤrdigen Hayn, der ſeinem
Beſitzer aͤhnlich iſt. Gedanken und Ge-
fuͤhle des Alters ſind der Grundton, auf
welchem noch zerſtreute Erinnerungen der
Vorzeit, wie holde Fruͤhlingsbluͤthen in
voller Lieblichkeit glaͤnzen. *)

*) Dieſe Gaͤrten legte ein ehemaliger Doge
von Genua an, ein ehrwuͤrdiger, welter-
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[243/0247] und Tannen, der Laͤrchen, Cypreſſen und immergruͤnenden Eichen. Doch der Ernſt dieſes winterlichen Waldes gattet ſich mit dem lachenden Farbenſpiel der Fruͤhlings- ſtauden, mit dem gluͤhenden Laube des Herbſtgebuͤſches und der ſtolzen Pracht der ſchattenreichen Baͤume des Sommers; die Nachbarſchaft der Lilas, der Linden und Platanen erheitert jene melancholi- ſchen Schatten. Unſere Blicke ruhen ſanft, und keine Wolken truͤben unſere Phantaſie in dieſem ehrwuͤrdigen Hayn, der ſeinem Beſitzer aͤhnlich iſt. Gedanken und Ge- fuͤhle des Alters ſind der Grundton, auf welchem noch zerſtreute Erinnerungen der Vorzeit, wie holde Fruͤhlingsbluͤthen in voller Lieblichkeit glaͤnzen. *) *) Dieſe Gaͤrten legte ein ehemaliger Doge von Genua an, ein ehrwuͤrdiger, welter- fahrner und philoſophiſcher Greis, dem, O 2

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Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/247>, abgerufen am 18.05.2024.