Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

gelbenden Getreides, durch einen ernstern
Charakter die lebhafte Gestalt des Früh-
lings verdrängt. Vorzüglich kündigt sich
der Mangel des Sommers an eigenem
Charakter durch die Unmöglichkeit an, sich
von ihm ein allegorisches Bild der Natur
zu entwerfen. Sagen: er versetze die
Natur in den Zenith des Lebens -- was
nicht einmahl von allen Gegenständen der
belebten Natur gilt -- giebt noch kein alle-
gorisches Charakterbild.

Leicht bildet man sich dagegen ein sol-
ches von dem Herbst. Wie der Frühling
die Phantasie von selbst auf die Jdee der
Auferstehung zu führen scheint *): so führt

*) Damit besteht sehr wohl, daß die Ein-
drücke des Frühlings mehr sinnlich, die
M

gelbenden Getreides, durch einen ernſtern
Charakter die lebhafte Geſtalt des Fruͤh-
lings verdraͤngt. Vorzuͤglich kuͤndigt ſich
der Mangel des Sommers an eigenem
Charakter durch die Unmoͤglichkeit an, ſich
von ihm ein allegoriſches Bild der Natur
zu entwerfen. Sagen: er verſetze die
Natur in den Zenith des Lebens — was
nicht einmahl von allen Gegenſtaͤnden der
belebten Natur gilt — giebt noch kein alle-
goriſches Charakterbild.

Leicht bildet man ſich dagegen ein ſol-
ches von dem Herbſt. Wie der Fruͤhling
die Phantaſie von ſelbſt auf die Jdee der
Auferſtehung zu fuͤhren ſcheint *): ſo fuͤhrt

*) Damit beſteht ſehr wohl, daß die Ein-
druͤcke des Fruͤhlings mehr ſinnlich, die
M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0181" n="177"/>
gelbenden Getreides, durch einen ern&#x017F;tern<lb/>
Charakter die lebhafte Ge&#x017F;talt des Fru&#x0364;h-<lb/>
lings verdra&#x0364;ngt. Vorzu&#x0364;glich ku&#x0364;ndigt &#x017F;ich<lb/>
der Mangel des Sommers an eigenem<lb/>
Charakter durch die Unmo&#x0364;glichkeit an, &#x017F;ich<lb/>
von ihm ein allegori&#x017F;ches Bild der Natur<lb/>
zu entwerfen. Sagen: er ver&#x017F;etze die<lb/>
Natur in den Zenith des Lebens &#x2014; was<lb/>
nicht einmahl von allen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden der<lb/>
belebten Natur gilt &#x2014; giebt noch kein alle-<lb/>
gori&#x017F;ches Charakterbild.</p><lb/>
        <p>Leicht bildet man &#x017F;ich dagegen ein &#x017F;ol-<lb/>
ches von dem Herb&#x017F;t. Wie der Fru&#x0364;hling<lb/>
die Phanta&#x017F;ie von &#x017F;elb&#x017F;t auf die Jdee der<lb/>
Aufer&#x017F;tehung zu fu&#x0364;hren &#x017F;cheint <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="*)">Damit be&#x017F;teht &#x017F;ehr wohl, daß die Ein-<lb/>
dru&#x0364;cke des Fru&#x0364;hlings mehr &#x017F;innlich, die</note>: &#x017F;o fu&#x0364;hrt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0181] gelbenden Getreides, durch einen ernſtern Charakter die lebhafte Geſtalt des Fruͤh- lings verdraͤngt. Vorzuͤglich kuͤndigt ſich der Mangel des Sommers an eigenem Charakter durch die Unmoͤglichkeit an, ſich von ihm ein allegoriſches Bild der Natur zu entwerfen. Sagen: er verſetze die Natur in den Zenith des Lebens — was nicht einmahl von allen Gegenſtaͤnden der belebten Natur gilt — giebt noch kein alle- goriſches Charakterbild. Leicht bildet man ſich dagegen ein ſol- ches von dem Herbſt. Wie der Fruͤhling die Phantaſie von ſelbſt auf die Jdee der Auferſtehung zu fuͤhren ſcheint *): ſo fuͤhrt *) Damit beſteht ſehr wohl, daß die Ein- druͤcke des Fruͤhlings mehr ſinnlich, die M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/181
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/181>, abgerufen am 22.11.2024.