Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

gnügen; ginge seine Kenntniß und sein
Jnteresse an der Natur nicht über diesel-
ben hinaus: so wäre er dieses Namens
nicht werth. Die stehenden Naturpro-
dukte sind, wie die Bäume im Winter,
nur die Pfeiler, nur das Knochengebäude
der Natur; kämen ihre wechselnden Er-
scheinungen nicht hinzu, um ihnen Reitz
und Leben zu ertheilen; so würde sie nur
eine todte Mumie seyn. Freylich: das
Jndividuelle dieser Phänomene der Natur
läßt sich durch keine Schilderung unmittel-
bar mittheilen; es läßt sich nur durch ein-
zelne aus jeder Sphäre der Naturerschei-
nungen herausgegriffene Beyspiele und
Entwickelungen einzelner Eindrücke darauf
aufmerksam machen, um die eigene Re-
flexion im Kreise der Natur zu leiten.

L 2

gnuͤgen; ginge ſeine Kenntniß und ſein
Jntereſſe an der Natur nicht uͤber dieſel-
ben hinaus: ſo waͤre er dieſes Namens
nicht werth. Die ſtehenden Naturpro-
dukte ſind, wie die Baͤume im Winter,
nur die Pfeiler, nur das Knochengebaͤude
der Natur; kaͤmen ihre wechſelnden Er-
ſcheinungen nicht hinzu, um ihnen Reitz
und Leben zu ertheilen; ſo wuͤrde ſie nur
eine todte Mumie ſeyn. Freylich: das
Jndividuelle dieſer Phaͤnomene der Natur
laͤßt ſich durch keine Schilderung unmittel-
bar mittheilen; es laͤßt ſich nur durch ein-
zelne aus jeder Sphaͤre der Naturerſchei-
nungen herausgegriffene Beyſpiele und
Entwickelungen einzelner Eindruͤcke darauf
aufmerkſam machen, um die eigene Re-
flexion im Kreiſe der Natur zu leiten.

L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0167" n="163"/>
gnu&#x0364;gen; ginge &#x017F;eine Kenntniß und &#x017F;ein<lb/>
Jntere&#x017F;&#x017F;e an der Natur nicht u&#x0364;ber die&#x017F;el-<lb/>
ben hinaus: &#x017F;o wa&#x0364;re er die&#x017F;es Namens<lb/>
nicht werth. Die &#x017F;tehenden Naturpro-<lb/>
dukte &#x017F;ind, wie die Ba&#x0364;ume im Winter,<lb/>
nur die Pfeiler, nur das Knochengeba&#x0364;ude<lb/>
der Natur; ka&#x0364;men ihre wech&#x017F;elnden Er-<lb/>
&#x017F;cheinungen nicht hinzu, um ihnen Reitz<lb/>
und Leben zu ertheilen; &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ie nur<lb/>
eine todte Mumie &#x017F;eyn. Freylich: das<lb/>
Jndividuelle die&#x017F;er Pha&#x0364;nomene der Natur<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich durch keine Schilderung unmittel-<lb/>
bar mittheilen; es la&#x0364;ßt &#x017F;ich nur durch ein-<lb/>
zelne aus jeder Spha&#x0364;re der Naturer&#x017F;chei-<lb/>
nungen herausgegriffene Bey&#x017F;piele und<lb/>
Entwickelungen einzelner Eindru&#x0364;cke darauf<lb/>
aufmerk&#x017F;am machen, um die eigene Re-<lb/>
flexion im Krei&#x017F;e der Natur zu leiten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0167] gnuͤgen; ginge ſeine Kenntniß und ſein Jntereſſe an der Natur nicht uͤber dieſel- ben hinaus: ſo waͤre er dieſes Namens nicht werth. Die ſtehenden Naturpro- dukte ſind, wie die Baͤume im Winter, nur die Pfeiler, nur das Knochengebaͤude der Natur; kaͤmen ihre wechſelnden Er- ſcheinungen nicht hinzu, um ihnen Reitz und Leben zu ertheilen; ſo wuͤrde ſie nur eine todte Mumie ſeyn. Freylich: das Jndividuelle dieſer Phaͤnomene der Natur laͤßt ſich durch keine Schilderung unmittel- bar mittheilen; es laͤßt ſich nur durch ein- zelne aus jeder Sphaͤre der Naturerſchei- nungen herausgegriffene Beyſpiele und Entwickelungen einzelner Eindruͤcke darauf aufmerkſam machen, um die eigene Re- flexion im Kreiſe der Natur zu leiten. L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/167
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/167>, abgerufen am 17.05.2024.