nicht allzuträg, so wirkt er sehr angenehm auf unser Gefühl, dem keine todte Ruhe zusagt. Diese Wirkung empfände man aber nur, wenn man in der Nähe dessel- ben lustwandelt. Beym Lustwandeln an größern Flüssen würde sie jedoch durch die große Wassermasse verlieren, die sich da der Seele unwillkührlich aufdrängt und da- durch die Freyheit des Gemüths be- schränkt. Von einer benachbarten Anhöhe herab gesehn, verschönert das Silber sei- ner Gewässer, das dem Beschauer aus dem Flußbett entgegenblitzt, und gegen das Grün des Thals so angenehm absticht, ein Thal ungemein. Zur Erhöhung die- ses Reitzes trägt das Schlängeln der Flüsse und der ungerade Lauf der Berge selbst, worin sie fortströmen, noch vieles bey.
nicht allzutraͤg, ſo wirkt er ſehr angenehm auf unſer Gefuͤhl, dem keine todte Ruhe zuſagt. Dieſe Wirkung empfaͤnde man aber nur, wenn man in der Naͤhe deſſel- ben luſtwandelt. Beym Luſtwandeln an groͤßern Fluͤſſen wuͤrde ſie jedoch durch die große Waſſermaſſe verlieren, die ſich da der Seele unwillkuͤhrlich aufdraͤngt und da- durch die Freyheit des Gemuͤths be- ſchraͤnkt. Von einer benachbarten Anhoͤhe herab geſehn, verſchoͤnert das Silber ſei- ner Gewaͤſſer, das dem Beſchauer aus dem Flußbett entgegenblitzt, und gegen das Gruͤn des Thals ſo angenehm abſticht, ein Thal ungemein. Zur Erhoͤhung die- ſes Reitzes traͤgt das Schlaͤngeln der Fluͤſſe und der ungerade Lauf der Berge ſelbſt, worin ſie fortſtroͤmen, noch vieles bey.
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nicht allzutraͤg, ſo wirkt er ſehr angenehm
auf unſer Gefuͤhl, dem keine todte Ruhe
zuſagt. Dieſe Wirkung empfaͤnde man
aber nur, wenn man in der Naͤhe deſſel-
ben luſtwandelt. Beym Luſtwandeln an
groͤßern Fluͤſſen wuͤrde ſie jedoch durch die
große Waſſermaſſe verlieren, die ſich da
der Seele unwillkuͤhrlich aufdraͤngt und da-
durch die Freyheit des Gemuͤths be-
ſchraͤnkt. Von einer benachbarten Anhoͤhe
herab geſehn, verſchoͤnert das Silber ſei-
ner Gewaͤſſer, das dem Beſchauer aus
dem Flußbett entgegenblitzt, und gegen
das Gruͤn des Thals ſo angenehm abſticht,
ein Thal ungemein. Zur Erhoͤhung die-
ſes Reitzes traͤgt das Schlaͤngeln der Fluͤſſe
und der ungerade Lauf der Berge ſelbſt,
worin ſie fortſtroͤmen, noch vieles bey.
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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/148>, abgerufen am 17.05.2024.
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