Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

den Gegenstände mit ruhigem Wohlgefal-
len dahingegeben. Zwar giebt es auch
Thäler von melancholischem, schauerlichem
Eindruck: aber das sind gerade diejenigen,
welche die sie umgebenden Gebirge nicht
bloß begränzen, ohne sich selbst in die
Vorstellungen und Gefühle des darin Lust-
wandelnden gewaltsam einzudrängen; die
vielmehr, in einer engen Nähe von beyden
Seiten hoch und schroff überhangend, dem
Gemüthe die Freyheit nicht lassen, seine
Aufmerksamkeit bloß den im Thal befindli-
chen Gegenständen zu widmen. Solche
Thäler sind nur Thäler einer besondern
Art. Man kann sie mit den hohen Ge-
birgen vergleichen, die sie bilden: der
Eindruck beyder ist zu feyerlich und groß,
als daß man solche zum Schauplatz seiner

den Gegenſtaͤnde mit ruhigem Wohlgefal-
len dahingegeben. Zwar giebt es auch
Thaͤler von melancholiſchem, ſchauerlichem
Eindruck: aber das ſind gerade diejenigen,
welche die ſie umgebenden Gebirge nicht
bloß begraͤnzen, ohne ſich ſelbſt in die
Vorſtellungen und Gefuͤhle des darin Luſt-
wandelnden gewaltſam einzudraͤngen; die
vielmehr, in einer engen Naͤhe von beyden
Seiten hoch und ſchroff uͤberhangend, dem
Gemuͤthe die Freyheit nicht laſſen, ſeine
Aufmerkſamkeit bloß den im Thal befindli-
chen Gegenſtaͤnden zu widmen. Solche
Thaͤler ſind nur Thaͤler einer beſondern
Art. Man kann ſie mit den hohen Ge-
birgen vergleichen, die ſie bilden: der
Eindruck beyder iſt zu feyerlich und groß,
als daß man ſolche zum Schauplatz ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="138"/>
den Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde mit ruhigem Wohlgefal-<lb/>
len dahingegeben. Zwar giebt es auch<lb/>
Tha&#x0364;ler von melancholi&#x017F;chem, &#x017F;chauerlichem<lb/>
Eindruck: aber das &#x017F;ind gerade diejenigen,<lb/>
welche die &#x017F;ie umgebenden Gebirge nicht<lb/>
bloß begra&#x0364;nzen, ohne &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t in die<lb/>
Vor&#x017F;tellungen und Gefu&#x0364;hle des darin Lu&#x017F;t-<lb/>
wandelnden gewalt&#x017F;am einzudra&#x0364;ngen; die<lb/>
vielmehr, in einer engen Na&#x0364;he von beyden<lb/>
Seiten hoch und &#x017F;chroff u&#x0364;berhangend, dem<lb/>
Gemu&#x0364;the die Freyheit nicht la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;eine<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit bloß den im Thal befindli-<lb/>
chen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden zu widmen. Solche<lb/>
Tha&#x0364;ler &#x017F;ind nur Tha&#x0364;ler einer be&#x017F;ondern<lb/>
Art. Man kann &#x017F;ie mit den hohen Ge-<lb/>
birgen vergleichen, die &#x017F;ie bilden: der<lb/>
Eindruck beyder i&#x017F;t zu feyerlich und groß,<lb/>
als daß man &#x017F;olche zum Schauplatz &#x017F;einer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0142] den Gegenſtaͤnde mit ruhigem Wohlgefal- len dahingegeben. Zwar giebt es auch Thaͤler von melancholiſchem, ſchauerlichem Eindruck: aber das ſind gerade diejenigen, welche die ſie umgebenden Gebirge nicht bloß begraͤnzen, ohne ſich ſelbſt in die Vorſtellungen und Gefuͤhle des darin Luſt- wandelnden gewaltſam einzudraͤngen; die vielmehr, in einer engen Naͤhe von beyden Seiten hoch und ſchroff uͤberhangend, dem Gemuͤthe die Freyheit nicht laſſen, ſeine Aufmerkſamkeit bloß den im Thal befindli- chen Gegenſtaͤnden zu widmen. Solche Thaͤler ſind nur Thaͤler einer beſondern Art. Man kann ſie mit den hohen Ge- birgen vergleichen, die ſie bilden: der Eindruck beyder iſt zu feyerlich und groß, als daß man ſolche zum Schauplatz ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/142
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/142>, abgerufen am 23.11.2024.