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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Sein Sinn und Takt für Schönheit aller
Art, seine Feinheit im Ausdrucke, seine ge-
wöhnliche Popularität, seine scharfsinnigen Re-
flexionen, seine gleichgewinnende Offenheit
in der Unterhaltung, die er am unsichtbaren
Faden der Bedächtlichkeit sicher zu lenken ver-
stand, ließen mich ihn ungefähr so ansehen,
wie eine große Gegend, die mit ihren mahle-
rischen Parthieen Aug' und Herz in Anspruch
nimmt, die man aber erst lange studieren
müßte, um von ihr ein Landschaftsgemählde
liefern zu können. Bey meinem ersten Besu-
che fiel mir, da er sich seiner Gehörschwäche
wegen dicht vor mir hinsetzte, die Bewegung
seines feinen Mundschnittes auf. Mund und
Augen scheinen bey ihm einige Verbindungs-
fäden mehr zu haben, als ich an andern Men-
schen bemerkt. Ueberhaupt fand ich sein Leib-
liches mit einer Seelenfarbe überstrichen, die
einen geneigt machte, ihm die höchste Ge-
müthlichkeit zuzutrauen, und in seiner bloßen
Körperneigung bey einer Begrüßung eine Mit-
neigung des Geistes zu finden. Was hätte
Lavater nicht aus der Reinheit und Festigkeit
seiner Handschrift herausspintisirt! Sein mir
bekannt gewordenes Benehmen mit dem schö-
Sein Sinn und Takt fuͤr Schoͤnheit aller
Art, ſeine Feinheit im Ausdrucke, ſeine ge-
woͤhnliche Popularitaͤt, ſeine ſcharfſinnigen Re-
flexionen, ſeine gleichgewinnende Offenheit
in der Unterhaltung, die er am unſichtbaren
Faden der Bedaͤchtlichkeit ſicher zu lenken ver-
ſtand, ließen mich ihn ungefaͤhr ſo anſehen,
wie eine große Gegend, die mit ihren mahle-
riſchen Parthieen Aug’ und Herz in Anſpruch
nimmt, die man aber erſt lange ſtudieren
muͤßte, um von ihr ein Landſchaftsgemaͤhlde
liefern zu koͤnnen. Bey meinem erſten Beſu-
che fiel mir, da er ſich ſeiner Gehoͤrſchwaͤche
wegen dicht vor mir hinſetzte, die Bewegung
ſeines feinen Mundſchnittes auf. Mund und
Augen ſcheinen bey ihm einige Verbindungs-
faͤden mehr zu haben, als ich an andern Men-
ſchen bemerkt. Ueberhaupt fand ich ſein Leib-
liches mit einer Seelenfarbe uͤberſtrichen, die
einen geneigt machte, ihm die hoͤchſte Ge-
muͤthlichkeit zuzutrauen, und in ſeiner bloßen
Koͤrperneigung bey einer Begruͤßung eine Mit-
neigung des Geiſtes zu finden. Was haͤtte
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[7/0568] Sein Sinn und Takt fuͤr Schoͤnheit aller Art, ſeine Feinheit im Ausdrucke, ſeine ge- woͤhnliche Popularitaͤt, ſeine ſcharfſinnigen Re- flexionen, ſeine gleichgewinnende Offenheit in der Unterhaltung, die er am unſichtbaren Faden der Bedaͤchtlichkeit ſicher zu lenken ver- ſtand, ließen mich ihn ungefaͤhr ſo anſehen, wie eine große Gegend, die mit ihren mahle- riſchen Parthieen Aug’ und Herz in Anſpruch nimmt, die man aber erſt lange ſtudieren muͤßte, um von ihr ein Landſchaftsgemaͤhlde liefern zu koͤnnen. Bey meinem erſten Beſu- che fiel mir, da er ſich ſeiner Gehoͤrſchwaͤche wegen dicht vor mir hinſetzte, die Bewegung ſeines feinen Mundſchnittes auf. Mund und Augen ſcheinen bey ihm einige Verbindungs- faͤden mehr zu haben, als ich an andern Men- ſchen bemerkt. Ueberhaupt fand ich ſein Leib- liches mit einer Seelenfarbe uͤberſtrichen, die einen geneigt machte, ihm die hoͤchſte Ge- muͤthlichkeit zuzutrauen, und in ſeiner bloßen Koͤrperneigung bey einer Begruͤßung eine Mit- neigung des Geiſtes zu finden. Was haͤtte Lavater nicht aus der Reinheit und Feſtigkeit ſeiner Handſchrift herausſpintiſirt! Sein mir bekannt gewordenes Benehmen mit dem ſchoͤ-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/568>, abgerufen am 23.11.2024.