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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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die manche Zeitläufte durchaus unvermeidlich
machen, eine Zusammenhaltung, deren Dauer
den Bedrückten und Leidenden Zeit schafft,
sich von der Nothwendigkeit solcher Zeithärte
zu überzeugen, und erspart ihnen das Un-
angenehme, das der Befehlswechsel veran-
laßt, der nur schlechte Melodien von Ver-
besserung und Erleichterung ableyert, die
dem, der ein gutes reines Gehör hat, ein
Greuel sind. Die Severität eines Regen-
ten kann nie schaden, und selbst ihre Härte,
im Nothfalle als einziges Mittel angewandt,
wird, wenn sie diesen Zweck erreicht, so
wenig gehaßt werden, wie der Uebelgeschmack
einer Arzeney von dem durch sie genesenen
Kranken. -- Wer ohne Severität lebt,
scheint mir auf dem Wege zu seyn, der vom
Fleiß abführt, ohne den, man sage was
man wolle, selbst das größte Genie ein
prächtig schönes Meteor wird.

Als ich gestern den Discours de la
gloire de Frederic
las, den Johannes
Müller am 29sten Januar 1807, in der
Berlinschen Akademie vorgelesen, *) und in

*) Johannes von Müller sämmtliche Werke. 8 Thl.
Seite 376.

die manche Zeitlaͤufte durchaus unvermeidlich
machen, eine Zuſammenhaltung, deren Dauer
den Bedruͤckten und Leidenden Zeit ſchafft,
ſich von der Nothwendigkeit ſolcher Zeithaͤrte
zu uͤberzeugen, und erſpart ihnen das Un-
angenehme, das der Befehlswechſel veran-
laßt, der nur ſchlechte Melodien von Ver-
beſſerung und Erleichterung ableyert, die
dem, der ein gutes reines Gehoͤr hat, ein
Greuel ſind. Die Severitaͤt eines Regen-
ten kann nie ſchaden, und ſelbſt ihre Haͤrte,
im Nothfalle als einziges Mittel angewandt,
wird, wenn ſie dieſen Zweck erreicht, ſo
wenig gehaßt werden, wie der Uebelgeſchmack
einer Arzeney von dem durch ſie geneſenen
Kranken. — Wer ohne Severitaͤt lebt,
ſcheint mir auf dem Wege zu ſeyn, der vom
Fleiß abfuͤhrt, ohne den, man ſage was
man wolle, ſelbſt das groͤßte Genie ein
praͤchtig ſchoͤnes Meteor wird.

Als ich geſtern den Discours de la
gloire de Frederic
las, den Johannes
Muͤller am 29ſten Januar 1807, in der
Berlinſchen Akademie vorgeleſen, *) und in

*) Johannes von Muͤller ſaͤmmtliche Werke. 8 Thl.
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[426/0443] die manche Zeitlaͤufte durchaus unvermeidlich machen, eine Zuſammenhaltung, deren Dauer den Bedruͤckten und Leidenden Zeit ſchafft, ſich von der Nothwendigkeit ſolcher Zeithaͤrte zu uͤberzeugen, und erſpart ihnen das Un- angenehme, das der Befehlswechſel veran- laßt, der nur ſchlechte Melodien von Ver- beſſerung und Erleichterung ableyert, die dem, der ein gutes reines Gehoͤr hat, ein Greuel ſind. Die Severitaͤt eines Regen- ten kann nie ſchaden, und ſelbſt ihre Haͤrte, im Nothfalle als einziges Mittel angewandt, wird, wenn ſie dieſen Zweck erreicht, ſo wenig gehaßt werden, wie der Uebelgeſchmack einer Arzeney von dem durch ſie geneſenen Kranken. — Wer ohne Severitaͤt lebt, ſcheint mir auf dem Wege zu ſeyn, der vom Fleiß abfuͤhrt, ohne den, man ſage was man wolle, ſelbſt das groͤßte Genie ein praͤchtig ſchoͤnes Meteor wird. Als ich geſtern den Discours de la gloire de Frederic las, den Johannes Muͤller am 29ſten Januar 1807, in der Berlinſchen Akademie vorgeleſen, *) und in *) Johannes von Muͤller ſaͤmmtliche Werke. 8 Thl. Seite 376.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/443>, abgerufen am 25.11.2024.