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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Dienstboten manches unfreundliche Gesicht
nicht übel und schein es nicht zu bemerken,
welches ich auch bey andern verdrüßlichen
Hausvorfällen beobachte, so bald ich sehe,
daß sie nicht vermieden werden können, wenn
man nicht sehr viel Angenehmes des häus-
lichen Lebens entbehren will. Das Schwere
des Dienens ist ganz gleich der Leichtigkeit
des Befehlens. Würde aber den Befehlen-
den nicht seltner ihr Recht bestritten und
den Gehorchenden die Dienstpflicht erleichtert
werden, wenn beyde sich zum Freundlich-
aussehen gewöhnten? Die Gesichtsfreund-
lichkeit ist ein Oel, welches das Starre ge-
schmeidig macht und das Rauhe glättet.

Oberwähnte Vorliebe ist die Quelle mei-
ner unaufhörlichen Lust zur Verbesserung der
Landschulen, so wie der vielen Mühe,
die ich mir gegeben habe, das große Werk
der Erbunterthänigkeitsaufhebung bey denen,
die dazu beytragen konnten, oft mit Zu-
dringlichkeit zu befördern. *) Allein so häufig

*) Die Sclaverey verhindert die Vereinigung des
Jnteresse zwischen Armen und Reichen, zwischen
höhern und niedern Ständen. Der Reiche, wel-
cher Sclaven im Ueberfluß hat, kann der Arbeit
des Armen entbehren, und der Arme hat auf

Dienſtboten manches unfreundliche Geſicht
nicht uͤbel und ſchein es nicht zu bemerken,
welches ich auch bey andern verdruͤßlichen
Hausvorfaͤllen beobachte, ſo bald ich ſehe,
daß ſie nicht vermieden werden koͤnnen, wenn
man nicht ſehr viel Angenehmes des haͤus-
lichen Lebens entbehren will. Das Schwere
des Dienens iſt ganz gleich der Leichtigkeit
des Befehlens. Wuͤrde aber den Befehlen-
den nicht ſeltner ihr Recht beſtritten und
den Gehorchenden die Dienſtpflicht erleichtert
werden, wenn beyde ſich zum Freundlich-
ausſehen gewoͤhnten? Die Geſichtsfreund-
lichkeit iſt ein Oel, welches das Starre ge-
ſchmeidig macht und das Rauhe glaͤttet.

Oberwaͤhnte Vorliebe iſt die Quelle mei-
ner unaufhoͤrlichen Luſt zur Verbeſſerung der
Landſchulen, ſo wie der vielen Muͤhe,
die ich mir gegeben habe, das große Werk
der Erbunterthaͤnigkeitsaufhebung bey denen,
die dazu beytragen konnten, oft mit Zu-
dringlichkeit zu befoͤrdern. *) Allein ſo haͤufig

*) Die Sclaverey verhindert die Vereinigung des
Jntereſſe zwiſchen Armen und Reichen, zwiſchen
hoͤhern und niedern Staͤnden. Der Reiche, wel-
cher Sclaven im Ueberfluß hat, kann der Arbeit
des Armen entbehren, und der Arme hat auf
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[348/0365] Dienſtboten manches unfreundliche Geſicht nicht uͤbel und ſchein es nicht zu bemerken, welches ich auch bey andern verdruͤßlichen Hausvorfaͤllen beobachte, ſo bald ich ſehe, daß ſie nicht vermieden werden koͤnnen, wenn man nicht ſehr viel Angenehmes des haͤus- lichen Lebens entbehren will. Das Schwere des Dienens iſt ganz gleich der Leichtigkeit des Befehlens. Wuͤrde aber den Befehlen- den nicht ſeltner ihr Recht beſtritten und den Gehorchenden die Dienſtpflicht erleichtert werden, wenn beyde ſich zum Freundlich- ausſehen gewoͤhnten? Die Geſichtsfreund- lichkeit iſt ein Oel, welches das Starre ge- ſchmeidig macht und das Rauhe glaͤttet. Oberwaͤhnte Vorliebe iſt die Quelle mei- ner unaufhoͤrlichen Luſt zur Verbeſſerung der Landſchulen, ſo wie der vielen Muͤhe, die ich mir gegeben habe, das große Werk der Erbunterthaͤnigkeitsaufhebung bey denen, die dazu beytragen konnten, oft mit Zu- dringlichkeit zu befoͤrdern. *) Allein ſo haͤufig *) Die Sclaverey verhindert die Vereinigung des Jntereſſe zwiſchen Armen und Reichen, zwiſchen hoͤhern und niedern Staͤnden. Der Reiche, wel- cher Sclaven im Ueberfluß hat, kann der Arbeit des Armen entbehren, und der Arme hat auf

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/365>, abgerufen am 24.11.2024.