dieser Gelegenheit ausstreuen zu können, oder manchem keimenden durchs Begießen zum weitern Ausschossen zu helfen.
Daß ich nicht ganz gleichgültig übersehen wurde, erkläre ich mir daraus, daß man meine uneingeschränkte Offenheit als ein seltnes Phänomen ansah, und in meinen aus der Erfahrung genommenen Bemerkun- gen über vergangne Zeiten und Personen manches fand, das auch auf die neuen paßte, und bey manchem, so bald er in seinen eignen Busen griff, genau zutraf. Meine Gewohnheit, bey Menschen, die ein gutes Wort verstehen und zu seiner Ausübung Macht und Kraft haben, solche gute Worte nur hinfallen zu lassen, ohne durch Erläu- terungen über ihre Wahrheit und Güte ih- rem etwanigen Eigendünkel ein Bücken zum Aufheben abzunöthigen und auf ihre Befol- gung zudringlich zu bestehen, hab ich in die- sem Lebensinterim sehr bewährt befunden, und Selbstbefolgung des Angefuhrten wird jeden von der Nützlichkeit meines Betragens überzeugen, so wie auch ihm heimliche Freude machen.
Wer weiß, wäre der pestalozzische Unter- richtsweg schon mit einiger Betriebsamkeit
betreten,
dieſer Gelegenheit ausſtreuen zu koͤnnen, oder manchem keimenden durchs Begießen zum weitern Ausſchoſſen zu helfen.
Daß ich nicht ganz gleichguͤltig uͤberſehen wurde, erklaͤre ich mir daraus, daß man meine uneingeſchraͤnkte Offenheit als ein ſeltnes Phaͤnomen anſah, und in meinen aus der Erfahrung genommenen Bemerkun- gen uͤber vergangne Zeiten und Perſonen manches fand, das auch auf die neuen paßte, und bey manchem, ſo bald er in ſeinen eignen Buſen griff, genau zutraf. Meine Gewohnheit, bey Menſchen, die ein gutes Wort verſtehen und zu ſeiner Ausuͤbung Macht und Kraft haben, ſolche gute Worte nur hinfallen zu laſſen, ohne durch Erlaͤu- terungen uͤber ihre Wahrheit und Guͤte ih- rem etwanigen Eigenduͤnkel ein Buͤcken zum Aufheben abzunoͤthigen und auf ihre Befol- gung zudringlich zu beſtehen, hab ich in die- ſem Lebensinterim ſehr bewaͤhrt befunden, und Selbſtbefolgung des Angefuhrten wird jeden von der Nuͤtzlichkeit meines Betragens uͤberzeugen, ſo wie auch ihm heimliche Freude machen.
Wer weiß, waͤre der peſtalozziſche Unter- richtsweg ſchon mit einiger Betriebſamkeit
betreten,
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dieſer Gelegenheit ausſtreuen zu koͤnnen,
oder manchem keimenden durchs Begießen
zum weitern Ausſchoſſen zu helfen.
Daß ich nicht ganz gleichguͤltig uͤberſehen
wurde, erklaͤre ich mir daraus, daß man
meine uneingeſchraͤnkte Offenheit als ein
ſeltnes Phaͤnomen anſah, und in meinen
aus der Erfahrung genommenen Bemerkun-
gen uͤber vergangne Zeiten und Perſonen
manches fand, das auch auf die neuen paßte,
und bey manchem, ſo bald er in ſeinen
eignen Buſen griff, genau zutraf. Meine
Gewohnheit, bey Menſchen, die ein gutes
Wort verſtehen und zu ſeiner Ausuͤbung
Macht und Kraft haben, ſolche gute Worte
nur hinfallen zu laſſen, ohne durch Erlaͤu-
terungen uͤber ihre Wahrheit und Guͤte ih-
rem etwanigen Eigenduͤnkel ein Buͤcken zum
Aufheben abzunoͤthigen und auf ihre Befol-
gung zudringlich zu beſtehen, hab ich in die-
ſem Lebensinterim ſehr bewaͤhrt befunden,
und Selbſtbefolgung des Angefuhrten wird
jeden von der Nuͤtzlichkeit meines Betragens
uͤberzeugen, ſo wie auch ihm heimliche Freude
machen.
Wer weiß, waͤre der peſtalozziſche Unter-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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