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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Geburtstages, den 22. April 1810., am ersten
Ostertage Statt fand. Es versammleten
sich an diesem Tage Kants Freunde und
verschiedene andre bedeutende Personen, z. B.
der Canzler Freyherr von Schrötter, der
General von Stutterheim etc. in der Woh-
nung des Professors Hüllmann, von wo
wir in den akademischen Senat gingen,
vom Magnificus, Professor D. Remer,
empfangen und unter Vortritt der Pedellen
in das Auditorium Maximum geführt wur-
den, um den vom Nachfolger auf Kants
Lehrstuhl, dem Professor Herbart, über-
nommenen Vortrag über die Geistesgeschichte
Kants anzuhören, nach dessen Beendigung
der ganze Zug sich unter einer angemessenen
Musik zu dem Grabe Kants verfügte, und
ich der verhangnen Büste die Decke ab-
nahm, nachdem ich Folgendes dabey gespro-
chen hatte:

Der Glaube und die Hoffnung eines
künftigen Lebens, der gutmüthige Wunsch,
den Nachkommen Beweise vom Anerkennen
und Gerechtseyn gegen Verdienste zu hinter-
lassen, und auch selbst von ihnen nicht ver-
gessen zu werden, scheinen die Menschen zu
verpflichten und aufzumuntern, denen ein

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Geburtstages, den 22. April 1810., am erſten
Oſtertage Statt fand. Es verſammleten
ſich an dieſem Tage Kants Freunde und
verſchiedene andre bedeutende Perſonen, z. B.
der Canzler Freyherr von Schroͤtter, der
General von Stutterheim ꝛc. in der Woh-
nung des Profeſſors Huͤllmann, von wo
wir in den akademiſchen Senat gingen,
vom Magnificus, Profeſſor D. Remer,
empfangen und unter Vortritt der Pedellen
in das Auditorium Maximum gefuͤhrt wur-
den, um den vom Nachfolger auf Kants
Lehrſtuhl, dem Profeſſor Herbart, uͤber-
nommenen Vortrag uͤber die Geiſtesgeſchichte
Kants anzuhoͤren, nach deſſen Beendigung
der ganze Zug ſich unter einer angemeſſenen
Muſik zu dem Grabe Kants verfuͤgte, und
ich der verhangnen Buͤſte die Decke ab-
nahm, nachdem ich Folgendes dabey geſpro-
chen hatte:

Der Glaube und die Hoffnung eines
kuͤnftigen Lebens, der gutmuͤthige Wunſch,
den Nachkommen Beweiſe vom Anerkennen
und Gerechtſeyn gegen Verdienſte zu hinter-
laſſen, und auch ſelbſt von ihnen nicht ver-
geſſen zu werden, ſcheinen die Menſchen zu
verpflichten und aufzumuntern, denen ein

U 2
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[307/0324] Geburtstages, den 22. April 1810., am erſten Oſtertage Statt fand. Es verſammleten ſich an dieſem Tage Kants Freunde und verſchiedene andre bedeutende Perſonen, z. B. der Canzler Freyherr von Schroͤtter, der General von Stutterheim ꝛc. in der Woh- nung des Profeſſors Huͤllmann, von wo wir in den akademiſchen Senat gingen, vom Magnificus, Profeſſor D. Remer, empfangen und unter Vortritt der Pedellen in das Auditorium Maximum gefuͤhrt wur- den, um den vom Nachfolger auf Kants Lehrſtuhl, dem Profeſſor Herbart, uͤber- nommenen Vortrag uͤber die Geiſtesgeſchichte Kants anzuhoͤren, nach deſſen Beendigung der ganze Zug ſich unter einer angemeſſenen Muſik zu dem Grabe Kants verfuͤgte, und ich der verhangnen Buͤſte die Decke ab- nahm, nachdem ich Folgendes dabey geſpro- chen hatte: Der Glaube und die Hoffnung eines kuͤnftigen Lebens, der gutmuͤthige Wunſch, den Nachkommen Beweiſe vom Anerkennen und Gerechtſeyn gegen Verdienſte zu hinter- laſſen, und auch ſelbſt von ihnen nicht ver- geſſen zu werden, ſcheinen die Menſchen zu verpflichten und aufzumuntern, denen ein U 2

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/324>, abgerufen am 22.11.2024.