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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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und sich endlich selbst aus dem Dienst zum
Schaden des Dienstes zu bringen, wenn
mich nicht der aufrichtigste Wunsch, kluge
Männer auch überall geliebt werden zu se-
hen, wenn mich nicht die Ueberzeugung,
daß man weder in Täuschungen dem Erz-
vater Jacob gleichen, noch so wie der gewiß
nicht schlechte Esau seine Hand wider alle
seyn lassen, und aller Hände wider sich er-
regen dürfe -- wenn mich nicht diese Warn-
lust, dieser Wunsch und diese Ueberzeugung
dazu aufgereizt hätten. Aergern sollten sie
wahrlich keinen, gut wäre es aber, wenn sie
beherziget würden, weil sie wahr und gut-
gemeint sind.

Der Artilleriemajor von Schöler *),
ein Freund des Herrn von Schön, war
in Laune sehr von ihm verschieden und von
eigenthümlicher Gleichmüthigkeit. Mir ist
nicht leicht ein in der schönen Literatur mehr
gebildeter Soldat **), mit so großer Lust

*) 1815. Generalmajor.
**) Den Verfasser des mir sehr gefallenden epischen
Gedichts Xantippus und des nicht minder
wohlgerathnen Diocles, den preußischen Gene-
ralmajor von Boguslavsky ausgenommen.

und ſich endlich ſelbſt aus dem Dienſt zum
Schaden des Dienſtes zu bringen, wenn
mich nicht der aufrichtigſte Wunſch, kluge
Maͤnner auch uͤberall geliebt werden zu ſe-
hen, wenn mich nicht die Ueberzeugung,
daß man weder in Taͤuſchungen dem Erz-
vater Jacob gleichen, noch ſo wie der gewiß
nicht ſchlechte Eſau ſeine Hand wider alle
ſeyn laſſen, und aller Haͤnde wider ſich er-
regen duͤrfe — wenn mich nicht dieſe Warn-
luſt, dieſer Wunſch und dieſe Ueberzeugung
dazu aufgereizt haͤtten. Aergern ſollten ſie
wahrlich keinen, gut waͤre es aber, wenn ſie
beherziget wuͤrden, weil ſie wahr und gut-
gemeint ſind.

Der Artilleriemajor von Schoͤler *),
ein Freund des Herrn von Schoͤn, war
in Laune ſehr von ihm verſchieden und von
eigenthuͤmlicher Gleichmuͤthigkeit. Mir iſt
nicht leicht ein in der ſchoͤnen Literatur mehr
gebildeter Soldat **), mit ſo großer Luſt

*) 1815. Generalmajor.
**) Den Verfaſſer des mir ſehr gefallenden epiſchen
Gedichts Xantippus und des nicht minder
wohlgerathnen Diocles, den preußiſchen Gene-
ralmajor von Boguslavsky ausgenommen.
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[301/0318] und ſich endlich ſelbſt aus dem Dienſt zum Schaden des Dienſtes zu bringen, wenn mich nicht der aufrichtigſte Wunſch, kluge Maͤnner auch uͤberall geliebt werden zu ſe- hen, wenn mich nicht die Ueberzeugung, daß man weder in Taͤuſchungen dem Erz- vater Jacob gleichen, noch ſo wie der gewiß nicht ſchlechte Eſau ſeine Hand wider alle ſeyn laſſen, und aller Haͤnde wider ſich er- regen duͤrfe — wenn mich nicht dieſe Warn- luſt, dieſer Wunſch und dieſe Ueberzeugung dazu aufgereizt haͤtten. Aergern ſollten ſie wahrlich keinen, gut waͤre es aber, wenn ſie beherziget wuͤrden, weil ſie wahr und gut- gemeint ſind. Der Artilleriemajor von Schoͤler *), ein Freund des Herrn von Schoͤn, war in Laune ſehr von ihm verſchieden und von eigenthuͤmlicher Gleichmuͤthigkeit. Mir iſt nicht leicht ein in der ſchoͤnen Literatur mehr gebildeter Soldat **), mit ſo großer Luſt *) 1815. Generalmajor. **) Den Verfaſſer des mir ſehr gefallenden epiſchen Gedichts Xantippus und des nicht minder wohlgerathnen Diocles, den preußiſchen Gene- ralmajor von Boguslavsky ausgenommen.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/318>, abgerufen am 21.05.2024.