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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Der verstorbene Oberpräsident von D. schien
hierüber meiner Meinung zu seyn, wenig-
stens legte er von seiner Diensteinnahme
nichts bey, noch verwandt' er es auf Pracht-
hausgeräthschaften. Auch hat der Staats-
minister von Zedlitz dieses Hausmittel nicht
unbenutzt gelassen.

Was mich in meinem Dienstentsagungs-
vorsatz sehr bestärkte und seine Ausführung
beschleunigte war fünftens folgender Um-
stand.

Die Kammer, die für ihre und die Ju-
stitzofficianten in dem kleinen und noch mit
einer Dragonerschwadron bequartierten Ma-
rien werder nicht das allernothwendigste Un-
terkommen schaffen konnte, bat den König,
die Garnifon in eine andre nah gelegene
Stadt zu verlegen, der eine militairische
Bevölkerung nicht lästig, sondern eher vor-
theilhaft gewesen wäre. Es erschien darauf
eine abschlägige Kabinetsordre, der der König
eine äußerst harte, ungerechte und ehrbeleidi-
gende Nachschrift eigenhändig beygefügt hatte.
Der Kammerdirektor ließ selbige sofort unter
den Räthen umlaufen, um den Tag darauf desto
reiflicher etwas beschließen zu können. Als
das Votiren an mich kam, las ich dem Col-

Der verſtorbene Oberpraͤſident von D. ſchien
hieruͤber meiner Meinung zu ſeyn, wenig-
ſtens legte er von ſeiner Dienſteinnahme
nichts bey, noch verwandt’ er es auf Pracht-
hausgeraͤthſchaften. Auch hat der Staats-
miniſter von Zedlitz dieſes Hausmittel nicht
unbenutzt gelaſſen.

Was mich in meinem Dienſtentſagungs-
vorſatz ſehr beſtaͤrkte und ſeine Ausfuͤhrung
beſchleunigte war fuͤnftens folgender Um-
ſtand.

Die Kammer, die fuͤr ihre und die Ju-
ſtitzofficianten in dem kleinen und noch mit
einer Dragonerſchwadron bequartierten Ma-
rien werder nicht das allernothwendigſte Un-
terkommen ſchaffen konnte, bat den Koͤnig,
die Garnifon in eine andre nah gelegene
Stadt zu verlegen, der eine militairiſche
Bevoͤlkerung nicht laͤſtig, ſondern eher vor-
theilhaft geweſen waͤre. Es erſchien darauf
eine abſchlaͤgige Kabinetsordre, der der Koͤnig
eine aͤußerſt harte, ungerechte und ehrbeleidi-
gende Nachſchrift eigenhaͤndig beygefuͤgt hatte.
Der Kammerdirektor ließ ſelbige ſofort unter
den Raͤthen umlaufen, um den Tag darauf deſto
reiflicher etwas beſchließen zu koͤnnen. Als
das Votiren an mich kam, las ich dem Col-

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[156/0173] Der verſtorbene Oberpraͤſident von D. ſchien hieruͤber meiner Meinung zu ſeyn, wenig- ſtens legte er von ſeiner Dienſteinnahme nichts bey, noch verwandt’ er es auf Pracht- hausgeraͤthſchaften. Auch hat der Staats- miniſter von Zedlitz dieſes Hausmittel nicht unbenutzt gelaſſen. Was mich in meinem Dienſtentſagungs- vorſatz ſehr beſtaͤrkte und ſeine Ausfuͤhrung beſchleunigte war fuͤnftens folgender Um- ſtand. Die Kammer, die fuͤr ihre und die Ju- ſtitzofficianten in dem kleinen und noch mit einer Dragonerſchwadron bequartierten Ma- rien werder nicht das allernothwendigſte Un- terkommen ſchaffen konnte, bat den Koͤnig, die Garnifon in eine andre nah gelegene Stadt zu verlegen, der eine militairiſche Bevoͤlkerung nicht laͤſtig, ſondern eher vor- theilhaft geweſen waͤre. Es erſchien darauf eine abſchlaͤgige Kabinetsordre, der der Koͤnig eine aͤußerſt harte, ungerechte und ehrbeleidi- gende Nachſchrift eigenhaͤndig beygefuͤgt hatte. Der Kammerdirektor ließ ſelbige ſofort unter den Raͤthen umlaufen, um den Tag darauf deſto reiflicher etwas beſchließen zu koͤnnen. Als das Votiren an mich kam, las ich dem Col-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/173>, abgerufen am 25.11.2024.